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DHV-Newsletter: Rundbrief zur Cannabispolitik vom 16.10.2007

DHV-Newsletter: Rundbrief zur Cannabispolitik vom 16.10.2007

Newsletter vom 16.10.2007


Newsletter des Deutschen Hanf Verbandes – Ausgabe Oktober 2007


1. Polizeifliegerstaffel sucht Cannabis in Maisfeldern

Mehrere Medien berichteten im vergangenen Monat darüber, dass nun auch in Deutschland Hubschrauber der Polizei verwendet werden, um illegale Cannabisplantagen in Feldern und Waldgebieten ausfindig zu machen. Die betroffene Fliegerstaffel aus dem Rheinland wird für den Einsatz extra von einer niederländischen Spezialeinheit in der Erkennung von Cannabispflanzen und der zielgerichteten Führung von Beamten am Boden ausgebildet.

Dass Landeskriminalamt in Düsseldorf lobte die raschen Erfolge der neuen Strategie. Der Luftkrieg gegen Cannabis sei auch noch nicht beendet, da die Maisernte noch einige Wochen andauere.
Das die Einsatzkosten für Hubschrauber, Piloten und Beamte am Boden in keinem Verhältnis zu den aufgefundenen Mengen stehen, ist indes noch keinem der Verantwortlichen aufgefallen.

Zum Vergleich: Der größte Fund der bisher aus der Luft gemacht wurde waren 600 Pflanzen. Allein im Jahr 2006 spürte die Polizei in NRW mit herkömmlichen Ermittlungsmethoden 21 Indoor-Plantagen mit jeweils mehr als 1000 Pflanzen auf.

Mehr zum Thema

  • Artikel des Bochold-Borkener Volksblatts vom 23.09.2007 “Cannabis im Mais versteckt” (mittlerweile offline)
  • Video Sat1 Akte 07 vom 11.09.2007 “Illegale Cannabisplantagen” (mittlerweile offline)

2. Touristen mussten wegen Drogenwischtest zum Röntgen

Der deutsche Zoll greift bei der Suche nach Drogen ja traditionsgemäß gern mal zu fragwürdigen Mitteln. Im September trug sich jedoch ein Zwischenfall zu, dem es dennoch gelingt das Attribut “besonders erschreckend” zu verdienen.

Zwei Männer saßen in einem Reisebus, der sie aus den Niederlanden zurück nach Nürnberg bringen sollte. Als der Bus auf einem Parkplatz in Nordrhein-Westfalen halt machte, kam was kommen musste- der Zoll wurde auf das ob seiner Herkunft verdächtige Fahrzeug aufmerksam und begann den Bus nach Drogen zu durchsuchen.

Im Laufe der Durchsuchung des Busses wurden auch die beiden Männer einem Drogenwischtest unterzogen. Allein dies ist schon rechtlich fragwürdig, waren sie doch einfache Fahrgäste. Als der Schnelltest “Spuren von Betäubungsmitteln” nachwies, mussten die beiden eine genauere Durchsuchung über sich und ihr Gepäck ergehen lassen. Die Zöllner konnten ihren Anfangsverdacht jedoch nicht durch Drogenfunde im Gepäck konkretisieren.

Obwohl die beiden keine Drogen besaßen, der Konsum von Betäubungsmitteln nicht strafbar ist und sie auch noch aus einem Land kamen, in dem verschiedene Betäubungsmittel legal erworben und konsumiert werden dürfen, wurden die beiden Männer auf Grund des positiven Wischtest vorläufig festgenommen und in ein nahes Krankenhaus verbracht.

Dort wurden die Männer vom Zoll gezwungen sich röntgen zu lassen um eventuell im Körper versteckte Drogen zu finden!

Zwar hatte der Zoll in diesem Fall den richtigen Riecher und entdeckte bei den Männern auf den Röntgenbilder Heroin und Kokain im Wert von 5.000 Euro, dennoch wirft das Verhalten der Zollbeamten viele Fragen auf.

Muss in Zukunft jeder der aus den Niederlanden einreist, befürchten durchleuchtet zu werden? Welche Kosten entstehen für eine solche Aufnahme und wie hoch ist die Trefferquote? Wie begründet der Zoll diese hochgradig gesundheitsgefährdende Behandlung?
Immerhin ist Röntgenstrahlung nachweislich krebserregend und für mindestens 1,5 Prozent der Krebsfälle in Deutschland verantwortlich. Darüber hinaus sind Röntgenstrahlen Mutagene, können also das Erbgut verändern und sogar unfruchtbar machen.

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3. Österreich: Präventive Drogenrazzia im Internat

Auf der Suche nach Drogen und Hinweisen auf “Radikalismus” haben österreichische Polizisten eine Schule und die angeschlossenen Internatsräume gestürmt. Gefunden haben sie nichts, dennoch soll die Aktion wiederholt werden.

