Wie wir bereits im Juni berichteten, werden Kunden, die CBD-Öl in Mainzer Hanf-Fachgeschäften kaufen, von der Staatsanwaltschaft wegen eines Verstoßes gegen §29a des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) verfolgt. Doch nicht nur das: Laut Aussage des Inhabers von „Grinskram“, einem der betroffenen Shops, gebe es in Mainz noch drei weitere Läden, welche ausschließlich CBD/ Nutzhanfprodukte anbieten. Diese wurden allerdings nicht behelligt. Zusätzlich für Kopfschütteln sorgt die Tatsache, dass ein paar hundert Meter weiter eine große Drogeriekette weiterhin inhaltsidentische CBD-Produkte verkauft, ohne dass deren Kunden Konsequenzen fürchten müssten. Der Mainzer „Grinskram“-Shop sowie ein anderes Hanf-Fachgeschäft der Rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt waren in diesem Jahr wegen des Verkaufs von CBD-Produkten bereits mehrfach Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. In deren Rahmen wurden die Ladenräume sowie die Privatwohnungen der Besitzer durchsucht. Ging es anfangs nur um die umstrittenen CBD-Blüten, hatte die Staatsanwaltschaft Mainz im Frühjahr die Ermittlungen auch auf CBD-Öle und Kosmetika ausgeweitet. Einige CBD-Öl-Kunden erhielten, genau wie die Ladeninhaber, eine Anzeige aufgrund eines Verstoßes gegen das BtMG.
CBD-Öl als BTM-Delikt
Eine so repressive Herangehensweise ist bislang ein Novum. Dem Hanfverband sind zwar zahlreiche Fälle bekannt, bei denen der Verkauf von CBD-Cannabis als Verstoß gegen das BtMG eingestuft wurde. Ebenso kann der Verkauf von CBD-Öl gegen die Novel-Food Verordnung verstoßen – oder das CBD-Öl mehr als 0,2% THC enthalten und so als illegale Substanz eingestuft werden. Doch der reine Erwerb und Besitz von CBD-Öl eines Endkunden wurde bislang nicht als BTM-Delikt gewertet. Die Ermittlungsverfahren gegen CBD-Öl-Kunden wurden zudem eröffnet, bevor der Staatsanwaltschaft eine genaue Analyse der beschlagnahmten Ware vorlag. Die einzige existierende Analyse des Großhändlers hingegen bestätigt dem Ladeninhaber die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte für THC. Die Analyseergebnisse der Ermittlungsbehörden liegen bis heute, mehrere Monate nach Ermittlungsbeginn, übrigens immer noch nicht vor.
Die Drogerie nebenan darf das
Jetzt hat die zuständige Staatsanwältin in Mainz im Rahmen einer Antwort auf eine erneute Presseanfrage bestätigt, dass die große Drogeriekette aufgrund der CBD-Produkte nichts zu befürchten habe. Auf die Frage, wieso die Drogeriekette und deren Kunden gemäß des Gleichheitssatzes bislang nicht belangt wurden, andere Endkunden, die anderswo ausschließlich inhaltsidentische Öle erworben hatten, aber schon, antwortete die zuständige Staatsanwältin:
„Der Anfangsverdacht gegen Endabnehmer ergibt sich auch daraus, dass das übrige Sortiment der beiden Shops aus – unstreitig strafbaren – Cannabisblüten bestand, wofür es bei Drogeriemarktketten keine Anhaltspunkte gibt. Es handelt sich folglich auch in dieser Hinsicht nicht um gleiche Lebenssachverhalte. Die von Ihnen insinuierte Vergleichbarkeit der Sach- und Rechtslage besteht nach hiesiger Bewertung des Anfangsverdachts somit auch nicht bei den Endabnehmern.“
Diese Aussage verwundert den Betreiber des „Grinskram“-Shops, da seinen Aussagen nach CBD-Produkte nur einen Bruchteil seines Sortimentes ausmachen und der Fokus ganz klar auf nachhaltigen Naturprodukten liege. In den dem Hanfverband vorliegenden Ermittlungsakten gegen Endabnehmer ist im Übrigen nicht von Blüten die Rede. Der vorgetragene BTM-Verstoß wird ausschließlich mit dem Erwerb von CBD-Ölen begründet, deren Analyse bis heute nicht vorliegt. Die verläuft der Pressestelle der Mainzer Staatsanwaltschaft zufolge auch ein wenig schleppend. Hierzu heißt es:
„[…] die Untersuchungen werden nach Einschätzung der Polizei noch geraume Zeit in Anspruch nehmen.“
Mit zweierlei Maß
Man kann von Kunden, die schnell mal eine Flasche CBD-Öl kaufen wollen, nicht erwarten, dass sie sich vorab mit dem restlichen Sortiment eines Händlers auseinandersetzen. Sollte die mehrfach erwähnte Drogeriekette wegen eines anderen Produkts aus ihrem Sortiment in irgendeiner Form das Gesetz brechen, wäre das auch wohl kaum ein Grund, deshalb deren CBD-Öl Kunden ins Visier zu nehmen. Genau das ist aber bei den Ermittlungen gegen zwei kleine Hanf-Fachgeschäfte geschehen. Hier wurden Kunden von CBD-Ölen und Kosmetika Ziel strafrechtlicher Ermittlungen, weil es um ein anderes Produkt aus deren Sortiment einen Rechtsstreit gibt. Selbst wenn die Staatsanwältin für dieses Vorgehen eine geschickte juristische Erklärung gefunden hat, ist ihr Vorgehen Menschen mit einem intakten Rechtsempfinden kaum vermittelbar. Schon gar nicht mit Blick auf die Beobachtung des Ladenbetreibers, nach der seine Filialen und die anderen CBD-Shops ebenfalls rechtlich unterschiedlich behandelt werden.
Der im Grundgesetz verankerte allgemeine Gleichheitssatz (Art.3) verbietet Willkür. Das Bundesverfassungsgericht definiert diese in einem Beschluss von 1989 wie folgt:
„Willkür ist bei einer Maßnahme gegeben, welche im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist.“
In Mainz wird mit Kanonen auf einen einzelnen Händler geschossen, während in der gleichen Stadt ein Discounter und andere Shops unbehelligt bleiben. Inwieweit dieses Vorgehen verhältnismäßig ist, werden demnächst die Gerichte entscheiden müssen.
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