Das Europäische Parlament in Straßburg hat gestern eine Resolution zum Einsatz von Cannabis in der Medizin verabschiedet, in der sich die Abgeordneten mehrheitlich dafür aussprechen, “Arzneimitteln auf Cannabis-Basis und anderen Anwendungen von Cannabis zu unterscheiden”. In der Resolution fordern sie die Mitgliedsstaaten auf, “es dem professionellen Ermessen der Ärzte zu überlassen, Patienten mit entsprechenden Krankheiten offiziell zugelassene Arzneimittel auf Cannabis-Basis zu verschreiben.” Ferner sollen es die Mitgliedsstaaten durch entsprechende Verordnungen erleichtern, zukünftig intensiver an der Entwicklung solcher Medikamente zu forschen.
Kaum neue Ansätze
Was auf den ersten Blick klingt, als wolle das EU-Parlament medizinisches Cannabis europaweit zulassen, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Mogelpackung. Denn die Empfehlung bezieht sich nur auf zugelassene Fertigpräparate, deren Nutzen in klinischen Studien nachgewiesen wurde. Somit wäre das einzige Arzneimittel, welches diesen Kriterien entspräche, das in der ganzen EU ohnehin zugelassene Sativex. Blüten und selbst Dronabinol sowie medizinische Extrakte wie THC25, die es in deutschen Apotheken gibt, fielen eindeutig nicht darunter. Ein Antrag der Fraktion der Grünen mit Unterstützung von Linken und Sozialdemokraten, der Cannabis-Blüten und Rezeptursubstanzen wie Dronabinol oder THC25 mit einbeziehen wollte, erhielt nicht die notwendige Mehrheit. Der DHV hatte diesen Änderungsantrag mit einer E-Mail an die EU-Parlamentarier unterstützt.
Das einzig Neue an dem Beschluss ist die Forderung, dass die Krankenkassen die Kosten für cannabisbasierte Fertigpräparate übernehmen sollen, anders als es derzeit oft der Fall ist. Neu ist auch, dass das Parlament fordert, die Wirksamkeit von Fertigpräparaten bei mehr als der bislang einen zugelassenen Indikation zu prüfen. Denn das einzige Präparat, was den Kriterien des EU-Parlaments entspräche, ist Sativex. Das ist bislang nur bei der Behandlung von MS zugelassen. Die Forderungen aus Straßburg, jetzt auch die Wirksamkeit bei HIV/Aids, den Symptomen von psychischen Störungen wie Psychosen, des Tourette-Syndroms und von Epilepsie, Alzheimer, Arthritis, Asthma, Krebs, Morbus Crohn und Grünem Star zu erforschen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Cannabisblüten nicht als Medizin anerkannt werden sollen, obwohl die Kosten der Fertigpräparate das Vier- bis Zwanzigfache von pflanzlichem Cannabis betragen.
In der Erklärung heißt es ferner:
“Das Parlament betont, dass sich eine Regulierung für Arzneimittel auf Cannabis-Basis in zusätzlichen Ressourcen für die Gebietskörperschaften niederschlagen würden und sich mit ihr der Schwarzmarkt eindämmen und die Qualität und eine korrekte Kennzeichnung sicherstellen ließe. Zudem würde sich der Zugang Minderjähriger zu diesem Stoff beschränken lassen.”
Das wirft die Frage auf, wer hier medizinisches und Cannabis zum Freizeitkonsum durcheinander bringt? Das Gespenst kiffender Kinder und Jugendlicher hat in dieser Debatte, wie die Parlamentarier einen Absatz zuvor selbst noch fordern, nichts verloren.
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