Richard Progl, der stellvertretende Landesvorsitzende der Bayernpartei, hat sich erstaunlich liberal zum diskutierten Verbot von Online-Spielen geäußert.
Die Drogenbeauftragte Bätzing kritisierte er massiv für ihre “krankhafte Sucht nach Verboten”.
Hier einige Zitate aus dem Interview:
Herr Progl, die Drogenbeauftragte will Kinder und Jugendliche von populären Online-Spielen ausschließen. Überrascht Sie dieser Vorstoß?
Nein. Wir sind es ja durchaus gewohnt, daß Frau Bätzing stets in vorderster Reihe steht, wenn es darum geht, den Menschen vor sich selbst zu schützen. (…)
Sieht sie die Suchtproblematik denn wirklich so falsch?
Das will ich gar nicht sagen, aber der Staat muß doch nicht jeden von uns permanent an der Hand nehmen und vor dem bösen und gefährlichen Leben schützen. (…)
Frau Bätzings Amtszeit nähert sich dem Ende. Ihr Urteil darüber?
Sagen wir mal so: Vielleicht sollte der nächste Drogenbeauftragte nicht nur die zerstörerischen Wirkungen der Rauschgiftsucht und des Alkoholismus bekämpfen, sondern auch die des Prohibitionismus – der krankhaften Sucht nach Verboten.
Das sind faszinierende Aussagen für den Vertreter einer Partei, die sich in Drogenfragen sonst nicht gerade als liberale Speerspitze darstellt. Im Landtagswahlprogramm der Partei ist zu lesen:
Keine Tolerierung illegaler Drogen
Die Bayernpartei ist gegen die Legalisierung von Drogen aller Art.
Im Europawahlprogramm heißt es:
Dem Drogenschmuggel ist mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu begegnen.
Da stellt sich für mich schon die Frage, ob Herr Progl eine positive Ausnahme in seiner Partei darstellt oder ob er – wie so viele Politiker – zwei Gehirne hat, eins das logisch über die Dinge nachdenkt und zu rationalen Ergebnissen kommt, und eins, das für illegale Drogen zuständig ist und einer “krankhaften Sucht nach Verboten” verfallen ist, obwohl z.B. für das Verbot von Cannabis dieselben Argumente gelten, die Progl zu den Online-Spielen bringt.
Ich habe Herrn Progl mal nach seiner Meinung zur massiven Verfolgung von Cannabiskonsumenten in Bayern gefragt:
Sehr geehrter Herr Progl!
Erfreut habe ich Ihr Interview zum diskutierten Verbot von Online-Spielen gelesen. Sie sprechen mir da aus dem Herzen, was ich von einem Vertreter der Bayernpartei nicht unbedingt erwartet hätte.
Auch ich kritisiere die Drogenbeauftragte regelmäßig mit ganz ähnlichen Argumenten, nur dass sich das in meinem Fall eher auf die Cannabispolitik bezieht. Auch hier wird durch Verbote und Strafverfolgung Aktionismus betrieben, ohne dass irgendein Nutzen der Strafverfolgung zu erkennen wäre. So gibt es z.B. keinerlei wissenschaftliche Hinweise, dass das Verbot den Cannabiskonsum der Bevölkerung überhaupt beeinflusst. Ganz im Gegenteil, alle mir bekannten Untersuchungen ergeben zumindest im Fall von Cannabis, dass es keinen Zusammenhang mit der Härte der Repression und der Konsumintensität der Bevölkerung gibt.
Da Ihre Partei in Sachen Drogenpolitik aber andere Akzente setzt, möchte ich Sie fragen, wie Sie persönlich zum Verbot von Cannabis stehen. Und selbst, wenn Sie nicht für eine Regulierung des Cannabismarktes unter legalen Bedingungen sein sollten, wie stehen Sie zur massiven Verfolgung von Cannabiskonsumenten insbesondere in Bayern? In keinem anderen Bundesland wird so gnadenlos gegen einfache Leute vorgegangen, die mit ihrem Cannabiskonsum niemanden (außer in einigen Fällen sich selbst) schaden?
