Wahlanalyse Bürgerschaftswahl Bremen 2015

Wahlanalyse Bürgerschaftswahl Bremen 2015

Vorbemerkung

Ebenso wie Drogen nicht alles im Leben sein sollten, ist natürlich auch Drogenpolitik nicht der einzige ausschlaggebende Punkt bei einer Wahlentscheidung. Dennoch sagt Drogenpolitik mehr über die Gesinnung einer Partei aus, als nur die Frage, ob sie Cannabis legalisieren will oder nicht. Die Drogenpolitik einer Partei ist ein Maßstab dafür, wieviel Selbstbestimmung dem Einzelnen von staatlicher Seite eingeräumt wird oder auch nicht. Der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung startet ab Mitte April.

Analyse der Wahlprogramme

Um die Standpunkte der einzelnen Parteien zur Drogenpolitik zu verstehen, lohnt sich immer ein Blick ins Wahlprogramm. Eine Übersicht haben wir euch hier zusammengestellt:

SPD

Die SPD hält sich zum Thema Sucht und Drogen sehr bedeckt, erwähnt nur sogenannte “Vergewaltigungsdrogen” im Zusammenhang mit Sexualstraftaten. Außerdem sollen Therapieangebote für abhängige Gefangene verbessert werden.

“Die Bekämpfung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung hat für uns große Wichtigkeit. Dabei wollen wir insbesondere gegen sogenannte Vergewaltigungsdrogen (K.o.- Tropfen) vorgehen: Wir müssen alle rechtlich zulässigen Mittel nutzen, um bereits den Besitz solcher Substanzen unter Strafe zu stellen und die Beweissicherung durch frühzeitige Information der Polizei und entsprechende Fortbildungen für die Beamtinnen und Beamten zu erleichtern.” Quelle

Bündnis 90 / Die Grünen

Die Grünen fordern generell eine Abkehr von der Kriminalisierungspolitik, vor allem in Bezug auf Cannabis. 

“Suchtkrankheiten sind eine gesellschaftliche Tatsache, die ihre Auswirkungen in allen sozialen Schichten zeigt. Die Krankheit „Sucht“ ist von der Frage der Legalität des süchtig machenden Stoffes weitgehend unabhängig, wie die Beispiele Alkohol und Nikotin zeigen. Wichtig für die Suchtbekämpfung ist eine niedrigschwellige Prävention. Kinder und Jugendliche müssen nicht nur über Risiken von süchtig machenden Stoffen informiert, sondern auch in der Gesellschaft gestärkt werden und lernen, Nein zu sagen. […]

Wir Grünen wollen einen Wechsel in der Drogenpolitik. Die bisherige Verbotspolitik ist gescheitert. Wir wollen weg von der Kriminalisierung, hin zu mehr Prävention und Aufklärung. Unser Ziel ist, dass der bloße Besitz von Drogen wie Cannabis zum Eigengebrauch nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. Wer nicht berauscht am Straßenverkehr teilnimmt, soll – wie beim Alkohol – den Führerschein behalten können. Unter Beachtung eines strengen Jugendschutzes wollen wir Spielräume ausloten für wissenschaftliche Modellversuche zur kontrollierten Abgabe und medizinischen Nutzung von Cannabis, zu Drugchecking und Drogenkonsumräumen. Wir fordern vor diesem Hintergrund auf Bundesebene die Einsetzung einer ExpertInnenkommission, die die aktuelle Drogenpolitik grundlegend überprüft und differenzierte Vorschläge für eine Neuregelung der gesetzlichen Grundlagen gibt.” Quelle

CDU

Die CDU spricht sich in ihrem Wahlprogramm ganz klar gegen die Legalisierung jeglicher Drogen aus und erteilt damit auch einem Umdenken in der Cannabispolitik eine Absage. Im Gegenteil sollen sogar “drogenfreie Bereiche” geschaffen werden, in denen selbst jeglicher Besitz zum Eigenkonsum aufs schärfste verfolgt werden soll, vorgeblich, um Drogendealer besser verfolgen zu können.

