Der diesjährige Drogen- und Suchtbericht, der in dieser Woche von der Drogenbeauftragten vorgestellt wurde, bestätigt die Zahlen des Suchtsurveys, über die der Hanfverband vor wenigen Wochen berichtetet hatte: Während immer mehr Erwachsene zwischen 18 und 59 und Cannabis konsumieren, greifen Jugendliche unter 18 immer seltener zum Joint.
Zwar ist die Zahl der Minderjährigen, die Cannabis im Laufe des letzten Jahres einmal probiert haben, leicht angestiegen. Doch die Zahl der regelmäßigen Konsumenten ist in dieser Altersgruppe seit Jahren stabil niedrig und verzeichnet sogar einen leicht rückläufigen Trend. Die Zahl der Jugendlichen mit einem problematischen Konsummuster lag 2018 bei 1,3% und sank somit im Vergleich zur letzten Erhebung 2016 sogar um 0,2 Prozentpunkte.
Am meisten Cannabis konsumiert die Gruppe der 18-25-jährigen. Hier haben über 40 Prozent schon einmal Cannabis probiert. 22 Prozent haben im Laufe des letzten Jahres mindestens einmal gekifft. Fast zehn Prozent haben im Laufe des letzten Monats mindestens einmal konsumiert, während knapp sechs Prozent angaben, regelmäßig zu konsumieren.
Interessant ist der Anstieg der über 25-jährigen, die Cannabis konsumieren. In der Altersgruppe von 26-59 verzeichnet die Kurve keine Schwankungen, sondern belegt einen stetigen Anstieg seit 1995. Doch auch hier stagniert die Zahl der regelmäßigen Konsumenten bei 1,3%, während die Zahlen der Gelegenheitskonsumenten stark ansteigen. So hatten 2018 31,9% der 25-59 jährigen schon mindestens einmal im Leben Cannabis konsumiert. 8,3 Prozent hatten im Laufe des letzten Jahres mindestens einmal gekifft und 3,4 Prozent hatten im letzten Monat mindestens ein Konsumerlebnis.
Portugal ist kein Beispiel für eine gute Cannabispolitik
Die neue Drogenbeauftragte scheint verstanden zu haben, dass eine steigende Beliebtheit von Cannabis bei den mündigen Bürgern des Landes nicht dazu führt, dass Jugendliche unter 18 mehr kiffen – im Gegenteil. Es scheint vielmehr so, als ob Jugendliche mit einem wachsenden Grad der Konsum akzeptierenden Aufklärung gegen problematische Konsummuster besser gewappnet sind als mit der utopischen Abstinenzforderung, die bei der aktuellen, staatlichen Cannabispolitik als Ziel gilt.
Doch ob das Beispiel Portugal, das Daniela Ludwig angeführt hat, wirklich das drogenpolitische Ei des Columbus ist, sei dahingestellt. Zwar hat Portugal die Konsumenten aller illegalen Substanzen entkriminalisiert und dadurch besonders bei den Konsumenten harter Drogen viele Fortschritte erzielt. Doch in der Cannabispolitik ist Portugal nicht so weit wie zum Beispiel unser Nachbar Belgien. Portugal hat zwar den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis entkriminalisiert, doch der Anbau zum Eigenbedarf gilt nach wie vor als Straftat.
Das führt zu wachsenden kriminellen Strukturen auf dem immer noch illegalen Cannabis-Markt. Die Strafen für Kleindealer sind aufgrund der Tolerierung von 25 Gramm sehr gering, andererseits sind Konsumierende bis heute zu 100 % auf Dealer angewiesen. Eine Tolerierung des Konsums, der langfristig keine Regulierung als Zielsetzung hat, führt auch zur Etablierung tolerierter, krimineller Strukturen. So kann eine langfristige Lösung nicht aussehen. Das Verbot vom Anbau einiger Pflanzen zum eigenen Bedarf befeuert diese Schieflage zusätzlich. Anders als zum Beispiel in Tschechien, Spanien oder Belgien, wo auf privatem Grund und Boden eine oder ein paar gesetzlich tolerierte Pflanzen straffrei angebaut werden können.
