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DHV-Newsletter: Rundbrief zur Cannabispolitik vom 08.08.2006



1. Cannabisanbau kein Grund zur Kündigung der Wohnung

Das Amtsgericht Köln gab im vergangenen Monat einem Mieter Recht, der sich gegen die fristlose Kündigung seiner Wohnung wehrte. Sein Vermieter wollte ihn aus der Wohnung werfen, weil er in ihr Cannabis angebaut hatte. Das Gericht sah den zweimaligen Anbau allerdings nicht als “gravierenden Verstoß” und hob die Kündigung deshalb auf.

Auch wenn das Urteil für andere Gerichte nicht bindend ist, zeigt es doch, dass auch unter Richterroben gelegentlich nachgedacht und mit gesundem Menschenverstand geurteilt wird. Ob das Urteil schon rechtskräftig ist, war nicht zu ermitteln.

Quelle:

  • Amtsgericht Köln – Aktenzeichen 208 C 141/02

2. Nager müssen für Einstiegsdrogentheorie leiden

Forscher des schwedischen Karolinska Institutes haben in der Zeitschrift “Neuropsychopharmacology” die Ergebnisse einer Studie zur Frage “Ist Cannabis eine Einstiegsdroge” veröffentlicht. Ihr Versuch erinnert jedoch eher an klassische Horrorfilmszenarien als an ernstzunehmende Wissenschaft.
Um die Gefährlichkeit von menschlichem Cannabiskonsum nachzuweisen, spritzten sie einem Teil ihrer Versuchsratten THC. Die nur wenige Tage alten Nager wurden anschließend von Heroin abhängig gemacht und mit einer Vorrichtung versehen, die es den Ratten ermöglichte sich nach belieben selbst Heroin zu spritzen. Nachdem man die Ratten getötet hatte, wurde ihr Gehirn untersucht.

Als Ergebnisse dieses Versuchs gaben die Forscher zwei Dinge an. Zum einen hatten die Nager, die als Jugendliche THC-Injektionen erhielten, etwas mehr Heroin als die Vergleichsgruppe konsumiert. Zum anderen fanden die Forscher bei den THC-Nagern eine erhöhte Konzentration von Opioidrezeptoren im Gehirn. Aus diesen Ergebnissen folgerten die Forscher, dass THC-Konsum beim Menschen zu “biologischen Veränderungen” insbesondere im Belohnungszentrum des Gehirns führt.

Zahlreiche Medien griffen die Studie auf um zu “beweisen”, dass Cannabis doch eine Einstiegsdroge sei und zu Heroinkonsum führe. Die gleichen Zeitungen berichteten aber auch davon, dass die Zahl der Cannabiskonsumenten dramatisch steigt, während die der Heroinkonsumenten seit Jahren sinkt. Dass diese Statistik der Einstiegsdrogentheorie widerspricht, bemerkten leider nur wenige Journalisten.

Quelle:

  • Bericht von Faktum online

3. Spanien/ Belgien: Legale Anbauclubs als Alternative zum Schwarzmarkt

Nachdem in der spanischen Provinz Katalonien und im Baskenland die Gründung von privaten Cannabisanbauvereinen durch die obersten Landesgerichte bestätigt wurde, bemüht sich die Organisation Encod, das Konzept auch in anderen Ländern zu etablieren. So wurde nun auch in Belgien ein erster Zusammenschluss von Cannabisanbauern ins Leben gerufen und mit viel Medienecho der erste Samen der Erde übergeben.

Die “Gemeinnützigen Cannabis Clubs” bieten ihren Mitgliedern die Möglichkeit, den Eigenbedarf an Cannabis auf dem Vereinsgelände anzubauen bzw. anbauen zu lassen. Nach der Ernte haben alle Clubmitglieder die Möglichkeit, das gewonnene Cannabis zum Selbstkostenpreis zu erwerben.
Laut Encod soll so der Weg zum Schwarzmarkt unnötig werden. Außerdem wollen die Clubs für den biologischen Anbau von Hanf werben. Die Produkte von an Profit orientierten professionellen Züchtern sind oft stark durch Düngemittel belastet. Dies verhindert jedoch vielfach ihre Verwendung als Medizin.
Außerdem kann durch solche Anbauclubs eine regelmäßige Versorgung sichergestellt werden. Der regelmäßige Nachschub ist besonders für Patienten, die Cannabis als Therapie nutzen, wichtig.

