Es hört einfach nicht auf: Anfang der Woche erreichten uns zahlreiche Meldungen und Telefonate betroffener CBD-Shop Inhaber, die von Polizei- sowie Zolleinsätzen berichteten. In Berlin war der Zoll im Bezirk Friedrichshain/Kreuzberg gleich in zwei Geschäften, um deren Sortiment an CBD-Blüten und Extrakten vollständig zu beschlagnahmen. In der Hauptstadt waren Tom Hemps und Hempvizer Ziel des Einsatzes. Beide Razzien wurden nicht von der Polizei, sondern vom Zoll Berlin-Brandenburg geleitet, weil es sich bei den fraglichen Produkten zumindest teilweise um importierte CBD-Blüten gehandelt haben soll, die aufgrund nicht vorhandener Importgesetze dann in den Zuständigkeitsbereich des Zolls fallen. In Schweinfurt und Würzburg wurden die Filialen des erst kürzlich eröffneten Cannameleons von Polizeikräften durchsucht. Hier soll es einer Pressemitteilung der Besitzer zufolge während des Polizeieinsatzes zu unschönen Szenen gekommen sein, was aber auch nach erneuter Nachfrage durch den DHV nicht verifiziert werden konnte (siehe Update am Ende dieses Artikels).
Nach den zahlreichen Razzien im Laufe des Jahres entsteht der Eindruck, als wolle man gegen Shops, die CBD-Blüten anbieten, bundesweit mit repressivsten Mitteln vorgehen, um Investoren abzuschrecken und so dem CBD-Boom auf diese Weise Einhalt zu gebieten.
Wieso dürfen die das?
Rechtlicher Hintergrund ist der immer noch unklare Status der THC-armen Blüten. Anders als in Österreich oder der Schweiz ist in Deutschland der Besitz aller Pflanzenteile der Gattung Cannabis strafbar. Im Betäubungsmittelgesetz steht, dass alle im Falle von Cannabis “Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen” unter das Verbot fallen. Es sei denn, der Verkehr mit ihnen dient ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Das kleine Wort “ausschließen” lässt so viel Interpretationsspielraum, dass findige Staatsanwälte selbst den unverarbeiteten EU-Nutzhanfhanfblüten ein Rauschpotential unterstellen können, indem das Rohmaterial extrahiert werde.
Im Prinzip widerspricht das BtmG damit der EU-Nutzhanfverordnung. Laut BtmG ist eindeutig, dass der Besitz von CBD-Blüten selbst mit einem THC-Gehalt unter 0,2 Prozent für Endkunden eine Straftat darstellen kann, wenn die zuständige Staatsanwaltschaft das BtmG buchstabengetreu interpretiert. Andererseits gelten alle EU-Ausnahmeregelungen und Bestimmungen zum Thema Nutzhanf ausschließlich für Produzenten und Händler, nicht aber für den Endkunden. Beim Endkunden in Deutschland muss, anders als beim Produzenten, selbst ein theoretischer Missbrauch ausgeschlossen sein. Solchen schädlichen Aktionismus zu Unrecht besorgter Staatsanwälte könnte man nur Einhalt gebieten, indem der Bundestag das BtmG neu formuliert. Nur dann können Händler und Kunden von CBD-Blüten ähnliche Rechtssicherheit erhalten, wie es sie in einigen unserer Nachbarstaaten bereits gibt.
UPDATE 13.11.2019:
Wir hatten den Betreiber vom Cannameleon wiederholt auf das in der Pressemitteilung erwähnte Video, auf dem Polizeigewalt zu sehen sein soll, angesprochen. Das Video liegt dem DHV trotz mehrfacher Nachfrage bis heute nicht vor. Der Hanfverband kann die Anschuldigen gegenüber der Polizei, es sei während des Einsatzes zu Gewaltszenen gekommen, deshalb auch nicht bestätigen. Daher wurde die betreffende Passage aus der Pressemitteilung nachträglich entfernt.
Sascha [DHV]
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