Meldung des DHV vom 28. 6. 2004
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat im April 2004 erneut einen Patienten freigesprochen, der zur Linderung seiner Beschwerden Cannabis in größeren Mengen angebaut und besessen hatte. Der Betroffene geht erst jetzt mit dem Urteil an die Öffentlichkeit, da die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat.
Das ist der dritte derartige Fall, der bundesweit bekannt wird. Im Juli 2003 wurde beim Amtsgericht Mannheim ein Patient mit Multipler Sklerose freigesprochen. Gegen dieses Urteil legte die Anklage Revision ein. Der zweite bisher bekannte Fall stammt ebenfalls vom Amtsgericht Tiergarten. Es erlaubte im November 2003 einem Morbus-Crohn-Patienten den Anbau einiger Cannabispflanzen. Dieses Urteil ist rechtskräftig.
Mit dem nun bekannt gewordenen Urteil zeichnet sich ein Trend in der Rechtsprechung zugunsten von Cannabis als Medizin ab. Das allein gibt dem Urteil schon erhebliche Bedeutung. Dazu kommt, dass nun zum ersten Mal ein vielfältiges Krankheitsbild mit Cannabis behandelt werden darf. Der Betroffene nutzt Cannabis gegen Schmerzen,
Erbrechen, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen und Depressionen. Es gebe in dem konkreten Fall keine brauchbare Alternative zu Hanf. Auch das macht das Urteil zu einem Meilenstein.
Das Gericht gestand dem Angeklagten einen rechtfertigenden Notstand zu, so dass die Tat nicht rechtswidrig sei. Das Betäubungsmittelgesetz habe den Zweck, die Volksgesundheit zu schützen. Diese sei im vorliegenden Fall aber nicht gefährdet.
Derzeit gibt es in Deutschland keine legale Möglichkeit, als Patient natürliches Cannabis zu medizinischen Zwecken zu nutzen. Dafür notwendige Genehmigungen werden regelmäßig abgelehnt. Lediglich Medikamente mit dem Hanfwirkstoff THC sind erhältlich. Sie sind aber sehr teuer und werden von den Krankenkassen meist nicht übernommen. So bleibt vielen Betroffenen lediglich die Möglichkeit, vor Gericht zu ziehen.
Das Amtsgericht Tiergarten weist in seinem Urteil eindringlich darauf hin, dass es diesen derzeitigen Umgang mit Cannabis als Medizin für verfassungswidrig hält!
Dazu erklärt Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanf Verbandes:
“Dieses Urteil macht einmal mehr deutlich, dass in Deutschland auch beim Hanf Reformstau herrscht. Wieder einmal lehnt sich die Politik zurück und überlässt wichtige Entscheidungen der Justiz, obwohl Rot/Grün immer wieder Verbesserungen bei Cannabis als Medizin angekündigt hat. Wenigstens in diesem Bereich sollte die Politik handeln, bevor es das Bundesverfassungsgericht tut. Es ist unmenschlich, tausenden schwerkranken Menschen ihre Medizin zu verweigern oder sie mit Strafverfolgung zu bedrohen.”
Für konkrete Nachfragen zum aktuellen Urteil steht der Rechtsanwalt des Betroffenen zur Verfügung:
RA Lüko Becker
Tel: 030-61403101
Allgemeine Informationen zu Cannabis als Medizin gibt es bei der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, IACM:
www.cannabis-med.org
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