Meldung des DHV vom 12. 10. 2006
Zwei Urteile der vergangenen Tage könnten sich positiv auf die Situation der vier Millionen deutschen Cannabiskonsumenten auswirken. Beide Urteile schränken die gängige Hausdurchsuchungspraxis ein.
So erklärte das Landgericht Kaiserslautern, dass der bloße Besitz von Cannabis prinzipiell keine Hausdurchsuchung rechtfertige, wenn durch den Besitzer keine dritten, insbesondere Jugendliche, zu eigenem Konsum verleitet werden (Az.: 8 Qs 13/06).
Auch das Bundesverfassungsgericht äußerte sich in den letzten Tagen zum Thema Hausdurchsuchung. Zwar ging es in den Fällen nicht direkt um Betäubungsmittel, aber die Entscheidungen sind aufgrund ihrer für andere Gerichte bindenden Wirkung interessant.
In einem Urteil vom 28.09.2006 (Az.: 2 BvR 876/06) stellt das BVerfG klar, dass eine Hausdurchsuchung bei Tage nicht ohne richterlichen Beschluss stattfinden kann. Vielmehr haben die Polizei und die Staatsanwaltschaft dafür zu Sorgen, dass “auch in der Masse der Alltagsfälle die in der Verfassung vorgesehene Regelzuständigkeit des Richters gewahrt bleibt.”
Auch fordern die Richter, dass mehr auf die Angemessenheit der Mittel einer Hausdurchsuchung geachtet wird. Im vorliegenden Fall war die Wohnung des Beschwerdeführers nach einer Messerstecherei mit einem Drogenspürhund durchsucht worden, obwohl keine Hinweise auf ein BtM- Delikt vorlagen.
Ein Beschluss vom 09.09.2006 (Az.: 2 BvR 1219/05) fordert die über eine Hausdurchsuchung entscheidenden Ermittlungsrichter auf, dafür Sorge zu tragen, dass die vorgebrachten Durchsuchungsanträge ausreichend begründet sind. Es sei zwingend erforderlich, dass “ein Verhalten oder sonstige Umständegeschildert werden, die alle wesentlichen Merkmale des Straftatbestandeserfüllen.” Dies müsse so sein, “weil die Zumutbarkeit des Eingriffs auch von der Schwere der vorgeworfenen Tat abhängt.”
Nun besteht Grund zur Hoffnung, dass die besonders in südlichen Bundesländern gängige Praxis der “willkürlichen” Hausdurchsuchung nach dem Besitz von geringen Mengen Cannabis ein Ende hat. Zwar hat das Urteil des Landgerichts keine bindende Wirkung, die Entscheidungen des Verfassungsgerichts aber sehrwohl. Wenn auch in Bayern in Zukunft die Richter mehr auf die Verhältnismäßigkeit einer Durchsuchung achten müssen, könnte dies zu einer erheblichen Entlastung von Polizei, Staatsanwälten und nicht zuletzt der Betroffenen führen.
- Entscheidung des BVerfG “Verfassungswidrigkeit einer Wohnungsdurchsuchung bei Tageohne richterliche Anordnung und unter Einsatz eines Drogenspürhundes“
- Entscheidung des BVerfG “Gerichtlicher Durchsuchungsbeschluss muss Mindestmaßan Darlegungsanforderungen erfüllen“
- Informationen des DHV zum Themenkomplex “Cannabis vor Gericht”
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