Die Entscheidung des mexikanischen Obersten Gerichthofs im letzten Herbst, den vier Klägern das Recht auf Eigenanbau und Konsum auf der Grundlage einer Menschenrechtsargumentation zu erlauben, hat die Regierung in Mexiko unter Zugzwang gesetzt. Die beiden parlamentarischen Kammern sind in die Offensive gegangen und haben zu Beginn des Jahres fünf öffentliche Foren in unterschiedlichen Regionen Mexikos organisiert, die sich mit [den] verschiedenen Aspekten einer neuen Drogenpolitik befassen sollten. Vier davon wurden bereits abgehalten, beim letzten Forum in Mexiko City am 5. April sollen die Ergebnisse zusammengetragen werden und Reformvorschläge an die Regierung unterbreitet werden. Die daraus entwickelte Haltung soll dann auch bei der UNGASS Konferenz im April in New York offiziell vertreten werden.
Medizinisches Cannabis und weitere Entkriminalisierung
Es wurden seit Mitte Januar vier Foren abgehalten, die sich mit Cannabis als Medizin und unterschiedlichen Regulierungsmodellen, den Menschenrechtsaspekten, den ökonomischen Aspekten und als viertes mit den Sicherheitsaspekten befasst haben. Nach Medienberichten aus der mexikanischen Presse ist der Konsens der bisher abgehaltenen Diskussionen, dass nicht geplant ist, Cannabis komplett zu legalisieren. Es wird aber diskutiert, medizinisches Cannabis nach kolumbianischen Vorbild zu erlauben und Cannabiskonsumenten allgemein zu entkriminalisieren. Der Fokus der Drogenpolitik soll vom Strafrecht zur Gesundheitspolitik gewendet werden, Konsumenten nicht mehr als Kriminelle, sondern als Süchtige behandelt werden. Die geringe Menge, bei der keine Strafen fällig sind, soll von 5 Gramm auf 28 Gramm erhöht werden. Da laut aktuellen Umfragen eine deutliche Mehrheit immernoch gegen die Legalisierung ist, gibt es wenige Stimmen, die sich für diese Möglichkeit stark machen. Allerdings könnten diese öffentliche[n] Foren zu einer Änderung der öffentlichen Meinung beitragen, da viele Menschen bisher kaum informiert sind.
Opiumanbau für den medizinischen Gebrauch regulieren?
Ein Großteil der Debatte in Mexiko konzentriert sich auf Sicherheitsfragen. Der Krieg gegen die Drogen hat in Mexiko bereits 125.000 Tote, 26.000 Vermisste und 280.000 Vertriebene gefordert. Im Zuge der Debatten über Cannabis gab es deshalb auch Stimmen, die in eine andere Richtung weiter dachten. Nachdem die mexikanischen Kartelle, durch die Legalisierung in vier US-Bundesstaaten, Verluste im Marihuana-Geschäft hinnehmen mussten, haben sie sich teilweise auf den Anbau von Schlafmohn zur Heroingewinnung konzentriert. Aus der Regierung des Bundeslands Guerrero im Süden des Landes, in dem die Gewaltspirale besonders eskaliert ist, kommt der Vorschlag, die Produktion von Schlafmohn zu legalisieren und für den internationalen Medikamentenbedarf zu bearbeiten und so dem organisierten Verbrechen weitere Finanquellen zu entziehen, indem man den Bauern legale Möglichkeiten des Anbaus bietet. Auch dieses solle die Regierung Mitte April bei der UNGASS vertreten.
Man darf gespannt sein, was nach dem letzten öffentlichen Forum am 5. April an Ergebnissen präsentiert wird, welche konkreten Vorschläge der Regierung unterbreitet werden und was diese dann letztendlich in Gesetze gießt. Bisher scheint es aber so, dass man es in Mexiko nicht wagen wird, Kanada zu folgen und Cannabis komplett zu legalisieren. Wenn Cannabis als Medizin flächendeckend zur Verfügung steht und die Konsumenten weiter entkriminalisiert werden, ist das für Mexiko zwar ein großer Schritt, aber nicht der mutige große Wurf, den manche nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erwartet hätten.
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