Ich habe dazu und zu Ihrem Interview auch einen Blog-Eintrag erstellt:
Bayernpartei liberal geworden?
Blogpost von Freitag, 17. Juli 2009
http://hanfverband.de/cannabis-blog/archives/78-Bayernpartei-liberal-geworden.htmlGerne würde ich dort auch Ihre Antwort veröffentlichen.
mit freundlichen Grüßen
Georg Wurth
Kommentare
13 Antworten zu „Bayernpartei liberal geworden?“
s.
s.
Newsletter vom 14.08.2009
4. Medizin: Kein höheres Schizophrenierisiko durch Cannabiskonsum
http://hanfverband.de/letter/14_08_2009.html#medizin
Mann Mann Mann, Steffen,
Mann Mann Mann, Steffen, Georg seid ihr nicht auf dem Laufenden oder beschäftigt euch die Hanfparade zu sehr?
Überall ist zu lesen, daß die Keele Uni GB das Gerücht widerlegt hat, daß Cannabis Schizophrenie auslöst und der DHV berichtet nichts dazu.
Einfach mal googlen nach.
Keele University Crome Martino Croft
Das Ergebnis der Studie ist einfach auf den Punkt gebracht:
Zwische 1972 und 2002 hat sich der Cannabiskonsum in GB vervielfacht.
Es wäre also zu erwarten gewesen, daß auch eine Zunahme von Schizophrenien festgestellt wird. Cannabis Konsum ist eine Ursache für Schizo. (Thomasius)
Nur leider leider sind die psychotischen Erkrankungen leicht zurückgegangen.
Die Untersuchung hat einen riesigen Umfang – 600 000! Personen und kann deshalb als fundiert gelten.
Nichts gegen die Bayernpartei News, aber das ist doch die viel bessere Meldung.
Bin schon ganz gespannt auf die Kommentare von der Bätzing auf Abgeornetenwatch. Naja wahrscheinlich sitzt sie es aus im Oktober interessiert sich sowieso keiner mehr für sie.
Mit grasgrünen Grüssen
BZK
Ich sag
Ich sag
🙂 gute Frage!
🙂 gute Frage!
Ich habe ihm jedenfalls bei meiner ersten Kontaktaufnahme den link genannt…
Ansonsten kann ich dir nur zustimmen…
Zu der erhöhten
Zu der erhöhten Konsumentenzahl an der niederländischen Grenzen möchte ich bemerken, dass die Anteil der regelmäßigen Cannabiskonsumenten in den Niederlanden sogar geringer als in Deutschland ist, somit ist nicht von einer enormen Konsumsteigerung bei einer Legalisierung zu rechnen. Außerdem denke ich nicht, dass sich der Markt mehr zu harten Drogen verlagern würde. In den Niederlande ist das Durchschnittsalter der Heroinkonsumenten um etliche Jahre höher als hier. Ich denke eher, dass auf grund der massiven Repression von Cannabis ein Trend in Richtung harte Drogen entsteht.
Der Preis für Heroin und Kokain ist in den letzten Jahren kontinuierlich gefallen. Wenn der Dealer dann mal kein Cannabis auf vorrat hat, weil mal wieder eine größere Menge konsfisziert wurde, werden den Kunden dann andere Drogen schmackhaft gemacht.
Liest Herr Progl bei uns auch mit?
und hier meine Antwort an
und hier meine Antwort an Herrn Progl:
Sehr geehrter Herr Progl!
Vielen Dank für Ihre zügige Antwort!
Wie zu erwarten war, sind wir uns bei dem Thema nicht einig und ich meine, dass Sie von etwas falschen Vorstellungen über Cannabiskonsumenten ausgehen, die zum allergrößten Teil problemlos sozial integriert sind und nur zu einem ganz kleinen Anteil irgendwelche Probleme mit ihrem Konsum haben oder gar – über die Beschaffung von Cannabis hinausgehend – krimineller sind als andere Menschen.
Das Verbot hält kaum jemanden vom Konsum ab und es hilft niemandem, auch nicht denen, die doch Probleme mit Cannabis entwickeln.