Das Beispiel Portugal hätte für die CDU/CSU jedoch den Vorteil, dass am deutschen Dogma, den Eigenanbau auf jeden Fall verhindern zu wollen, festgehalten werden könnte. Ein bundesweit einheitliches Ordnungsbußen-Modell für Geringe Mengen, das den Anbau einiger, weniger Pflanzen weiterhin als Straftat definiert, wäre im Rahmen der angekündigten, neuen Cannabispolitik auch in der CDU/CSU Fraktion mehrheitsfähig. Eine Lösung, die langfristig funktioniert und dem Schwarzmarkt wirklich etwas entgegenzusetzen hat, bietet Portugal leider nicht. Schön wäre, wenn sich Frau Ludwig auch einmal die Entkriminalisierungs-Modelle in Tschechien, Spanien, Belgien oder den Niederlanden anschauen würde.
Gibt es auch bei uns schon längst: Eigenbedarf bei harten Drogen
Zudem hat sich Frau Ludwig gegen eine Eigenbedarfsregelung bei so genannten harten Drogen ausgesprochen. Doch Portugal hatte seine Drogenpolitik genau aufgrund der Probleme mit diesen Substanzen 2002 reformiert. Cannabis spielte dabei eine sehr untergeordnete Rolle, weil es, verglichen mit Heroin oder Kokain, wenig gesundheitliche Probleme mit der Substanz gab. Portugal hat Konsumenten nicht entkriminalisiert, um einen neuen Ansatz in der Cannabispoltik zu machen, sondern um die Zahl der Drogentoten zu senken. Das ist dem Land auch geglückt. Doch für einen neuen Ansatz in der Cannabispolitik ist das Land kein gutes Beispiel – auch wenn die aktuelle Regelung konsumentenfreundlicher ist als die hiesige.
Außerdem gibt es in Deutschland schon seit Jahrzehnten die Möglichkeit, den Besitz von Geringen Mengen harter Drogen zum Eigenbedarf nicht mehr zu sanktionieren. Das ist im Rahmen der ganzen Diskussion, die von der Berliner Grünen-Politikerin Pieroth initiiert wurde, ein wenig untergegangen. Denn §29a des Betäubungsmittelgesetzes sieht Verfahrenseinstellungen nicht nur bei Cannabis vor, sondern auch bei anderen Substanzen. So gibt es bereits Bundesländer, in denen ein einmal eingeleitetes Strafverfahren eingestellt werden kann. In Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein besteht schon lange die Möglichkeit, das Verfahren beim Besitz von 1 g Heroin und 1 g Kokain (Schleswig-Holstein 3 g) einzustellen. Bei Amphetamin sehen Bremen bei 1,6 g, Hessen bei 2,5 g und Schleswig-Holstein bei 3 g eine Einstellungsmöglichkeit vor. Bei Ecstasy wird ein Verfahren in Bremen normalerweise bei 3 Konsumeinheiten, in Hamburg bei weniger als 10 und Hessen bei weniger als 20 eingestellt. Jetzt kommt es darauf an, ob die Drogenbeauftragte diese bereits bestehenden Regelungen zum Eigenbedarf harter Drogen grundsätzlich infrage stellt und versuchen wird, diese rückgängig machen zu lassen. Oder ob sie sich einmal mit deren langfristiger Bilanz auseinandersetzt und den Erfolg dieser Regelung ganz einfach an der Zahl der Drogentoten misst. Denn wer Portugal als Beispiel anführt, kann dessen grundlegenden, drogenpolitischen Pfeiler der Geringen Menge für harte Drogen nicht im gleichen Atemzug infrage stellen.
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