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Die Top-10-Forderungen des Deutschen Hanfverbandes zur Weiterentwicklung der Cannabispolitik

Pressemitteilung des Deutschen Hanfverbandes vom 23.11.2025

Am Ende seiner dreitägigen Cannabis Normal! Konferenz hat der Deutsche Hanfverband (DHV) heute die zehn wichtigsten Forderungen zur Cannabispolitik und zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) beschlossen:

  1. Modellprojekte für Fachgeschäfte
  2. Anhebung der Besitzobergrenzen Zuhause
  3. Verschenken von Cannabis an Erwachsene legalisieren
  4. Baurechtliche Klärung für Standorte von Anbauvereinigungen
  5. Abschaffung der Abstandsregeln für den Konsum und zu Anbauvereinigungs-Standorten
  6. Klärung: Was ist ein Steckling?
  7. Telemedizin und Versandapotheken weiter ermöglichen
  8. “Nicht geringe Menge” abschaffen oder zumindest gesetzlich definieren und wesentlich anheben
  9. Einführung von Speichelschnelltests, Forschung an neuen Prüfmethoden für die Beeinträchtigung im Straßenverkehr
  10. Initiative zur Änderung des EU-Rechts: Cannabislegalisierung ermöglichen

1. Modellprojekte für Fachgeschäfte genehmigen

Zeitlich begrenzte und wissenschaftlich begleitete kommunale Modellprojekte zur Cannabisabgabe sind mit dem EU-Recht vereinbar und u.E. nach §2 (4) KCanG möglich. Es liegen ernsthafte Anträge aus diversen Städten vor. Diese zu genehmigen ist der nächste logische Schritt für eine legale Versorgung der nun entkriminalisierten Konsumenten und zur Reduzierung des Schwarzmarktes.

2. Anhebung der Besitz-Obergrenze Zuhause

Die derzeitige Besitz-Obergrenze von 50 Gramm Cannabis Zuhause ist nicht praktikabel, insbesondere für Konsumenten, die sich per Eigenanbau selbst versorgen. Die Besitz-Obergrenze sollte komplett abgeschafft werden, wie es in Nordamerika teilweise der Fall ist. Schließlich gibt es auch keine Besitz-Obergrenze für Alkohol und Tabak. Zumindest aber sollte die Obergrenze auf 600 Gramm festgelegt werden, so dass die Jahresernte der Höchstmenge entspricht, die Mitglieder in Anbauvereinigungen jährlich bekommen können (12x50g). Auch das ist eine Größenordnung, die in Nordamerika nicht unüblich ist.

3. Verschenken von Cannabis an Erwachsene legalisieren

Es ist unsinnig, dass es strafbar ist, Cannabis an andere Erwachsene zu verschenken, sogar wenn es zum unmittelbaren gemeinsamen Verbrauch bestimmt ist, z.B. bei einer Geburtstagsfeier. Wer aus Eigenanbau mehr erntet, sollte einen Teil der Ernte an Freunde verschenken dürfen. Die verschenkten Mengen werden unmittelbar dem Schwarzmarkt entzogen. Stattdessen werden Konsumenten gezwungen, einen erheblichen Teil ihrer Ernte zu vernichten.

4. Baurechtliche Klärung für Standorte von Anbauvereinigungen

Bei der Frage, wie eine Anbauvereinigung baurechtlich zu werten ist, kocht derzeit jedes Bundesland sein eigenes Süppchen. Bayern genehmigt diese nur in Gewerbegebieten mit einem Sondernutzungsrecht zum Cannabisanbau – also gar nicht. Diese Frage muss bundeseinheitlich geregelt werden und zwar so, dass den Anbauvereinigungen möglichst wenige Hürden in den Weg gelegt werden.

5. Abschaffung der Abstandsregeln für den Konsum und zu Anbauvereinigungs-Standorten

Die Abstandsregelungen sowohl für den Konsum von Cannabis als auch für Standorte von Anbauvereinigungen haben keinen präventiven Wert. Sie sind reine Symbolpolitik.
Im Fall der Anbauvereinigungen macht das Gebot von 200 Metern Abstand zu Schulen, KiTas etc. die Standortsuche in manchen Ballungsgebieten unmöglich, obwohl die Anbau- und Abgabestandorte von außen gar nicht als solche erkennbar sein dürfen.
Im Fall des Konsumverbots in Sichtweite dieser Einrichtungen sind Durchsetzbarkeit und Verständlichkeit der Regel kaum gegeben. Außerdem ist dies eine nicht medizinisch zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zum Tabakkonsum.

