Seitdem vor 10 Jahren alle Drogen in Portugal entkriminalisiert wurden, gingen die Zahl der Drogenabhängigen sowie die Zahl der Infektionen über intravenösen Gebrauch zurück.
Obwohl viele unterschiedliche Drogen auf dem Weg in andere Teile der Welt durch Portugal geschmuggelt werden, spielte und spielt der Drogengebrauch keine übermäßige Rolle. Allerdings gab es in den 1980er Jahren einen ausgeprägten Heroinkonsum und Portugal suchte nach Möglichkeiten, diesen sowie die hohe Quote der drogenbedingt HIV-Infizierten zu senken.
Am 1. Juli 2001 trat ein Gesetz in Kraft, welches den Erwerb und Besitz kleiner Mengen jedweder Droge und deren Gebrauch nicht mehr unter Strafe stellt, sondern als Vergehen gegen die öffentliche Ordnung einstuft. Konsumenten illegaler Substanzen landen nicht vor Gericht, sondern werden vor ein spezielles Komitee gestellt, welches das Konsummuster (Gelegenheitskonsument / Abhängiger) unter die Lupe nimmt.
Es können zwar Bußgelder oder Sozialstunden verordnet werden, jedoch geht es vor allen Dingen darum, Abhängige zu behandeln und nicht zu bestrafen.
“Gesundheitsorientierung vor Strafe zu setzen, darüber wird in Portugal schon seit Mitte der 70er Jahre diskutiert. Die aktuelle Entkriminalisierung ist keine drogenpolitische Spielwiese akzeptanzverliebter Alt-68er, sondern eine Reaktion auf die fatalen Probleme mit AIDS. Es ging von Anfang an darum, mehr verelendete Heroinkonsumenten in Therapie zu bringen und zugleich Polizei und Gerichte zu entlasten.” (Telepolis)
Portugiesische Experten befürworten, dass Drogenkonsumenten weder mit Polizei noch Gericht oder gar dem Strafvollzug in Berührung kommen, sondern dass Experten ihren persönlichen Fall betrachten. Die Überlegung scheint aufzugehen: Therapiebedürftige werden an soziale Einrichtungen vermittelt und Gelegenheitskonsumenten werden in Ruhe gelassen (rund 68 % aller Fälle werden eingestellt).
Vorstand des Institutes für Drogen und Drogenabhängigkeit, Joao Goulao, ist überzeugt, dass “die große Mehrheit an problematischen Nutzern heutzutage von einem System unterstützt [werden], welches sie nicht als Delinquenten behandelt, sondern als kranke Personen”.
Auch die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogenabhängigkeit (EMCDDA) äußerte sich positiv über die Entwicklung, so könne man aus einem statistischen Bericht einen Drogenkonsum ablesen, der niedriger ist als der europäische Durchschnitt und viel niedriger als beim Nachbarn Spanien.
Außerdem soll sich der Zugang zu illegalen Drogen nicht vereinfacht haben.
So bleibt festzustellen, dass die portugiesische Reform den Heroinkonsum und die damit zusammenhängenden Todesfälle signifikant gesenkt hat. Der Begriff Entkriminalisierung muss kein politisches Schreckgespenst bleiben. Ein anderes Experiment läuft seit Anfang 2010 in Tschechien, wo der Besitz bestimmter Drogenmengen nicht mehr unter Strafe steht, sondern als Ordnungswidrigkeit gilt.
Zum Weiterlesen:
- Portugal drug law show results ten years on, experts say, AFP vom 02.07.2011
- Drug policy profiles – Portugal, EMCDDA von Juni 2011
- Artikel: Das normalisierte Drogenparadies am Ende Europas, Telepolis vom 14.06.2011
- Entkriminalisierung in Tschechien in Kraft getreten, DHV-Meldung vom 07.01.2010
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