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DHV-Newsletter: Rundbrief zur Cannabispolitik vom 25.09.2007

DHV-Newsletter: Rundbrief zur Cannabispolitik vom 25.09.2007

Newsletter vom 25.09.2007


Newsletter des Deutschen Hanf Verbandes – Ausgabe September 2007


1. Aktuelle Entwicklungen beim Thema gestrecktes Gras

Im August kam viel Bewegung in die Diskussion um gestrecktes Gras. Den Anfang machte der DHV mit einer neuen Aktion des Protestmailers. Die Aktion “Gestrecktes Gras – Fordert Eingreifen von Schmidt!”, an der sich schon mehr als 320 Personen beteiligt haben, richtet sich an die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Sie wird darüber informiert, dass die ihr untergeordnete Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing sich weigert, sich des Themas Streckmittel und Verunreinigungen in Cannabisprodukten anzunehmen. Auch dass Bätzing noch nicht auf die über 900 (!) Schreiben, die sie im Zuge des Protestmailers “Stoppt den Chemiecocktail – Eigenanbau legalisieren!” erreicht haben, reagiert hat, wird thematisiert. Dieses bürgerunfreundliche Verhalten muss sich Frau Bätzing besonders negativ anrechnen lassen, da sie immer wieder vollmundig verspricht, dass sie sich über Kontaktversuche freut und diese gern beantwortet. Bis vor kurzem verkündete ihre Webseite sogar: “Ob schriftlich oder mündlich – Kommunikation ist keine Einbahnstraße”

Kurz nach dem Start des Protestmailers an die Gesundheitsministerin erreichte uns eine Meldung aus Italien. Dort wurden von aufmerksamen Zollbeamten mehr als 200 Kilogramm mit Glassplittern gestrecktes Marihuana gefunden. Der DHV nahm dies zum Anlass, um darauf hin zu weisen, dass ein solcher Fund in Deutschland nahezu unmöglich ist. Dies liegt jedoch nicht daran, dass es in Deutschland kein verunreinigtes Marihuana gibt. Vielmehr verweigert die Politik eine Prüfung von aufgefundenen Betäubungsmitteln auf Streckmittel und Verunreinigungen.

Nachdem die Existenz von gestrecktem Marihuana in Deutschland von der Bundesdrogenbeauftragten lange prinzipiell geleugnet wurde, wurde sie durch die anhaltende Kampagnenarbeit des DHV und die immer häufiger werdenden Meldungen über gestrecktes Gras im europäischen Ausland gezwungen, auch öffentlich zu dem Problem Stellung zu beziehen.

Ohne die Öffentlichkeit z.B. per Presseerklärung zu informieren, tauchte plötzlich ein entsprechender Hinweis auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf. In dem unter der Überschrift “Risiken des Cannabiskonsums” eingefügten Absatz wird das durch Verunreinigungen wachsende Gesundheitsrisiko für Cannabiskonsumenten erstmals zugegeben. Allerdings verweigert die Bundesregierung die logischen Konsequenzen – Aufklärung, anonyme Tests und der Legalisierung des Anbaus zur Eigenversorgung. Stattdessen wird einzig darauf hingewiesen, dass der Verzicht auf den Konsum von BtM eine geeignete Strategie sei, um das Risiko zu minimieren.

Die nur einen Tag später von Mitarbeitern des Ministeriums versendeten Antwortemails an die Teilnehmer des Schmidt- Protestmailers verweisen auf den der Tragweite des Problems unangemessen kurzen Absatz, als wäre er schon immer Bestandteil der Webseite gewesen. Offensichtlich hatten sie nicht damit gerechnet, dass der DHV findige Privatsponsoren hat. Mit deren Hilfe gelang es, den beinahe “konspirativen” Charakter der Neuausrichtung der Politik der Bundesdrogenbeauftragten zu dokumentieren.

Nachdem innerhalb kurzer Zeit viele Teilnehmer des Protestmailers auf die dem eigentlichen Problem ausweichende Antwort des BMG reagiert hatten, wendete sich auch der DHV Anfang September noch einmal offiziell an das Ministerium. In dem Schreiben zeigt der Hanf Verband die Ungereimtheiten und Widersprüche der Argumentation der Bundesdrogenbeauftragen auf und fordert eine ernsthafte Beschäftigung mit der Problematik. Das Schreiben gipfelt in einem Gedankenspiel. Die Bundesdrogenbeauftragte und ihre Vorgesetzte Ministerin mögen sich fragen:
“Was würden Sie tun, wenn Sie Hinweise auf schwarz gebrannten Schnaps erhalten würden, der Blindheit verursachen kann? Würden Sie es bei dem Tipp belassen, am Besten vollständig auf Alkohol zu verzichten?”