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4. Italien: Konsum von Cannabis hat sich in vier Jahren verdoppelt

Laut einem Bericht des italienischen Parlamentes hat sich die Zahl der Cannabiskonsumenten in Italien in der Zeit von 2001 bis 2005 nahezu verdoppelt. Ging man im Jahr 2001 noch von rund 2 Millionen Konsumenten aus, so seien es im Jahr 2005 schon 3,8 Millionen gewesen.

Dabei hatte die Regierung Berlusconi die letzten Jahre genutzt, um das Drogenstrafrecht erheblich zu verschärfen. So wurde die Trennung zwischen weichen und harten Drogen aufgehoben, die Strafen selbst für den Besitz zum Eigenbedarf erheblich verschärft und die Grenze, ab der man als Händler bestraft wird, reduziert.

Trotz härterer Strafen mehr Drogenkonsumenten? Das heißt, entweder ist die Statistik gefälscht oder Drogenverbote sind nicht geeignet den Konsum zu reduzieren!

Quelle:

  • Artikel einer Südtiroler Zeitung

5. Hessen: Klinik eröffnet Abteilung für stationäre Cannabistherapie

Unter dem Motto “Lernen, ohne Haschisch zu leben” wird im hessischen Hassenroth stationäres Abstinenztraining für Cannabiskonsumenten angeboten. Die zur Verfügung stehenden vier Therapieplätze sollen jungen Menschen helfen, sich “vom Kick mit dem süßlichen Duft” zu befreien und den Weg zurück in die Gesellschaft zu finden.

Woher die betroffenen Jugendlichen ihre Motivation für das 16 Wochen Programm nehmen, zeigt der vom Leiter der Einrichtung als beispielhaft vorgestellte Betroffene. Dieser hatte lange Cannabis konsumiert, ohne in Schule oder Ausbildung aufzufallen. “Erst die Trennung seiner Eltern warf ihn aus der Bahn!” Als er dann noch wegen Handels mit Cannabis zu einen halben Jahr Gefängnis verurteilt wurde, war er reif für das Programm “Therapie statt Strafe”. Nach Abschluss der “kognitive Verhaltenstherapie”, ist er jetzt wieder in der Lage eine Ausbildung zu beginnen.

Solche Erfolge lassen Ulrich Claussen von der Therapieeinrichtung “Auf der Lenzwiese” hoffen, seinen Kundenkreis von bisher drei Personen, bald auf die nach seiner Schätzung rund 400.000 deutschen Cannabissüchtigen auszudehnen.

Quelle:

  • Artikel auf Echo-Online

6. Protestmailer: Neuer Teilnehmerrekord und viel Feedback

Hatten wir noch im letzten Newsletter vom bevorstehenden Teilnehmerrekord der Aktion “BfArM soll Anträge von Cannabispatienten bearbeiten” berichtet, ist es jetzt offiziell: Mit bisher 278 versendeten Emails ist diese Protestmaileraktion unsere bisher erfolgreichste. Vielen Dank allen, die sich beteiligt haben.
Auch der neueste Protestmailer “Gegen Populismus und Kriminalisierung – Liberale Cannabispolitik in Schleswig-Holstein fortsetzen” ist mit 223 Emails sehr gut gestartet. Daran konnte auch eine Standardantwort des Schleswig- Holsteinischen Justizministeriums nichts ändern. Vielmehr führte sie zu vielen unterschiedlichen neuerlichen Mails, von denen wir eine Auswahl im Feedback-Bereich veröffentlicht haben.
Ob nun dank des Protestmailers oder weil Minister Döring seinen Fehler selbst erkannt hat, bis jetzt ist die geringe Menge in Schleswig- Holstein jedenfalls nicht gesenkt worden.

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