Was allen Betroffenen wie eine großangelegte Razzia vorkam, wollen Polizei und Direktorin lediglich als Präventionsmaßnahme verstanden wissen. Auch das die größtenteils minderjährigen Schüler vor Ort eine “freiwillige Einverständniserklärung” unterzeichnen mussten, ohne darüber mit ihren Erziehungsberechtigten sprechen zu können, halten die Erzieher des Internats für normal.

Die Eltern der Schüler sehen das verständlicherweise anders. Sie sind entsetzt, dass Bewaffnete ohne konkreten Anlass oder Durchsuchungsbefehl in die Privaträume ihrer Kinder eindringen, alles auf den Kopf stellen und Computer beschlagnahmen. Mit Prävention hat das nach ihrer Überzeugung nichts zu tun.

Auch der Präsident der österreichischen Arbeiterkammer, die die Berufsschule und das Internat betreibt, zeigte sich vom Verhalten der Polizei entsetzt und forderte gar den Rücktritt des Innenministers.

Mehr zum Thema

  • Artikel auf kleinezeitung.at vom 28.09.2007 “Arbeiterkammer-Präsident verurteilt Polizeirazzia in Wohnheim schärfstens”

4. Schweiz: Andre´ Fürst eingesperrt und ausgeraubt

Für den Schweizer Hanfaktivisten Andre´ Fürst war der Sommer 2007 keine gute Zeit. Zunächst musste der Betreiber der Webseite www.hanf-info.ch eine Niederlage vor dem höchsten Schweizer Gericht hinnehmen. Dann überfielen auch noch Bewaffnete sein Feld und stahlen eine große Menge erntereifen Hanfs.

Andre´ Fürst aus dem schweizerischen Murthen ist seit Jahren für sein Engagement für die Nutzpflanze Hanf bekannt. In seiner Firma Chanve-Info stellt er Baustoffe, Kleidung, Kosmetik und Lebensmittel aus Hanf her. Auch nahm er mit Hanffeld und Hof an der Expo2002 teil. Jahrelang verkaufte er darüber hinaus mit Wissen der örtlichen Behörden potentes Cannabis an Patienten.

Genau das wird ihm nun zum Verhängnis. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn des Handels mit Drogen und forderte eine Haftstrafe. Nach jahrelangem Prozess folgte im Juli die Verurteilung zu 29 Monaten ohne Bewährung. Zunächst war jedoch unklar, wann Fürst die Haft antreten müsse.
Zu seiner Überraschung nahm ihn die Polizei bereits bei einem Gesprächstermin Anfang September in Haft. Noch wehrt er sich gegen die Antretung seiner Haftstrafe. Beobachter geben seinen Bemühungen aber nur geringe Erfolgschancen.

Frisch eingesperrt musste Andre´ Fürst einen weiteren Schicksalsschlag hinnehmen. Rund ein Dutzend schwer bewaffnete Täter drangen in sein Grundstück ein und überwältigten die Wachmänner. Grund für den Überfall war das Hanffeld des Anwesens, das kurz vor der Ernte stand. Die Täter begannen damit, Pflanzen heraus zu reißen und zu stehlen.

Der DHV ruft nun zusammen mit ENCOD und weiteren Organisationen dazu auf, sich mit Briefen an die Schweizer Autoritäten zu wenden und die Freilassung von Andre´ Fürst zu fordern. Ebenso willkommen sind Briefe, die Andre´ in Haft erreichen und ihm zeigen, dass sein Schicksal nicht einfach hingenommen wird.

Mehr zum Thema

  • Meldung von ENCOD vom 25.09.2007 “Gesetzlosigkeit in der Schweiz – Brutaler Angriff auf das Hanffeld von Hanf-Info”
  • Andre´ Fürsts Anschrift im Gefängnis
    André Fürst
    Prison centrale de Fribourg
    CH – 1700 Fribourg
  • Anschrift der Bundespräsidentin der Schweiz
    Présidente de la Confédération Helvétique
    Micheline Calmy-Rey
    Palais fédéral est
    CH – 3003 Berne
    Tel.: (+41) 031 324 50 33
    Fax: (+41) 031 323 57 82

    Briefvorschlag
    Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin der Schweizerischen Eidgenossenschaft

    Ich wurde über die Verurteilung von André Fürst, dem Gründer von Hanf-Info und Direktoriumsmitglied von Encod, einer von Bürgervereinigungen formierten paneuropäischen Organisation, welche für eine Reform der Drogenpolitik arbeitet, zu einer Haftstrafe von 29 Monaten für Anbau und Verkauf von Hanf in der Zeit zwischen 1998 und 2002 informiert.
    Ich bin durch dieses Urteil überrascht und schockiert, denn ich glaubte, die Schweiz habe zwischen 1998 und 2004 ein pragmatisches Modell der Regulierung von Produktion, Vertrieb und Konsum von Hanf errichtet. Einige offizielle Repräsentanten der Schweiz hatten sich mehrfach in diesem Sinne geäussert, wie die ehemalige Bundespräsidentin Ruth Dreyfuss und die ehemaligen oder immer noch aktuellen Bundesräte Ruth Metzlerund Pascal Couchepin. Das Resultat war, dass die Verwirrung über die Art der Interpretation des Schweizer Betäubungsmittelgesetzes wuchs. Diese Verwirrung ist noch nicht vorüber, da das Schweizer Parlament an einem Prozess der Prüfung einer definitiven Revision des Gesetzes ist, welches wahrscheinlich in den nächsten zwei Jahren in Kraft treten wird.

