Seit nunmehr fast 50 Jahren halten sich hartnäckig Gerüchte über Tabakkonzerne, die nach einer Regulierung von Cannabis angeblich groß ins Geschäft einsteigen wollen. Sie hätten bereits in den 1960er und 1970er Jahren Markennamen für Cannabis-Zigaretten und neuerdings auch im World Wide Web zahlreiche Domains mit entsprechenden Namen reserviert. Doch obwohl es einige Indizien dafür gibt, dass die Tabakkonzerne im Falle der Legalisierung einem Markteinstieg nicht unbedingt feindlich gegenüber stünden, sitzen Marlboro, Camel&Co derzeit nicht auf fertigen Marken oder Strategien, die im Falle des Falle einfach nur auf den Markt geworfen werden müssen. Doch der Reihe nach:
Bereits 1969 erschien ein Artikel in der „Business-Week“, der den großen Tabakkonzernen damals unterstellte, bereits Markennamen für Cannabis registriert zu haben. Das war zwar nicht der Fall, weil das US-Patentrecht das aus verschiedenen Gründen gar nicht zulässt, wie sein damaliger Direktor Wendt dem „Rolling Stone“ einige Jahre später erklärt hatte. Doch ein Blick in jüngst geöffnete Archive offenbart, dass durchaus reges Interesse seitens der großen Firmen bestanden hatte. Im selben Jahr schrieb Philip Morris das Justizministerium an und bat um Gras für Forschungszwecke sowie um die Geheimhaltung ihres Anliegens. Das Interesse der Firmen endete dann aber mit der repressiven Reagan Ära. Erst in den 1990er Jahren gab es wieder kleinere Annäherungsversuche der Tabakindustrie an die verbotene Pflanze, die allerdings nie über den Status von internen Planspielen hinausgingen.
Derzeit behaupten die Regulierungsgegner, Tabakkonzerne wollten seit 50 Jahren schon ins “Big Canna-Business“ einsteigen und nutzen das Szenario der Cannabis-Großkonzerne als Argument gegen eine Regulierung. Der SAM (Smart Approaches on Marijuana)-Vorsitzende Patrick Kennedy behauptet in einem Artikel, alle großen Tabakkonzerne hätten bereits Domains für den Verkauf von Cannabis registriert. Das stimmt nicht. Lediglich Altria (früher Phillip Morris) besitzt AltriaMarijuana.com und AltriaCannabis.com, ohne jedoch selbst Initiator der Registrierung gewesen zu sein. Eine Privatperson aus Washington D.C. hatte die Domains registriert und musste sie nach einem Prozess an den Konzern abgeben- ein alltäglicher Vorgang beim Urheberrecht.
„Wir sind eine US-Tabakfirma. Wir möchten unsere erwachsenen Konsumenten mit den besten Tabakprodukten versorgen. Wir verkaufen kein Cannabis und werden das niemals tun,“ heißt es bei Altria. Nach den jüngsten Behauptungen von SAM haben beide Konzerne ihre offizielle Anti-Cannabis Haltung noch einmal untermauert.
Der größte Tabakkonzern und auch Mitbewerber wie Reynolds und BAT distanzieren sich also derzeit noch eindeutig von Cannabis. Auch Spenden an „Legalize-Kampagnen“, die in den USA aufgrund einer großen Hanflobby keinen anrüchigen Beigeschmack mehr haben, sind seitens der Tabakkonzerne bislang nicht bekannt. Die Firmen wollen sich offensichtlich eine mögliche Hintertür offen halten, indem sie, anders als kalifornische Bierbrauer, nicht eindeutig Stellung gegen die Regulierung beziehen. Aber sie arbeiten sicher auch nicht pro-aktiv am Einstieg ins Canna-Business.
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