Genau wie in vielen anderen Städten geht die Polizei in Mainz seit Anfang des Jahres immer wieder gegen CBD-Blütenhändler vor. Doch damit nicht genug. Mittlerweile sehen sich auch Händler und Kunden von CBD haltigen-Ölen repressiven Maßnahmen ausgesetzt. Derzeit wird gegen Kunden eines Mainzer Geschäftes ermittelt, die dort CBD-Öl gekauft hatten. Dem Geschäftsführer und seinen Kunden wird vorgeworfen, sie hätten mit dem Verkauf bzw. Kauf des CBD-Öls gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.
Im Rahmen einer Durchsuchung von Geschäfts- und Privaträumen des Inhabers im Februar hatte die Mainzer Polizei dann noch medizinisches Cannabis beschlagnahmt, für das sowohl ein Rezept als auch Quittungen aus der Apotheke vorlagen. Die Medizinalhanfblüten mussten die Beamten dem Geschäftsinhaber nach sechs Tagen zurückbringen, das CBD-Öl befindet sich weiterhin in der Asservatenkammer. Die Rückgabe des medizinischen Cannabis erfolgte dann umverpackt. Die Beamten hatten die Arznei nicht ordnungsgemäß in der sterilen Apotheken-Dose zurückgegeben, sondern die Medizin in szenetypische Zipperbeutel umverpackt.
Darf Rossmann das?
Zeitgleich werden nicht einmal 500 Meter weiter bei der Drogeriekette Rossmann fast identische CBD-Produkte verkauft, deren Inhalt sich in keinster Weise von den beschlagnahmten Ölen des Mainzer Einzelhändlers unterscheidet. Zwar ist die Verkehrsfähigkeit von CBD-Ölen aufgrund der Novel-Food Verordnung umstritten, doch Ermittlungen wegen eines BTM-Verstoßes gegen CBD-Öl Kunden sind ein Novum. Grund genug, bei der zuständigen Pressestelle einmal nachzuhaken:
Sehr geehrte/r Frau/Herr XXXXX,
mein Name ist Michael Knodt,, […]
Ich recherchiere aktuell zum Thema CBD-Produkte. […]. Bitte erlauben Sie mir zuvor eine kurze Beschreibung meines aktuellen Recherchestandes:
– Die Polizei Mainz hat seit Anfang des Jahres bei verschiedenen Laden- und Wohnungsdurchsuchungen mehrmals so genannte CBD-Produkte beschlagnahmt, unter anderen auch weiterverarbeitete CBD-Kosmetika wie z.B. CBD- Öle. Grund sei in allen Fällen ein Verstoß gegen §29a BtmG.
– Gegen Kunden, die solche CBD-Öle erworben haben, wird ebenfalls wg. eines Verstoßes gegen o.a. Paragrafen ermittelt.
– die Firma Rossmann vertreibt CBD-Öle in ganz Deutschland, auch in den Filialen in Rheinland-Pfalz bzw. Mainz, und bewirbt diese recht offensiv unter https://www.rossmann.de/de/gesundheit/ratgeber/cbd
– Im Rahmen einer solchen Durchsuchung hat die Polizei Mainz einem Cannabispatienten im Mai 2020* medizinisches Cannabis aus der Apotheke abgenommen, um es ihm sechs Tage später zurückzugeben.
Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ich mich bei meiner Fragestellung ausschließlich auf weiterverarbeitete CBD-Kosmetikprodukte beziehe. Mir ist aufgrund meiner Recherche bewusst, dass so genannte “CBD-Hanfblüten” in Deutschland unter das BtMG fallen und deren Verkauf sowie Besitz strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Sofern meine Rechercheergebnisse zutreffend sind, wäre ich Ihnen ob der Beantwortung der sich daraus für mich ergebenden Fragen (s.u.) dankbar.
Sollte ich im Rahmen meiner Recherche etwas falsch verstanden haben*, wäre ich Ihnen ebenso ob einer Richtigstellung meiner bisherigen Ergebnisse dankbar.
Ich berücksichtige bei meinen Fragen natürlich auch, dass zu laufenden Ermittlungen keine Angaben gemacht werden können.– Gibt es einen Unterschied zwischen den CBD-Ölen der Firma Rossmann und anderen, bislang beschlagnahmten CBD-Ölen?
– Müssen CBD-Öl Kunden der Firma Rossmann mit Ermittlungen gegen ihre Person rechnen?
– Betrachten die Ermittlungsbehörden in Mainz solche Öle im juristischen Sinne als “extrahierfähiges Material”?
– Welche Kriterien gelten bei der Polizei Mainz im Umgang mit Cannabis-Patienten und deren Medizin im Rahmen einer Kontrolle?
– Welche Kriterien lassen eine Beschlagnahmung von Medizinalblüten aus der Apotheke zu?
– Gibt es eine Anweisung zum Umgang mit den beschlagnahmten, medizinischen Blüten wie zB. Hygienemaßnahmen?
– Werden diese vor der Rückgabe an Patienten umverpackt?
Ich bedanke mich vorab recht herzlich für die Bearbeitung meines Anliegens und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
M.Knodt
Die Pressestelle der Polizei hat diese Anfrage dann an die leitende Oberstaatsanwältin Keller weiter geleitet. Die Oberstaatsanwältin verweist in ihrer Antwort nach neun Tagen und zahlreichen telefonischen Nachfragen lediglich auf zwei alte Pressemitteilungen der Polizei Mainz vom 12.02. und 29.05. und verweigert mit Hinweis auf laufende Ermittlungen die Beantwortung der Fragen zu CBD-Produkten. Fragen zu laufenden Ermittlungen wurden jedoch, wie oben ersichtlich, im Rahmen der Anfrage ausdrücklich vermieden. Eine zusätzliche Frage zur Beschlagnahmung des medizinischen Cannabis im Rahmen einer Durchsuchung konnte ebenso nicht beantwortet werden, da aufgrund der Schilderung in der Anfrage* keine genaue Zuordnung möglich sei.
Verletzung des Gleichheitssatzes?
Das Ganze wirft Fragen auf: Weder Polizei noch Oberstaatsanwaltschaft sind in der Lage, Kriterien zur Beschlagnahmung eines legalen Medikaments zu benennen? Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft äußern sich zum rechtlichen Status der CBD-Produkte von Rossmann, ohne sich hier auf ein laufendes Verfahren berufen zu können. Eine leitende Oberstaatsanwältin kann einen aktenkundigen Vorfall, bei dem der von Ihr in einem anderen Verfahren des Drogenhandels beschuldigte Ladenbesitzer offensichtlich Opfer einer unrechtmäßigen Beschlagnahmung war, nicht finden? Anscheinend versuchen die Ermittlungsbehörden in Mainz gerade, einen Rundumschlag wie in Freiburg gegen die Hanfbranche zu initiieren, während andere, szenefremde Anbieter inhaltsgleicher Produkte wenig zu befürchten haben. Transparenz wird dabei als störend empfunden und Kollateralschäden wie Patienten, denen ohne Rechtsgrundlage die Medizin entzogen wird, werden dabei unkommentiert in Kauf genommen.
* Im Laufe der weiteren Recherche kam ohne Hilfe der Staatsanwaltschaft heraus, dass die Beschlagnahmung des medizinischen Cannabis bereits im Februar erfolgt war. Deren Schilderung beruht auf den Angaben des Inhabers, sowie Fotos und Beschlagnahmeprotokollen, die dem DHV mittlerweile als Kopie vorliegen.
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