Seit Januar 2014 haben wir wiederholt über Engpässe bei der Lieferung von Bedrocan-Cannabis an deutsche Apotheken berichtet. Nachdem es von November bis Mitte Januar wieder kurzfristig Nachschubprobleme gegeben hatte, scheint die Versorgung auch aktuell wieder einmal nicht gesichert. In einem Fax an alle betroffenen Apotheken teilte die Firma Fagron am 30.1.2015 mit, dass Bedrocan-Cannabis wieder nicht lieferbar sei. Das Unternehmen Bedrocan ist eigentlich auch nur für den Bedarf niederländischer Patienten eingerichtet. Seit 2013 werden neben den deutschen auch Patienten aus Tschechien mitversorgt. Da es jetzt schon zum wiederholten Male Lieferengpässe gegeben hat, scheinen die Kapazitäten für die ständig wachsende Zahl deutscher Cannabispatienten nicht mehr auszureichen. Selbst wenn die Bundesregierung die Kostenübernahme wie angekündigt im Sinne der Patienten regeln sollte, scheint nicht ausreichend Medizin vorhanden zu sein. Die Aufgabe von Bedrocan ist auch lediglich die Versorgung niederländischer Patienten, in den Export kann nur gehen, was übrig ist. Bedrocan selbst sowie zahlreiche Patienten haben darauf auch schon mehrfach hingewiesen, ohne bei den Verantwortlichen in Deutschland Gehör zu finden. Auf lange Sicht hilft da nur eine Cannabisagentur wie in den Niederlanden, Kanada oder Colorado, die einen Regelkatalog für den Anbau von medizinischem Cannabis für Deutschland erstellt. Ansonsten kommen immer mehr Kranke auf die Idee, Cannabis illegal selbst anzubauen.
So wie Cem Özdemir. Herr Özdemir ist zwar weder krank noch war die von ihm präsentierte Pflanze zu medizinischen Zwecken, dafür aber aus rechtlicher Sicht umso interessanter: Das Verfahren wurde nicht aufgrund §31a, also dem Besitz einer geringen Menge, eingestellt, sondern nach §153 StPo. Die besagt, dass die Ermittlungen bei geringfügigen Straftaten eingestellt werden können, wenn kein Öffentliches Interesse vorliegt. Somit hat der Bundestagsabgeordnete nun schwarz auf weiß, dass die Berliner Staatsanwalt den Besitz einer blühenden Hanfpflanze nicht mehr als verfolgenswert ansieht. In diesem Fall spielt der THC-Gehalt auch keine Rolle: „Anders als bei einer Einstellung nach § 31a BtMG kommt es bei einer Einstellung nach § 153 StPO nicht so sehr auf den Wirkstoffgehalt an. Jedenfalls war es keine bedeutende THC-Menge,” so ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft. Ob das auch heißt, dass eine Hanfpflanze am Fensterbrett oder auf dem Balkon in Berlin keinen Grund für repressive Maßnahmen wie eine Hausdurchsuchung mehr darstellt, wird das kommende Jahr zeigen. Eine Hausdurchsuchung wegen Gefahr im Verzug, die sich auf eine Hanfpflanze auf dem Balkon begründet, ist jetzt gegenüber den Betroffenen kaum noch zu rechtfertigen. Schließlich war die Özdemir’sche Hanfpflanze in voller Blüte und mit einer geschätzten Höhe von 1 Meter auch schon so stattlich, dass es mit der geringen Menge wohl knapp geworden wäre.
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