Heute stellte der Cannabinoid-Forscher Ethan Russo auf dem 9. IACM-Cannabinoid-Kongress in Köln die mittlerweile dritte Studie vor, die die Einteilung von Cannabis in “Sativa”- und “Indica”-Sorten als wissenschaftlich nicht nachvollziehbar erklärt. Ethan Russo ist nicht der Erste, der an der einst vom Schwarzmarkt übernommenen Einteilung zweifelt. Der Erste, der die Einteilung öffentlich in Frage gestellt hatte, war Jeffrey Raber, seines Zeichens Inhaber eines Testlabors für medizinisches Cannabis in Kalifornien.
Raber war bereits 2013 an die Öffentlichkeit gegangen, nachdem er über 1000 verschiedene Proben gesammelt und getestet hatte. Sein Labor testete Cannabis im Auftrag kalifornischer Hanfapotheken auf Pestizidbelastung, THC- und CBD-Gehalt sowie den Anteil anderer Cannabinoide und Terpene. Seine Firma untersuchte jede Probe auf insgesamt 42 Substanzen. Raber behauptete nach Auswertung von über 1000 Sortenproben, dass es keine wissenschaftliche Grundlage für die von den Abgabestellen angegebenen unterschiedlichen Effekte ihrer Hanf-Blüten gäbe. Ein in „OG Kush“ aus Hanfapotheke „X“ unterscheide sich grundlegend von einem “OG Kush” aus Dispensary „Y”. „Die meisten Menschen haben keine Ahnung. Wir haben eine weit verbreitete Gras-Sorte (für unsere Testkäufe) ausgesucht und bemerkt, dass sie nicht mal annähernd gleich aussehen. OG wie auch immer, Kush wie auch immer und das damit verbundene Marketing haben keinen wirklich medizinischen Anspruch“, so Raber bei der Vorstellung seiner Auswertung vor vier Jahren. Auch habe er in seinen Testreihen keine Anhaltspunkte für unterschiedliche Effekte eines “Sativa”- oder eines “Indica”-Strains gefunden.
Rabers Testreihe wurde dann 2015 erstmals in einer wissenschaftlichen Studie bestätigt. Forscher der University of British Columbia und der Dalhousie University waren auf der Suche nach den Ursprüngen verschiedener Nutzhanf-Sorten sowie einiger hoch potenter Cannabis-Sorten. Beim Vergleich von 83 hoch potenten Züchtungen von lizensierten kanadischen Züchtern konnten die Forscher kein einheitliches Muster entdecken. Den Forschungsergebnissen zufolge war ein „Jamaican Lambs Bread” mit angeblich 100 Prozent “Sativa”-Genen mit einer reinen “Indica” aus Afghanistan genetisch fast identisch. „Cannabis-Züchter geben bei der Herkunft ihrer Strains oft den prozentualen Anteil von “Indica” oder “Sativa” an, was nicht besonders präzise ist“, erklärt Jonathan Page, der Verfasser der Studie aus dem Jahr 2015. „Derzeit kann man die Herkunft einer Sorte weder am Namen noch am angegebenen Stammbaum bestimmen. Langfristig brauchen wir ein praktisches, genaues und zuverlässigeres Klassifizierungssystem“, so Page weiter.
Die Studie, die Ethan Russo heute auf dem 9. IACM-Cannabinoid-Kongress in Köln vorstellte, bestätigt im Prinzip die Ergebnisse Rabers und der 2015er-Studie. In einer neuen Studie der Dalhousie University in Zusammenarbeit mit Bedrocan wurden 149 niederländische Cannabisproben analysiert. Die Forscher konnten keine genetischen Unterschiede zwischen “Indica”- und “Sativa” -Proben, die für Klassifizierung notwendig wären, finden. Allerdings könne man anhand des in der Studie erstellten Terpenprofils Rückschlüsse auf die Herkunft einzelner Sorten ziehen. “Es ist wahrscheinlich, dass Sorten durch ihre verschiedenen Aromen klassifiziert werden, und nicht anhand ihrer genetischen Herkunft”, hieß es in der heute veröffentlichten Pressemitteilung zur Studie.
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