    Andererseits wurde ich informiert, dass Hanf-Info zahlreiche Hanfprodukte entwickelt und kommerzialisiert hat, welche nichts mit der Droge zu tun haben; Produkte für den Nahrungsmittelsektor, pflanzlichen Kunststoff, Textilien oder Energiequellen. Diese Produkte passen perfekt ins Konzept einer nachhaltigen, vernünftigen und dauerhaften Entwicklung der ländlichen Gebiete. Ich verweise Sie auf die folgende Empfehlung aus dem im Dezember 2004 genehmigten Bericht des europäischen Parlaments zur künftigen Strategie im Umgang mit Drogen in der Europäischen Union: “In Betracht ziehen der Möglichkeit, Pilotprojekte für die industrielle Fabrikation von legalen Produkten, abgeleitet aus Pflanzen, welche von der Konvention von 1961 betroffen sind, wie das Kokablatt oder indischen Hanf, zu lancieren.”
    Dies ist genau die Arbeit von André Fürst. Seine Aktivitäten für eine weltweite Rehabilitierung des Hanfs tragen zur Erhaltung des Planeten und zum sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei. Sie haben nichts mit den Aktivitäten der kriminellen Organisationen zu tun, welche von der Drogenprohibition profitieren, die Weltwirstschaft untergraben und den Frieden zerstören. Die Schweiz sollte stolz sein auf diesen, ihren Bürger und ihn nicht als Kriminellen behandeln.

    Es gibt überall auf der Welt genügend Beispiele für die irrationale und unmenschliche Art, mit der Drogenpolitik betrieben wird. Die Schweiz ist als Beispiel von Pragmatismus und Reformen bekannt, auch in der Drogenpolitik. Ich bitte Sie alles Ihnen Mögliche zu tun, dass André Fürst nicht das Opfer einer offensichtlichen Form von Ungerechtigkeit wird.
    Bald wird die Hanfprohibition als historischer Irrtum erachtet werden. Die vielseitigen Anwendungen dieser Pflanze, die medizinischen Anwendungen inbegriffen, begleiten die Entwicklung der Menschheit seit Jahrtausenden. Wir brauchen sie dringend, um auf die ökologischen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts antworten zu können. In diesem Zusammenhang wäre es ein tragischer Fehler, André Fürst ins Gefängnis zu stecken. Als europäischer Bürger, besorgt über die Drogenpolitik und ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte, bin ich der Ansicht, dass es absolut nötig ist, dieses Urteil zu revidieren.

    Mit freundlichen Grüssen


5. BfArM erteilt weitere Genehmigungen für Cannabisextrakt

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat nach Informationen der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (IACM e.V.) im September weiteren Patienten die Genehmigung erteilt, sich über eine örtliche Apotheke mit einem standardisierten Cannabisextrakt zu versorgen. Die Patienten haben aber bisher keine Extrakte erhalten.
Anders geht es Claudia H., die im September erstmals von ihrer Genehmigung profitieren konnte und von der Firma THC Pharm eine kleine Menge Cannabisextrakt kostenlos zur Verfügung gestellt bekam.

Da das für den Extrakt verwendete THC-reiche Cannabis von der niederländischen Firma Bedrocan stammt, die aber nicht über eine Genehmigung verfügt, größere Mengen nach Deutschland zu exportieren, ist fraglich, wann Claudia H. und andere Patienten mit einer regelmäßigen Versorgung rechnen können. Auch über den zu erwartenden Preis hat sich THC Pharm noch nicht geäußert.

Unterdessen geht die Polizei weiter gegen Patienten vor, die ohne entsprechende Genehmigung Cannabis anbauen oder besitzen. So musste ein Schmerzpatient in Bayern eine Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme seiner Vorräte hinnehmen, nachdem er sich öffentlich dazu bekannt hatte, Cannabis zu medizinischen Zwecken zu nutzen.

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6. Vollständig biologischer Wärmedämmstoff entwickelt

Ein Konsortium rund um das Fraunhofer Institut für chemische Technologie im baden-württembergischen Pfinztal hat einen vollständig biogenen Wärmedämmstoff entwickelt. Die Forscher und Unternehmer suchten nach einem Weg, die bisher in Hanfdämmmatten verwendeten Synthetikfasern durch natürliche Produkte zu ersetzen.

Erfolg hatten sie mit einer neuen Stützfaser, die aus Maisstärke besteht. Das neue Produkt, das am 16.10. auf einem Workshop in Osnabrück vorgestellt werden soll, ist herkömmlichen Hanfdämmstoffen nach Aussage der Entwickler ebenbürtig und in manchen Aufgabenbereichen durch seine vollständige biologische Abbaubarkeit sogar überlegen.


7. Termine


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