In einer Antwort des Presse- und Informationsdiensts der Bundesregierung im Auftrag von Angela Merkel sowie in einem Interview der Apotheken-Umschau mit Marlene Mortler wird übereinstimmend auf die jüngste Infratest-Dimap Umfrage des DHV hingewiesen, laut der sich die Mehrheit der Deutschen immer noch gegen eine vollständige Legalisierung und Regulierung des Handels mit Cannabis ausspricht.
Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler äußert sich in dem leider nur als Print-Version verfügbaren Interview zur Frage eines Werbeverbots für Alkohol und zu einer möglichen Cannabislegalisierung:
Apotheken Umschau: Würden ein generelles Werbeverbot und ein einheitlich hoher Steuersatz auf alkoholische Getränke den Problemen nicht besser vorbeugen?
Marlene Mortler: Glauben Sie ihr Kind sagt, wenn Sie ihm alles verbieten: “Ja Mama, du hast recht.”? Unser Land will und kann kein Verbotsstaat sein. Kinder und Jugendliche müssen überzeugt werden – durch Aufklärung und Vorbilder
Apotheken Umschau: Cannabis ist aber verboten, und da glaubt man an den Erfolg
Marlene Mortler: Cannabis ist eine illegale Droge
Dazu braucht man eigentlich nichts mehr zu sagen. Unser Land will und kann also kein Verbotsstaat sein, aber schikaniert und inhaftiert Menschen, die Cannabis konsumieren, besitzen oder anbauen.
Später im Interview erwähnt sie dann unsere repräsentative Umfrage, die wir Ende 2014 in Auftrag gegeben hatten:
Selbst in einer aktuellen Umfrage, die von den Legalisierungsbefürwortern in Auftrag gegeben wurde, sprachen sich über zwei Drittel der Befragten gegen eine Freigabe von Cannabis an Erwachsene aus.
Damit hat sie natürlich grundsätzlich Recht. Tatsächlich ist immer noch eine Mehrheit der Bevölkerung gegen eine vollständige Legalisierung und Regulierung von Cannabis. Aber immerhin haben sich 30% für Fachgeschäfte wie in Colorado ausgesprochen und in manchen Bezirken gibt es offenbar Mehrheiten dafür. Gerade wenn die Regierung basisdemokratische Tendenzen ernst nimmt, sollte sie den Berliner, Frankfurter und Kölner Stadtteilen, die laut den kommunalen Parlamentsbeschlüssen Coffeeshop-Modellprojekte durchführen wollen, eine Genehmigung erteilen. Nur so können die Auswirkungen legaler Verkaufsstrukturen in überschaubarem Rahmen wissenschaftlich untersucht werden. Für eine vollständige Legalisierung von Cannabis brauchen wir aber tatsächlich noch mehr gesellschaftlichen Rückhalt. Ein Grund mehr für Hanffreunde und Legalisierungsbefürworter, sich in Diskussionen einzumischen und auf vielfältigen Wegen für eine andere Cannabispolitik zu werben.
In jedem Fall ist es äußerst interessant, dass unsere Zahlen auch auf höchster Ebene diskutiert werden. Dabei muss auch ein anderes Ergebnis der Studie aufgefallen sein, welches zwar weder von Mortler noch von Merkel explizit erwähnt wurde, aber dennoch scheinbar ihre Aussagen beeinflusst: Über 80% der Deutschen fordern laut unserer Umfrage einen leichteren Zugang zu Cannabis als Medizin, auch bei CDU/CSU-Anhängern sind es immer noch 76%. Dies scheint also auch der Regierung bekannt zu sein, die daher händeringend versucht, den politischen Druck von Patienten und Bevölkerung durch ständige Beschwichtigungen und Versprechen zu reduzieren, während hinter den Kulissen der kostengünstige Eigenanbau politisch und juristisch immer weiter blockiert wird. Dazu passt auch dieser Satz von Angela Merkels Schreiberteam:
Es ist auf der anderen Seite wichtig, dass wir für schwerstkranke Patientinnen und Patienten die bestehenden Möglichkeiten des Einsatzes von Cannabis als Medizin ausweiten und verbessern. In Deutschland ist die Behandlung mit Cannabis auf medizinischer Basis bereits unter besonderen Voraussetzungen erlaubt. Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet derzeit an einer Regelung, die den Interessen der Patientinnen und Patienten Rechnung tragen soll.
Wir sind gespannt, was das für eine Regelung sein soll. Nachdem das Bundesgesundheitsministerium sich jahrelang bemüht hat, zunächst den Einsatz von Cannabis als Medizin an sich und dann den kostengünstigen Eigenanbau für jene, die eine Genehmigung haben, zu unterbinden, kann wohl nicht mit einer patientenfreundlichen Gesetzesinitiative von Seiten der CDU gerechnet werden. Es wird noch viel Druck von unten nötig sein, um an diesem Punkt reale Verbesserungen zu erzielen.
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