Mehr zum Thema

  • DHV-Protestmailer vom 03.08.2007 “Gestrecktes Gras – Fordert Eingreifen von Schmidt!”
  • DHV-Meldung vom 08.08.2007 “Mehr als 200 Kilo Marihuana mit Glassplittern beschlagnahmt
  • Antwort des BMG an die Teilnehmer des DHV-Protestmailers vom 15.08.2007
  • Meldung des DrugBlog “Medien auf Drogen” vom 16.08.2007 “Verarschung 2.0”
  • Offizielle Reaktion des DHV auf die Antwort des BMG vom 04.09.2007

2. Polizei geht massiv gegen Drogenkonsum auf Festivals vor

In diesem Sommer setzte sich ein Trend fort, über den wir bereits im letzten Jahr berichten mussten. Kaum ein Wochenende vergeht, ohne dass die Polizei die Besucher eines Festivals schikaniert und mit zum Teil massiven Aufgeboten gegen Drogenkonsumenten vorgeht.

So wurden z.B. mehr als 1000 Beamte eingesetzt, um im Umfeld des Technofests “Nature One” flächendeckende Kontrollen auf BtM- Delikte durchzuführen. Ergebnis des mehrtägigen Einsatzes – 776 Anzeigen wegen des Besitzes von BtM und 193 Fahrten unter Drogeneinfluss. Darüber hinaus wurden rund 2500 Ecstasy- Pillen und 689 LSD- Tripps beschlagnahmt. Nun fordern Polizeisprecher sogar ein Verbot der Veranstaltung.

Auch im thüringischen Saalburg wurde anlässlich des Festivals “Sonne, Mond, Sterne” massiv kontrolliert. Die Kontrollen beim einzigen Festival in Thüringen sind mittlerweile fester Bestandteil des Wochenendes und führten in den letzten Jahren wiederholt dazu, dass der Veranstalter das Festgelände durch Polizeikräfte räumen lassen musste, weil die Besucher aus Angst vor den massiven Polizeikontrollen nicht nach Hause fahren wollen.
Auch in diesem Jahr wurde die Polizei fündig und schrieb rund 500 Anzeigen wegen des Besitzes von BtM. Allerdings wurden “nur” 23 Fahrten unter Drogeneinfluss ermittelt.

Die beiden Festivals sind typisch für den Trend zur Einkesselung von Großveranstaltungen. Die auf den ersten Blick hohen Aufgriffsraten rechtfertigen dabei den gigantischen Aufwand seitens der Polizei. So ist “Sonne, Mond, Sterne” seit Jahren der größte Polizeieinsatz des Freistaats.
Nüchtern betrachtet ist die “Betreuung” der Festivals durch die Polizei jedoch reine Geldverschwendung. So räumte der Leiter des “Nature One”- Einsatzes ein, dass es ihn verwundere, dass es im Umfeld des Festes nicht zu einer Zunahme der Unfallzahlen komme und die Thüringer Polizei lobte die “ausgesprochen friedliche” Atmosphäre der Veranstaltung.

Bleibt abzuwarten, wie die Polizei zum Oktoberfest in München auftritt. Beim größten Rauschfest der Welt wären sicherlich deutlich mehr Führerscheine zu holen.

Mehr zum Thema

  • xtcforum.de vom 17.11.2007 “Nature One wegen Drogen vor dem Aus?”
  • Artikel des Naumburger Tageblatts vom 13.08.2007 “Knapp 500 Technofans mit Drogen erwischt”

3. MPU-Statistik: Weniger alkoholisierte Fahrer, mehr Idiotentests wegen Drogen

Anteile der verschiedenen Verkehrsdelikte an den MPUs im Jahr 2006. Quelle: Bundesanstalt für Straßenwesen 08.08.2007 Anteile der verschiedenen Verkehrsdelikte an den MPUs im Jahr 2006
Quelle: Bundesanstalt für Straßenwesen 08.08.2007

Wie die Bundesanstalt für Straßenwesen mitteilte, verschieben sich die MPU-Anteile von alkoholisierten und Drogen konsumierenden Fahrern.

Zwar stellen die Alkoholkonsumenten mit rund 58 Prozent der Medizinisch-Psychologischen-Gutachten (Idiotentest) noch immer mit weitem Abstand die größte Gruppe, die MPUs mit diesem Anlass gingen aber in ihrer Anzahl zurück. Von den 105.500 im Jahr 2006 erstellten MPUs waren 61.300 wegen Alkohol (-3,2%). Die Anzahl der MPUs, die wegen des Konsums von illegalen Drogen angeordnet wurde stieg um 9,1 Prozent auf 12.300. Drogenfahrten sind damit Anlass für rund 18 Prozent der Gutachten.