“Ein besonderes Augenmerk erfordert weiterhin die Rauschgiftkriminalität, auch aufgrund der damit einhergehenden Beschaffungskriminalität. Die CDU Bremen setzt sich in Bremen und Bremerhaven für die Einrichtung von drogenfreien Bereichen ein. Bisher gilt in Bremen und Bremerhaven, dass der Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigenbedarf strafrechtlich nicht verfolgt wird. Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen und als Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit sollen insbesondere vor Schulen, Kindergärten und an Kriminalitätsschwerpunkten diese Eigenbedarfsausnahmen bei der Strafverfolgung nicht mehr gelten und jedweder Besitz von Betäubungsmitteln strafrechtlich verfolgt werden. Den Strafverfolgungsbehörden werden durch die Einrichtung der drogenfreien Bereiche mehr Instrumente an die Hand gegeben, um die Drogenkriminalität an besonders sensiblen Orten bekämpfen zu können. Die Dealer können sich nicht mehr hinter den Eigenbedarfsgrenzen verstecken. 

Drogenabhängige sind krank und sie bedürfen medizinischer und therapeutischer Hilfe. Die Legalisierung geringer Mengen für den Eigengebrauch, eine staatliche Abgabe von illegalen Drogen oder die Bereitstellung von Drogenkonsumräumen lehnt die CDU Bremen ab, da dadurch keine Verringerung der Abhängigkeit und der Beschaffungskriminalität erfolgt. Eine Duldung von offenen und bekannten Drogenszenepunkten wird entschieden abgelehnt. Eine Verharmlosung von jeglichen Rauschgiftarten ist nicht zu akzeptieren. Es müssen insbesondere Kinder und Jugendliche über die Gefahren von Drogen aufgeklärt und vor den damit einhergehenden Gefahren geschützt werden. […]

Die Legalisierung illegaler Rauschmittel lehnt die CDU Bremen ab. Die Abhängigkeit von Suchtmitteln ist in unseren Augen eine Krankheit, die therapiert werden muss. Wir setzen uns deshalb für den Erhalt von Beratungsstellen in Bremen und Bremerhaven ein. Wir werden außerdem strengere Kontrollen bei der Abgabe von Ersatzdrogen durchführen, um Beikonsum besser feststellen zu können. Dies gilt insbesondere dann, wenn Kinder und Jugendliche im gleichen Haushalt leben.” Quelle

Die LINKE.

Im Programm der Linken steht konkret zum Thema Cannabis:

Der Krieg gegen die Drogen wird zunehmend als gescheitert betrachtet, und in anderen Ländern wird der Konsum von Cannabis legalisiert und geregelt. Eine vernünftige Prävention, ein vernünftiger Jugendschutz und die bestmögliche Erhaltung der Gesundheit sind nur unter legalen und entkriminalisierten Bedingungen möglich. Änderungen im bestehenden Betäubungsmittelgesetz können zwar nur auf Bundesebene erwirkt werden, aber wir werden uns in Bremen dafür einsetzen, dass die Kriminalisierungsoffensive gegen Cannabiskonsument*innen und Headshops gestoppt wird und Modellprojekte zur kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten auch in Bremen entwickelt werden. Die Grenzsetzung bezüglich der als Eigenbedarf geltenden geringen Menge soll insbesondere bei Cannabis entsprechend der Grenze anderer Bundesländer erhöht werden, und die Möglichkeiten zur Verfahrenseinstellung sollten bei geringen Mengen stärker genutzt werden.

Darüber hinaus setzen sich die Linken für Druckräume, Heroinvergabe, Spritzenvergabe im Gefängnissen und Drugcheching ein.  Quelle

FDP

Die FDP äußert sich in ihrem Wahlprogramm sehr ausführlich zum Thema Sucht und Drogen und tritt klar für eine Lockerung der Gesetze bei Cannabis ein, verweisend auf den “Schildower Kreis” und die Erkenntnisse aus Colorado.

“Gesellschaftliche Probleme im Zusammenhang mit Drogen werden in erster Linie nicht durch den Konsum, sondern durch die illegale Beschaffung von Suchtmitteln verursacht. Ziel der Freidemokraten ist, die Beschaffungskriminalität einzudämmen und gleichzeitig Abhängigen zu helfen. […]

Die FDP erachtet es zudem als sinnvoll, im Bereich des Cannabiskonsums eine regulierte Legalisierung anzustreben. Wir teilen diese Einschätzung mit zahlreichen Rechtswissenschaftlern, etwa Experten aus dem Netzwerk „Schildower Kreis“ und auch mit erfahrenen Praktikern aus den Bereichen Polizei, Justiz, Suchtprävention und Suchtbehandlung. Als prominente Vorbilder könnten hier die Modelle aus den Niederlanden und dem US-Bundesstaat Colorado dienen. Dort ist der Verkauf von Cannabis an Volljährige in entsprechend lizenzierten Sondergeschäften erlaubt.

