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DHV-Newsletter: Rundbrief zur Cannabispolitik vom 16.01.2007

DHV-Newsletter: Rundbrief zur Cannabispolitik vom 16.01.2007

Newsletter des Deutschen Hanf Verbandes – AusgabeJanuar 2007


1. Drogenbeauftragte stellt zwei neue Studien vor | Erwarteter Effekt der Thomasius-Studie bleibt aus

Die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing stellte auf einer am 30.11.2006 stattfindenden Expertentagung in Berlin zwei neue Studien zum Thema Cannabis vor. Neben einer Studie über den “Zugang zu jungen Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten” wurde auch die von der Hanfszene mit Argwohn erwartete Studie von Prof. Thomasius “Überblick über die aktuelle Forschungslage zu den Auswirkungen des Cannabiskonsums 1996 – 2006” der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Studie “Zugang zu jungen Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten” beschäftigt sich mit der Frage, welche Beratungs- bzw. Therapieangebote ihren jugendlichen Klienten tatsächlich helfen. Dazu wurden 177 Einrichtungen im Landschaftsverband Westfalen-Lippe befragt, die insgesamt mehr als 13.000 Klienten betreuten.
Interessant sind die Ergebnisse der Studie, weil auch nach dem Grund für den Besuch der Einrichtung geforscht wurde, dem so genannten Zugangsweg. Die Forscher ermittelten, dass nur 15 Prozent die Beratungsstelle freiwillig aufsuchen! Mindestens vier von fünf Cannabiskonsumenten werden von Polizei, Schule oder Elternhaus zur Nutzung des Behandlungsangebots gezwungen.
Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass Polizei und Justiz Cannabiskonsumenten lieber an Suchthilfestellen verweisen, während Schulen Präventionsfachstellen bevorzugen.

Seit der Vergabe der Studie “Überblick über die aktuelle Forschungslage zu den Auswirkungen des Cannabiskonsums 1996 – 2006” an Prof. Thomasius von der Universitätsklinik Eppendorf wurde heftig über dessen Kompetenz und wissenschaftliche Glaubwürdigkeit gestritten. Zusammen mit namhaften Ärzten und Forschern beklagte der DHV in einer Pressemitteilung vom 25.11.2005 diesen “Forschungsskandal bei Cannabis”.
Die Studie liegt zwar noch nicht im Volltext vor, Prof. Thomasius nutze aber das Expertentreffen in Berlin um erste Ergebnisse vorzustellen. Schon weil das Bundesgesundheitsministerium die Thomasius-Studie als Aktualisierung der Kleiber/Kovar-Studie aus dem Jahr 1996 begreift, lohnt sich eine intensivere Beschäftigung.

Thomasius vergleicht in seiner Arbeit 246 internationale Studien über Cannabis aus den Jahren 1996-2006. Zusätzlich vergleicht er Thesen aus seiner Forschungsarbeit mit den Ergebnissen der zehn wichtigsten Studien dieses Zeitraums. Obwohl bisher nur ein Folienvortrag über die Studie vorliegt, lässt sich bereits sagen, dass Thomasius wieder einmal nicht bereit ist, in den Schlussfolgerungen den eigenen Studiendaten zu folgen. So behauptet er in der Zusammenfassung, dass früher Cannabiskonsum das Risiko einer besonders schnellen Entwicklung einer Cannabisabhängigkeit, sowie das Ausmaß langfristiger neurokognitiver Beeinträchtigungen erhöht, obwohl ihm in diesen Punkten alle verglichenen Studien widersprechen.

Erstaunlich ist, dass das Bundesgesundheitsministerium die Studie bisher kaum für Öffentlichkeitsarbeit genutzt hat. Wir hatten erwartet, dass die Studie mit hysterischen Einschätzungen zu Cannabis wieder in der Medienlandschaft einschlägt wie eine Bombe und auch so genutzt wird. Stattdessen wird die Info in einer Mitteilung zu ganz anderen Themen versteckt. Bleibt die Frage, ob das nur bis zur endgültigen Veröffentlichung der Studie aufgeschoben ist oder ob das Ministerium evtl. selbst erhebliche Zweifel an den Ergebnissen von Thomasius hat.
Es wird interessant sein, wie das BMG und die Bundesdrogenbeauftragte mit der Studie umgehen, wenn sie wie angekündigt “Anfang des Jahres 2007” veröffentlicht wird.

