Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat die Beschwerde eines Waffenbesitzers und Jägers gegen einen Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts München vom 22. Juni 2017 zurückgewiesen. In dem Eilverfahren wandte sich der Antragsteller gegen den vom Landratsamt Miesbach verfügten Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und die Einziehung seines Jagdscheins aufgrund seines medizinisch indizierten Cannabis-Dauerkonsums. Nach Auffassung des BayVGH muss ein Waffenbesitzer nach den Bestimmungen des Waffengesetzes die Gewähr dafür bieten, dass er persönlich geeignet ist, mit Waffen oder Munition – jederzeit und in jeder Hinsicht – vorsichtig und sachgemäß umzugehen. Das sei bei täglich mehrfacher Inhalation von Cannabisblüten, selbst zu medizinischen Zwecken wie im Fall des Antragstellers, nicht sichergestellt. Seine Entscheidung stützt der BayVGH im Wesentlichen auf ein allgemeines, fachpsychologisches Gutachten, wonach bei regelmäßigem Konsum von Cannabis eine stets verlässliche Verhaltenskontrolle beim Umgang mit Waffen und Munition unter strengen Sicherheitsaspekten nicht gewährleistet sei. Somit sind die Rechtsmittel im Eilverfahren ausgeschöpft und der Kläger wird wenigstens bis zur Hauptverhandlung keine Jagdwaffe besitzen dürfen.
MPU ist ohnehin Voraussetzung
In Deutschland ist das Waffenrecht grundsätzlich sehr streng geregelt. Die Erteilung von Waffenscheinen an Privatpersonen ist sehr selten, Waffenscheine erhalten in der behördlichen Praxis nahezu ausschließlich Werttransportunternehmer und Bewachungsunternehmer. Für Jäger und Sportschützen gibt es eine so genannte Waffenbesitzkarte. Großkalibrige Waffen gibt es erst ab 21 und nach Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die Karte berechtigt den Besitzer, sie während der Fahrt zum und vom nahe gelegenen Revier oder dem Sportschützenverein nicht schussbereit mitzuführen. Jäger und Sportschützen dürfen den Abzug also nur zur direkten Ausübung ihrer Passion betätigen, die Waffe aber auf keinen Fall zum Selbstschutz geladen mit sich führen.
Der Fall Peter Jakobs
Peter Jakobs aus dem rheinland-pfälzischen Salmtal raucht jeden Tag vier Joints gegen die Symptome seines Morbus Bechterev. Im vergangenen Jahr hatte der 52-Jährige die Jägerprüfung erfolgreich abgelegt, der begehrte Jagdschein wurde ihm anschließend jedoch vorenthalten. In der Begründung hieß es, der Antragsteller sei nach Einnahme des Medikaments berauscht und deshalb nicht zum Tragen einer Waffe geeignet. So wandte sich der Betroffene an den renommierten Psychotherapeuten Richard Tank und ließ sich begutachten. Der Trierer Psychologe bestätigte, dass Peter Jakobs im Sinne des Waffengesetzes die Eignung und Zuverlässigkeit, mit Waffen umzugehen, besitze. „Es liegen keine Leistungsdefizite vor,“ so Tanks Fazit. Auch die Tatsache, dass Jakobs trotz der Medikamente Auto fahren darf sei ein zusätzliches Indiz für die Tauglichkeit und Zuverlässigkeit des 52-jährigen. Zudem ist es in der Cannabinoid-Medizin bekannt, dass der High-Effekt nach einer ungefähr sechswöchigen Einschleichphase auch bei hohen Dosierungen nicht mehr oder nur sehr schwach auftritt. Ansonsten wären Patienten, die Cannabis gegen chronische Krankheiten einnehmen, gar nicht in der Lage, Arbeit und Alltag zu bewältigen.
Auch das sehen die bayrischen Verwaltungsrichter im aktuellen Fall anders: Ergänzend führt der BayVGH in seiner Entscheidung aus, dass Feststellungen zur Frage der Fahreignung nicht unbesehen auf die waffen- und jagdrechtliche Eignung übertragbar seien, da beim Waffengesetz die sicherheitsrechtlichen Interessen wesentlich stärker als beim Fahrerlaubnisrecht im Vordergrund stünden.
Zu high zum Jagen?
Die für Jakobs zuständige Kreisbehörde verweigerte gegenüber der Lokalpresse eine Stellungnahme und verwies bis zum Prozess auf die Gesetzeslage. In der Tat verbietet das Bundesjagdgesetz die Erteilung eines Jagdscheins bereits, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Anwärter nicht körperlich geeignet ist“. Das gilt grundsätzlich für Konsumenten illegaler Drogen. Jagdscheininhaber oder Sportschützen, die wegen Cannabiskonsum,- besitz oder- anbau angezeigt werden, verlieren grundsätzlich auch die Waffenbesitzkarte. Das Sport- und Jagdwaffenverbot gilt jedoch nicht für Menschen, die Betäubungsmittel ärztlich verordnet bekommen. Im aktuellen Fall und auch bei Peter Jakobs ging es viel mehr darum, ob er nach der Einnahme seine Medikaments überhaupt berauscht ist. Der Belastbarkeits-, Wahrnehmungs- und Konzentrationstest, den Jakobs direkt nach Einnahme des Cannabis-Medikaments durchgeführt hatte, bescheinigt Jakobs jedoch „keine Ausfallerscheinungen“, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt. Jakobs nannte das Ignorieren des Gutachtes „unverschämt“ und warf dem Kreis vor, ihn „wie einen Drogenabhängigen“ zu behandeln. Auch Jakobs versucht jetzt, seinen Lizenz auf dem Rechtswege zu erlangen.
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