Hier findet ihr die Antworten von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN auf unsere Wahlprüfsteine zur Bremer Bürgerschaftswahl 2015.
1. Halten Sie die Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?
Nein, wir glauben, dass die Verbotspolitik im Bereich von Cannabis gescheitert ist. Das hat auch eine Fachanhörung gezeigt, die wir im Oktober 2014 mit Prof. Lorenz Böllinger vom Schildower Kreis durchgeführt haben. Die Prohibition schadet, denn sie schafft einen nicht kontrollierbaren Schwarzmarkt und Kriminalität, die wiederum hohe Folgekosten nach sich zieht. Gleichzeitig verzichten wir auf die beträchtlichen Steuereinnahmen, die bei einem legalen Verkauf von Drogen zu erzielen wären. Dieses und das in der Strafverfolgung eingesparte Geld kann sinnvoller für Prävention und Gesundheitsförderung eingesetzt werden, denn wir sind nach wie vor nicht der Ansicht, dass es bei Cannabis um eine harmlose Droge handelt. Gerade für Jugendliche im Wachstum kann der Konsum gefährliche gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Wir wissen, dass Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland ist. Von daher setzen wir auf eine gute Prävention und wollen mit einer kontrollierten Abgabe gleichzeitig die erwachsenen KonsumentInnen aus dem kriminellen Umfeld holen.
2. Wollen Sie die Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten generell eher mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
Die Cannabis‐Politik braucht ein neues gesetzliches Fundament. Deshalb haben die Grünen auf Bundesebene einen Entwurf für ein Cannabiskontrollgesetz zur Legalisierung von Cannabis vorgelegt, der am 20.3.2015 im Bundestag debattiert wurde. Dieses „Cannabiskontrollgesetz“ sieht unter anderem vor, dass Erwachsene künftig 30 Gramm Cannabis zum Eigenbedarf kaufen oder drei Cannabispflanzen anbauen und abernten können. Kindern und Jugendlichen sind Erwerb und Besitz vollständig verboten. Mit dem Gesetz soll reguliert, nicht kriminalisiert werden. Uns ist es wichtig, dass diejenigen geschützt werden, die Schutz brauchen, nämlich Kinder und Jugendliche. Gleichzeitig soll ein reguliertes und überwachtes System für Anbau, Handel und Abgabe geschaffen werden.
3. Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs eher mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
Siehe Antwort 2.
4. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “geringen Menge” nach §31a BtmG und planen Sie Änderungen?
Siehe Antwort 2.
5. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene?
Unter Beachtung eines strengen Jugendschutzes wollen wir Spielräume ausloten, wie wir in Bremen Modellversuche zur kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene einrichten können.
6. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle von Drogen wie Cannabis?
Der Gesetzesentwurf der Grünen auf Bundesebene sieht vor, dass Cannabis nicht in Verkehr gebracht werden darf, wenn es aus gentechnisch verändertem Hanf hergestellt wurde, bestimmte Pflanzenschutzmittel o.ä. bei Anbau verwendet wurden oder aus sonstigen Gründen so verunreinigt ist, dass eine Gesundheitsgefahr besteht. Auch die Beimischung von nicht deklarierten Zusätzen, Alkohol und Tabak ist nicht zulässig. Verstöße gegen diese Vorgaben sind strafbar. Der Verkauf an Verbraucher darf nur in verschlossenen Behältnissen erfolgen, die einer strengen Etikettierungs- und Kennzeichnungspflicht unterliegen. Dazu gehört eine Packungsbeilage mit Hinweisen zu Dosierung und Wirkung, möglichen Wechselwirkungen sowie Vorsichts‐ und Notfallmaßnahmen. Zudem soll die Verpackung Warnhinweise u.a. zum Jugendschutz und zu Suchtgefahren enthalten. Für Cannabis und cannabishaltige Produkte soll zudem ein strenges Werbeverbot gelten.
7. Halten Sie es für sinnvoll, dass Cannabiskonsumenten bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt werden oder setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung ein?
Wer nicht berauscht am Straßenverkehr teilnimmt, soll – wie beim Alkohol – den Führerschein behalten können.
8. Wollen Sie Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit vertreten?
Ja, das haben wir vor!
9. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Partei und Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode?
Neben der in Antwort 1 bereits aufgeführten Fachanhörung „Neue Wege in der Drogenpolitik“ haben wir in einem Koalitionsantrag den Senat aufgefordert, sich auf Bundesebene in den entsprechenden Gremien dafür einzusetzen, dass die Krankenkassen die Kosten für Cannabisvergabe an Schwerkranke übernehmen. Es ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass der Konsum von Cannabis (Hanf) bzw. Cannabisprodukten bei schweren Erkrankungen wie Krebs schmerzhemmend, muskelentspannend und brechreizhemmend wirkt. Solche Medikamente können zwar mit einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden, aber die Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür nicht. Das Potential von Cannabis als Medikament ist von vielen Ländern schon erkannt worden (USA, Israel, Niederlande). Im Sinne einer guten medizinischen Versorgung der Bevölkerung muss die Erforschung des medizinischen Cannabis auch in Deutschland vorangetrieben werden, um Potentiale auszuschöpfen.
10. Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?
Spätestens mit Beginn der neuen Legislaturperiode wird es zwingend notwendig, dass sich die inzwischen weltweit geführte Diskussion über eine Veränderung der im Wesentlichen prohibitiven und repressiven Drogenpolitik der letzten Jahrzehnte auch in der Bremischen Politik niederschlägt. Der Schlüssel zur Veränderung liegt in einer differenzierten Herangehensweise, je nach verschiedenen Drogenarten und Zielgruppen. Kurzfristig sollten wir mit der regulierten Freigabe bei medizinischer Indikation beginnen, aber dabei mittel- und langfristig nicht stehen bleiben, sondern werden uns auch in Bremen prüfen, wie eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten an Erwachsene umgesetzt werden kann.
11. Wie sollte Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?
Der Verkauf von Cannabis und cannabishaltigen Produkten darf nur in zugelassenen Cannabisfachgeschäften erfolgen. Versandhandel und Verkauf an Automaten ist nicht zugelassen. Sinnvoll finden wir, die Anzahl der Geschäfte zu begrenzen. Cannabisgeschäfte selbst müssen strengen Auflagen, insbesondere zum Jugendschutz unterliegen und nicht in bestimmten räumlichen Distanzen zu Kinder‐ und Jugendeinrichtungen eröffnet werden. Es muss gewährleistet sein, dass Kinder und Jugendliche das Geschäft nicht betreten dürfen. Die Einhaltung dieser Vorgabe ist durch Ausweiskontrollen am Eingang sicherzustellen. Der grüne Gesetzesentwurf auf Bundesebene schlägt außerdem vor, das jeweilige Geschäft zu verpflichten, ein Sozialkonzept zu erstellen und nur Personal zu beschäftigen, dass eine Schulung einer Landes‐/Fachstelle für Suchtprävention erfolgreich absolviert hat und sich regelmäßig dort fortbildet. Entsprechendes Informationsmaterial über Suchtgefahren sowie Beratungs‐ und Therapieangebote sollte ausliegen. Das ist uns sehr wichtig, das für uns der Gesundheitsschutz und die Prävention an erster Stelle stehen.