Mehr zum Thema

  • Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums vom 05.12.2006 (mittlerweile offline)
  • Folienvortrag von Prof. Thomasius zur Studie “Überblick über die aktuelle Forschungslage zu den Auswirkungen des Cannabiskonsums 1996-2006” (mittlerweile offline)
  • Pressemiteilung des DHV “Forschungsskandal bei Cannabis”

2. Belgien: Cannabis Club eröffnet Plantage / Polizei schreitet ein

Seit 27.07. wächst im Botanischen Garten der Belgischen Stadt Antwerpen eine legale Hanfpflanze des Vereins “Trekt Uw Plant” (Ziehe deine Pflanze). Am 12.12.2006 wurde von sechs Mitgliedern dieses ersten Cannabis Clubs Belgiens, unter ihnen auch ein Mitglied des Parlaments, symbolisch je ein Klon von der Mutterpflanze geschnitten. Die Aktion war bei den örtlichen Behörden und der Polizei angemeldet und wurde von zahlreichen internationalen Medienvertretern dokumentiert. Im Anschluss wurde dem Bürgermeister Antwerpens ein Brief übergeben, der neben der Adresse des gemeinsam genutzten Grow- Raumes auch die Zugangscodes für die Tür enthielt.

Kaum waren die Medien verschwunden, wurden vier Aktivisten beim Transport der Pflanzen festgenommen und über Stunden verhört. Darüber hinaus wurden die Wohnungen der Beteiligten wegen des Verdachts der Produktion von Drogen durchsucht; ihre Handys und Terminplaner, sowie die legal geschnittenen Klone beschlagnahmt.
Dabei wurde auch der Computer und große Mengen Unterlagen von ENCOD, dem europäischen Bündnis der drogenpolitisch aktiven Organisationen konfisziert, da einer der Festgenommenen für ENCOD tätig ist.

In Belgien wird der Besitz von 3 Gramm Cannabis und die Aufzucht einer Pflanze durch Erwachsene nicht verfolgt. Allerdings macht man sich mit der Ernte strafbar, weil praktisch keine Pflanze weniger als 3 Gramm Ertrag bringt.
Diesen Regelungswiderspruch will “Trekt Uw Plant” nutzen, um auf die Ungerechtigkeit der Drogengesetzgebung im Allgemeinen hinzuweisen. Der Verein geht davon aus, dass es möglich sein muss, die “legale Hanfpflanze” mehrerer Einzelpersonen in einem gemeinsamen Grow- Raum aufzuziehen und verweist auf die durch diese Maßnahme sinkenden Kosten und die besser kontrollierbare Qualität der entstehenden Cannabisprodukte. Ziel der Vereinsmitglieder ist es durch den Anbau unabhängig vom Schwarzmarkt zu werden und der damit einhergehenden Kriminalisierung zu entgehen.

Der Verein “Trekt Uw Plant” versteht sich als Teil der von ENCOD gestarteten Initiative “Freedom to Farm”, die auch der DHV unterstützt. Teil dieser europaweiten Kampagne von Prohibitionsgegnern sind unter anderem auch die Cannabis Social Clubs in Spanien, nach deren Vorbild jetzt auch in Belgien angebaut werden sollte.

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3. Schweiz: Bundesrat lehnt Hanf-Initiative ab/ SP fordert Entkriminalisierung

Mehrfach haben wir in den vergangenen zwei Jahren von der Schweizer Volksinitiative “Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz” berichtet. In der Zeit von Juni 2004 bis Januar 2006 hatten Aktivisten mehr als 106.000 Unterschriften für eine Änderung der Bundesverfassung gesammelt, die es jedem erwachsenen Schweizer ermöglichen würde Hanf straffrei zu besitzen und zu konsumieren. Anders als in Deutschland wird man in der Schweiz bereits für den Konsum von Drogen zu Geldstrafen verurteilt.