6. Klärung: Was ist ein Steckling?

Laut §1 KCanG sind Stecklinge von der Definition von “Cannabis” ausgenommen und somit als legaler Bestandteil des Eigenanbaus nicht von der 3-Pflanzen-Obergrenze betroffen. Stecklinge dürfen auch von Anbauvereinigungen vertrieben werden.
Stecklinge sind laut §1 Nr. 7 KCanG “Jungpflanzen oder Sprossteile von Cannabispflanzen, die zur Anzucht von Cannabispflanzen verwendet werden sollen und über keine Blütenstände oder Fruchtstände verfügen”.
Es gibt allerdings immer mehr Strafverfahren und auch Urteile, nach denen Stecklinge schon als Cannabispflanzen definiert werden, sobald sie eingepflanzt sind, z.B. in einem kleinen Anzuchttopf. Dies ist allerdings die übliche Abgabeform von Stecklingen, ohne die deren Überleben kaum gewährleistet ist. Die aktuelle Interpretation macht die gesetzlich vorgesehene Abgabe von Stecklingen durch Anbauvereinigungen genauso unmöglich wie die legale Nachzucht von Hanfpflanzen im Eigenanbau.
Es muss klargestellt werden, dass nicht-blühende Jungpflanzen an Erwachsene abgegeben/verkauft werden dürfen und dass sie nicht der Obergrenze von 3 Pflanzen unterliegen.

7. Telemedizin und Versandapotheken weiter ermöglichen

Die aktuell debattierte Verschärfung des MedCanG würde über 100 Tonnen Cannabisblüten wieder zurück auf den Schwarzmarkt drücken. Wegen des Mangels an verschreibungswilligen Arztpraxen muss die Online-Verschreibung weiterhin möglich sein. Ebenso sprechen wir uns gegen die Abschaffung von Cannabis-Versandapotheken aus. Dies würde zu Problemen bei der Verfügbarkeit vieler Sorten und zu erheblichen Preissteigerungen führen.

8. “Nicht geringe Menge” abschaffen oder zumindest gesetzlich definieren und wesentlich anheben

Nach aktueller Rechtslage ist bereits ab einem Wirkstoffgehalt von 7,5 Gramm THC die “nicht geringe Menge” Cannabis überschritten und damit die Schwelle zu einem “besonders schweren Fall” erreicht, ab dem erhebliche Gefängnisstrafen drohen (§34 KCanG).
Diese Menge THC ist meistens schon bei der legalen Besitzmenge von 50 Gramm überschritten. Diese legale Menge wird zwar von der insgesamt beschlagnahmten Menge abgezogen, aber dennoch ist diese strafverschärfende Menge bereits bei relativ geringfügiger Überschreitung der legalen Besitzmenge erreicht. Das ist unverhältnismäßig. Die “nicht geringe Menge” sollte komplett abgeschafft oder zumindest erheblich angehoben werden, wie es im Gesetzgebungsprozess angedacht war.

9. Einführung von Speichelschnelltests, Forschung an neuen Prüfmethoden für die Beeinträchtigung im Straßenverkehr

THC-Grenzwerte im Blut sind relativ ungeeignet, um Rückschlüsse auf die Fahrtauglichkeit zu ziehen. Das zeigt u.a. die Tatsache, dass bei gut eingestellten Patienten nach entsprechender Toleranzbildung auch mit hohen THC-Werten keine Beeinträchtigungen messbar sind. Davon abgesehen ist laut Studien die vergangene Zeit seit dem letzten Konsum eine viel entscheidendere Frage für die Fahrtauglichkeit als der THC-Wert.
Auch mit dem neuen THC-Grenzwert von 3,5ng/ml Blut kommt es zu häufig vor, dass nicht beeinträchtigte Fahrer belangt werden.
Deshalb sollte bei Schnelltests von Urin- auf Speicheltestes umgestellt werden. Diese sind nicht nur wesentlich weniger übergriffig als die Urinabgabe unter Beobachtung von Polizeibeamten, sie messen auch viel realistischer den kürzlichen Cannabiskonsum.
Darüber hinaus sollte die Erforschung anderer Messmethoden für die Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit intensiviert werden.

10. Initiative zur Änderung des EU-Rechts: Cannabislegalisierung ermöglichen

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für eine Änderung des EU-Rechts einzusetzen, um die vollständige Legalisierung von Cannabis inklusive flächendeckend verfügbaren Cannabis-Fachgeschäften für Erwachsene zu ermöglichen.

Diese zehn Forderungen sind die Schwerpunkte der Arbeit des Deutschen Hanfverbands bis zur nächsten Bundestagswahl.

Auf der Cannabis Normal! Konferenz vom 21.-23. November in Berlin hat der DHV mit ca. 270 Teilnehmern in acht Sessions mit vielen hochkarätigen Fachleuten diverse Details der Cannabispolitik und den bisherigen Auswirkungen des neuen Cannabisgesetzes beschäftigt. Die oben beschriebenen Punkte wurden in der Abschlussveranstalung von allen Anwesenden diskutiert und beschlossen.


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