Nachdem der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamten (BDK), André Schulz, am Montag in einem Interview mit der Bild-Zeitung eine radikale Liberalisierung der Cannabispolitik gefordert hatte, reagierten die deutschsprachige Medienlandschaft postwendend.
Besonders bemerkenswert ist die häufig zitierte dpa-Meldung, in welcher der DHV und seine Positionen wieder von Deutschland größter Nachrichtenagentur zitiert wurden. Auch viele renommierte Zeitungen stimmten Schulz auf ihrer Kommentarseite uneingeschränkt zu. So titelte die Süddeutsche Zeitung, dass für Cannabis und Alkohol ähnliche Gesetze gelten sollten. Der Tagesspiegel verweist auf das wirtschaftliche Potential eines regulierten Cannabismarkts: “Bis 2021 rechnet man dort mit 400.000 Arbeitsplätzen in der Cannabisbranche. Nachdem die bisher praktizierte Verbotspolitik weltweit grandios gescheitert ist, spricht auch in Deutschland wenig dafür, an ihr festzuhalten”, während nordbayern.de (Nürnberger Nachrichten u.a.) auf den fehlenden Jugendschutz eines Schwarzmarkts verweist.
Andere Vertreter aus Medien und Politik kritisierten Schulz’ Statement hingegen vehement. Die Welt erklärte in einem Video, dass der Cannabiskonsum unter Colorados Jugendlichen seit der Legalisierung um 30 Prozent gestiegen sei. Eine Quelle für die Zahlen bleibt die Redaktion schuldig, wobei die auch schwer zu finden wäre. Denn solche Zahlen, die seit einer Weile immer wieder von deutschen Fachleuten zitiert werden, sind frei erfunden, was vom DHV bereits vor Monaten aufgedeckt wurde.
Auch Marlene Mortler meldete sich zu Wort und widersprach in der Rhein-Neckar Zeitung: “Pauschale Legalisierungs-Debatten, wie sie von der Hanflobby und einigen politischen Akteuren angestoßen werden, helfen dabei jedenfalls nicht weiter. Ich frage mich da manchmal, ob wir keine anderen Sorgen haben.” Das ist angesichts ihrer Weigerung, sich Legalisierungsbefürwortern im Rahmen einer öffentlichen Diskussion zu stellen, eine durchaus konsequente Haltung. Im Münchner Merkur erklärte die bayrische Gesundheitsministerin Huml, dass sie bereits die Entkriminalisierung von Cannabis für gefährlich halte, legales Gras komme für die CSU schon gar nicht in die Tüte.
Ärzte vs. Ärztekammer
Auch die Deutsche Ärztekammer warnte in der Neuen Osnabrücker Zeitung vor einem regulierten Markt für Cannabis und führte den potentiellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen als Hauptgefahr an. Auf der anderen Seite ergab eine Blitzumfrage des Ärzteportals aend.de unter über 500 niedergelassenen Ärzten, dass 52 Prozent der teilnehmenden Mediziner für die Legalisierung von Cannabis unter strengen Jugendschutzauflagen sind. 37 Prozent wollen Cannabis nur für medizinische Zwecke freigeben und 11 Prozent der befragten Ärzte halten gar ein Komplettverbot für angebracht.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter vertritt 15.000 Kriminalbeamte und ist eine von insgesamt vier Polizeigewerkschaften in Deutschland. Der BDK ist traditionell die Gewerkschaft mit den liberalsten Positionen und Auffassungen. Zwei der drei anderen Verbände, die Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB (DPolG) und die DPolG Bundespolizeigewerkschaft (Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB – Bundespolizeigewerkschaft), haben sich bis dato noch nicht positiv gegenüber einem Ende des Cannabisverbots positioniert, während sich der Vorsitzende der GdP (Gewerkschaft der Polizei), Oliver Malchow, auf welt.de postwendend von den Vorschlägen der Kripokollegen distanzierte. “Ja natürlich würde es (legales Cannabis) die Polizei deutlich entlasten. Was glauben Sie, wie wenig wir zu tun hätten, wenn wir den Diebstahl nicht mehr verfolgen würden.”
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