Der Anstieg der Fallzahlen ist dabei weniger darauf zurück zu führen, dass tatsächlich mehr Drogenfahrten stattfinden. Vielmehr ist das polizeiliche Engagement in diesem Bereich in den letzten Jahren überproportional gewachsen. Seit der Einführung von Drugwipe und Co finden verstärkt Kontrollen auch ansonsten unauffälliger Fahrer statt.

Mehr zum Thema

  • Artikel des Spiegel vom 08.0.2007 “Weniger alkoholisierte Fahrer, mehr auf Drogen
  • Presseerklärung der Bundesanstalt für Straßenwesen vom 08.0.2007 “MPU 2006: Mehr Drogen- und Medikamentenauffällige”
  • Langfassung des Berichts “Begutachtung der Fahreignung 2006” (pdf 33KB)

4. USA: Marihuanaproduzenten und -händler fordern “Nehmt unser Geld”

Ein Bündnis von Marihuanaanbauern und Dealern aus dem US-Staat Kalifornien fordert den Gouverneur des Staates Arnold Schwarzenegger auf, das bestehende Haushaltsloch mit den Steuereinnahmen aus ihren Geschäften zu füllen. Die Gruppe, die sich “Let Us Pay Taxes” (Lasst uns Steuern bezahlen) nennt, geht davon aus, dass durch eine Legalisierung des bestehenden Cannabismarktes mindestens 1 Milliarde Dollar im Jahr in die chronisch klamme Staatskasse Kaliforniens fließen könnte.

Kalifornien hat ein massives Haushaltsproblem und ist nicht einmal in der Lage die sozialen Einrichtungen des Landes zu finanzieren. Um das Finanzproblem zu lösen, will Schwarzenegger unter anderem Renten kürzen und Hilfsprogramme für Behinderte und drogenabhängige Gefängnisinsassen zusammen streichen. “Let Us Pay Taxes” sieht darin jedoch kein Programm zur Konsolidierung der Staatsfinanzen, sondern erwartet nach dem Rückzug des Staates aus der Finanzierung sozialer Projekte eine Verschärfung der innerstaatlichen Konflikte und eine weitere Verschlechterung der finanziellen Situation.

Die Organisation hat auf ihrer Webseite eine Petition gestartet, die bereits von mehr als 3000 Organisationen und Einzelpersonen unterzeichnet wurde, die Schwarzenegger und die Bundesbehörden auffordert, den Anbau und Handel mit Marihuana zu legalisieren. US-weit könnten so mindestens 6 Milliarden Dollar pro Jahr Steuern eingenommen werden. Außerdem seinen bei den Repressionskosten Einsparungen von bis zu 10 Milliarden Dollar pro Jahr möglich.
Schon ein Bruchteil des so gewonnenen Geldes würde reichen, um den Haushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen

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5. Großbritannien: Weltgrößte Hanffabrik geplant

Im ostenglischen Suffolk soll nach Plänen der Firma Hemcore Limited der Welt größter Hanf verarbeitender Betrieb entstehen. Die mehr als 5 Millionen Euro teure Anlage soll 50.000 Tonnen Hanfstroh pro Jahr verarbeiten und eine veraltete Fabrik in Maldon ersetzen, die lediglich 4.500 Tonnen Jahresleistung hat.

Wenn der Bau wie geplant im Januar 2008 beginnen kann, sollen in der Region bereits im kommenden Jahr tausende neue Hektar Hanf wachsen. In der strukturschwachen Region werden so, neben den 35 Beschäftigten der Fabrik, viele weitere Arbeitsplätze entstehen.

Mehr zum Thema

  • Artikel auf EADT.co.uk vom 06.09.2007 “New home for hemp group” (mittlerweile offline)

6. Entheovision 4

Am 29. und 30. September findet in Berlin die vierte Ausgabe des Jahreskongresses wissenschaftlicher Psychonautik statt. Die Veranstaltung unter dem Namen Entheovision befasst sich mit zahlreichen Aspekten rund um bewusstseinsändernde Pflanzen und Substanzen. Referenten aus der ganzen Welt werden in Vorträgen und Workshops über Botanik, Psychologie, Ethnologie, Politik, Kunst und Pharmakologie informieren.

Auch Steffen Geyer vom DHV wird sich mit einem Vortrag an dem Kongress beteiligen. Er will über seine Erfahrungen mit unterschiedlichen Konzepten der Öffentlichkeitsarbeit und ihrer Eignung in der Drogenpolitik informieren.

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7. Termine


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