Im Vorfeld geäußerte Befürchtungen, derartige Maßnahmen würden den Drogenkonsum bei Jugendlichen deutlich steigern, erwiesen sich als unnötig. Es wurden vielmehr gegenteilige Erfahrungen dokumentiert, nach denen der Konsum von Drogen in einigen Bereichen sogar gesunken ist und der Drogenschwarzmarkt spürbar geschwächt werden konnte.

Cannabis ist allgemeinhin nicht als Einstiegsdroge zu härterem Drogenkonsum anzusehen. Erst durch den Kontakt über illegale Dealer, welche primär an der Abhängigkeit ihrer Kunden und deren Konsum möglichst gewinnträchtiger Drogen interessiert sind, wird in der Regel auch auf härtere Mittel zurückgegriffen.

Eine Entkriminalisierung der Droge mindert darüber hinaus den Reiz des Verbotenen, den sie aktuell auf ihre Konsumenten ausübt. Ein legaler und lizenzierter Verkauf von Cannabis generiert darüber hinaus zusätzliche Steuereinnahmen, welche unmittelbar in Prävention und Behandlung von Drogensucht investiert werden können. Polizei und Justiz könnten in diesem Bereich massiv entlastet werden, da es sich hier überwiegend um Kleinkriminalität handelt. In den meisten Fällen wird lediglich gegen die Gesetze des Anbaus und des Besit-zes von Cannabis verstoßen. Die entsprechenden Täter schaden hierdurch vorrangig sich selbst – ein Umstand, der bei Konsumenten von Tabak und Alkohol wie selbstverständlich toleriert wird. Hierbei müssen aber klare Regeln und Sanktionen für den Straßenverkehr auf wissenschaftlicher Basis aufgestellt werden. Eine Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrer eines Fahrzeugs im Rauschzustand ist natürlich genau wie beim Alkohol zu untersagen. Nach Meinung der FDP ist eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit bezüglich des Konsums von Cannabis daher ähnlich der von Tabak und Alkohol zu gestalten.” Quelle

==========

Update 23.13h –

Piraten

Entgegen unserer üblichen Vorgehensweise ergänzen wir noch Informationen über die Piraten. Sie waren zwar weder bisher in der Bürgerschaft, noch haben sie nach den Umfragewerten Aussicht darauf, aber bundesweit haben sie nach wie vor eine gewisse Relevanz. Sie sind in mehreren Landtagen vertreten und vor allem setzen sie sich besonders für eine vernünftigere Drogenpolitik ein. Sie haben ein sehr ausführliches Programm zum Thema Drogen, insbesondere zu Cannabis. Das Fazit der Piraten zu Cannabis lautet:

“Wir PIRATEN Bremen fordern deshalb:

– An der Universität Bremen ist die medizinische und ökonomische Erforschung der Hanfpflanze zu fördern.
– Der Marihuanaverkauf, -anbau, -erwerb und -besitz ist generell zu legalisieren zum Schutz der Konsumierenden, zur Entlastung von Polizei und Gerichten, zur Generierung von Steuereinnahmen sowie zur Schaffung von Arbeitsplätzen und für eine Steigerung der Attraktivität der Bremer Stadtgemeinden als Tourismusziel.”

Darüber hinaus wollen sie auch andere Substanzen legalisieren, bei denen “keine gravierende Schädlichkeit” festzustellen ist. Quelle

Neben einem guten Programm haben die Piraten das Thema auch zu einem Schwerpunkt im Wahlkampf gemacht. 

==========

Im Wahlprogramm der AfD Bremen kommen die Stichworte “Drogen” und “Cannabis” nicht vor. Quelle

Bei den BiW Bremen geht es um “Konsequente Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität”. “Eine Liberalisierung oder gar Legalisierung sogenannter „weicher Drogen“ darf es nicht geben.” Undsoweiter..  Quelle

Antworten auf Wahlprüfsteine

Erfreulicherweise hat uns diesmal die CDU geantwortet. Die Antworten fallen allerdings wie zu erwarten aus.

Antwort der CDU Bremen

Antwort von Die LINKE. Bremen

Antwort von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN Bremen

Fazit:

Diesmal liefern wir die Informationen aus den Wahlprogrammen ohne weiteren Kommentar unsererseits. Macht euch selbst ein Bild..

Schlussbemerkung:

Jeder, dem Cannabispolitik am Herzen liegt, sollte den Parteien mitteilen, warum er sie gewählt oder nicht gewählt hat! Das erhöht das Gewicht einer einzelnen Stimme enorm!