In Chile ist seit 2005 der Anbau von Cannabispflanzen für den medizinischen und den privaten Eigenbedarf erlaubt und im Artikel 8 des „Gesetzes zu illegalem Handel von Drogen“ geregelt (Gesetz 20.000). Eine bestimmte Menge ist darin nicht festgelegt. Die Regelung schafft eine Ausnahme der Geldstrafen für Anbau, wenn nachgewiesen wird, dass die Pflanzen für den exklusiven und unmittelbaren Eigengebrauch bestimmt sind. Da nach dieser Regelung der Hanfgärtner zunächst in der Beweispflicht ist, dass die Pflanzen nur dem eigenen Konsum oder der medizinischen Verwendung sind, kommt es immer wieder zu Hausdurchsuchungen und Pflanzenbeschlagnahmung durch die Polizei.
Gericht stärkt Bürgerrechte
Die Polizei war während einer Streife am 4. Februar 2016 auf Cannabispflanzen in einer Wohnung aufmerksam geworden und nahm einen Englischlehrer nach einer Hausdurchsuchung fest und beschlagnahmte seine Pflanzen. Der Lehrer zog vor Gericht und klagte auf unrechtmäßiges Vorgehen der Polizei und wurde in erster Instanz abgewiesen. Daraufhin wandte er sich in einem Amparo-Verfahren (ähnlich einer Grundrechtsklage) an den Obersten Gerichtshof . Das Gericht gab dem Kläger Recht und erklärte das Handeln der Polizei in dem Fall für illegal. Künftig darf die Polizei eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahmung nur noch per Anordnung der Staatsanwaltschaft durchführen, wenn sich der Verdacht auf Handel mit Cannabis erhärtet hat.
Hausdurchsuchungen verstoßen gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit
Die Fundación Daya, eine Stiftung zur Erforschung von und Behandlung mit Cannabis als Medizin, hatte öffentlich angeprangert, dass solche Maßnahmen unverhältnismäßig seien, da gerade Patienten dadurch ihre Medizin mit fatalen Folgen entzogen wurde. Zuvor hatte die Stiftung in mehreren Fällen Patienten bei Verfahren unterstützt, die in der Regel zum Freispruch führten. Diese Freisprüche sind die juristischen Präzendenzfälle für das aktuelle Urteil, welches von Beobachtern als wegweisend eingeschätzt wird. Das Gericht folgte damit der gleichen Argumentation. Polizeiliche Durchsuchungen in Wohnungen wegen Cannabisanbau werden in Chile dadurch deutlich seltener werden. Die Privatsphäre bleibt gewahrt.
Es ist immer wieder positiv zu bemerken, dass der Trend in Südamerika seit Jahren konstant in Richtung einer liberalen Regelung geht und die Bürgerrechte im Abwägungsprozess weiter gestärkt werden. Auch deutsche Gerichte und Politiker sollten sich überlegen, ob das Eintreten von Türen und die Durchsuchung von Privaträumen wegen dem Geruch von Cannabis oder dem Verdacht auf ein paar Hanfpflanzen wirklich sinnvoll und notwendig ist.
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