Nachdem die von der Initiative vorgeschlagene Neufassung des Art. 105(a) der Bundesverfassung bereits im Mai vom Bundesrat in einer Sitzung grundsätzlich abgelehnt wurde, folgte am 15.12.2006 die schriftliche Ablehnung der Initiative. In der Begründung der Ablehnung verweist der Bundesrat darauf, dass die Initiative nicht der zeitgemäßen Drogenpolitik folge und sieht den Initiativtext im Widerspruch zu internationalen Verträgen wie der UN- “Single Convention on Narcotic Drugs” und dem Schengener Abkommen.
Die Initiatoren vom Verein “Pro Jugendschutz – Gegen Drogenkriminalität” hatten die Ablehnung erwartet und gehen davon aus, dass sich das Schweizer Parlament in Kürze der Entscheidung des Bundesrates anschließt. Geschieht dies, kann der Verein eine Volksabstimmung über den Initiativtext verlangen.

Der Verein erhofft sich durch die Befragung endlich Bewegung in die Schweizer Drogenpolitik zu bringen. In den letzten Jahren waren mehrere Liberalisierungsbemühungen in den Parlamenten gescheitert. Nun soll der entscheidende Impuls direkt von der Bevölkerung ausgehen.

Weil vom Bundesrat auch kein Gegenvorschlag gemacht wurde, denken nun mehrere Parlamentarier öffentlich über einen eigenen Entwurf eines neuen Betäubungsmittelgesetztes nach. Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) hat am 06.12.2006 sogar ein liberales Grundsatzprogramm zum Thema Drogen verabschiedet.

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4. Schweiz: Parlament beschließt die medizinische Verwendung von Cannabis zu ermöglichen

Das Schweizer Parlament ist einem Vorschlag Gesundheitskommission des Nationalrats gefolgt, der die Verwendung von Cannabis als Medizin möglich macht.
Einerseits ist es Patienten nun möglich natürliches Cannabis als Medikament zu nutzen, wenn sie eine entsprechende Genehmigung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) besitzen.
Aber auch die Hersteller von Medikamenten mit dem Wirkstoff THC profitieren von der Gesetzesänderung. Erstmals haben sie die Möglichkeit für ihre Präparate eine Zulassung des Schweizerischen Heilmittelinstitutes zu erlangen. Erst diese Zulassung ermöglicht die ärztliche Verschreibung eines Medikamentes in der Schweiz.

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5. USA: North Dakotas Landwirtschaftsminister erlaubt Nutzhanf / Anbau trotzdem unwahrscheinlich

Am 04.12.2006 veröffentlichte das Landwirtschaftsministerium des US- Bundesstaates North Dakota eine Verordnung, die festlegt nach welchen Regeln Industriehanf angebaut werden darf. Seit 01.01.2007 ist dies zumindest theoretisch jedem Einwohner des Staates möglich, wenn er ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegt, genau Buch über seine Ernte führt, die Hanffelder mit GPS-Systemen ausstattet (um deren Position zu prüfen) und nur Saatgut verwendet, das weniger als 0,03% THC beinhaltet.
Allerdings ist auch eine entsprechende Genehmigung der US-Drogenbehörde DEA erforderlich. Selbst der zuständige Ministerialbeamte Roger Johnson geht jedoch davon aus, dass die DEA solche Genehmigungen nicht erteilen wird.

US- Bauern müssen also auch in Zukunft hilflos beobachten, wie Zehntausende Tonnen Kanadischer Hanf importiert werden, um die Nachfrage der US-Automobilbauer und der Lebensmittelindustrie zu decken, während sie auf ihren Mais- und Sojaernten sitzen bleiben.

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6. Termine

  • 20.01. SmokeIn in Frankfurt/ Main
  • 26.01. – 28.01. Expocannabis in Madrid (Spanien)
  • 23.02. – 25.02. Highlife Beurs in Amsterdam (Niederlande)
  • 23.02. – 25.03. Spannabis in Barcelona (Spanien)
  • 30.03. – 01.04. CannaTrade.ch in Bern (Schweiz)

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