Aber davon mal abgesehen gefällt mir Ihr klares Bekenntnis zu einer etwas weitergehenden Entkriminalisierung einfacher Konsumenten durch eine klare Eigenverbrauchsregelung. Gerade Bayern hat das bitter nötig.
> Persönlich bin ich der Überzeugung, daß jeder in seinen eigenen 4
> Wänden machen kann, was er will, solange niemand geschädigt oder
> gestört wird.
Mit diesem Gedanken wäre es nahe liegend, auch mal über den verbreiteten Eigenanbau weniger Hanfpflanzen für den Eigenverbrauch nachzudenken. Menschen, die sich auf diese Weise selbst mit Hanfblüten versorgen und sich so nebenbei vor Streckmitteln schützen, entziehen dem Schwarzmarkt mit zum Teil tatsächlich ernsthaft kriminellen Akteuren den Boden. Ihre Pflanzen und ihr Konsum beschränken sich in der Regel auf die “eigenen 4 Wände”, sie schaden niemandem.
Allerdings werden die “Homegrower” in der Regel härter bestraft als andere Konsumenten, die mit ihrem Geld (mangels Alternative) den Schwarzmarkt am laufen halten, weil sie durch die Ernteintervalle meist einen größeren Vorrat haben als die, die regelmäßig “einkaufen gehen”.
Das nur mal noch als kleine Anregung.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!
Georg Wurth
Immerhin hat Herr Progl mir
Immerhin hat Herr Progl mir zügig geantwortet. Es schwingen zwar einige Vorurteile im Zusammenhang mit Cannabis in der Antwort mit und vom Wunsch nach Legalisierung kann bei ihm keine Rede sein, aber immerhin scheint er für eine etwas weitergehende Entkriminalisierung der Konsumenten zu sein…:
Grüß Gott Herr Wurth,
erst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage. Vielen Menschen fällt es sehr schwer sich von den Vorurteilen, die von der CSU über Jahrzehnte gegen die Bayernpartei gestreut worden sind zu lösen. Generell ist die Ausrichtung der Bayernpartei liberal-konservativ mit einem klaren Bekenntnis zur bayerischen Kultur und Staatlichkeit.
Die Bayernpartei setzt sich gegen die massiven Einschränkungen der persönlichen Freiheit durch die Europäische Union und die Bundesregierung ein. So war die Bayernpartei die erste Partei, die sich öffentlich für ein Selbstbestimmungsrecht der Wirte ausgesprochen hat. Ebenso war die Bayernpartei von Anfang an gegen die EU-Verfassung, die Vorratsdatenspeicherung, die vollkommen sinnlosen Umweltzonen und vielen anderen Vorstößen, die unter dem Mäntelchen der Terrorangst und der Umwelthysterie die systematische Entmündigung und Entrechtung der Bürger zum Ziel hat.
Nun zu Ihrer Frage. Den Vergleich von Computerspielen mit Drogen halte ich für nicht ganz glücklich, da moderates Computerspielen durchaus für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen förderlich sein kann. Dies ist bei Drogen wohl nicht unbedingt der Fall. Gesamtgesellschaftlich ist eine generelle Legalisierung auch von so genannten weichen Drogen aus Sicht der Bayernpartei nicht erstrebenswert, da sich viele Menschen durch eine offene Konsumentenszene von Drogen gestört oder gar bedroht sehen würden. Zudem ist das großflächige Abgleiten von gerade Jugendlichen in Suchtmuster zu befürchten. Dies ist gerade durch die erhöhte Zahl von Cannabis-Konsumenten in der Nähe der Niederländischen Grenze zu beobachten. Der Unterschied zur Onlinespielsucht liegt hierbei darin, daß gesellschaftlich gesehen keine Beschaffungskriminalität und mafiöse Vertriebskanäle vorliegen.
Eine Legalisierung von weichen Drogen würde meines Erachtens die kriminellen Aspekte der Drogenproblematik weiter in Richtung der noch gefährlicheren harten Drogen verschieben. Dealer und Produzenten würden demnach mit noch mehr Nachdruck versuchen Konsumenten für harte Drogen zu gewinnen um die Umsatzeinbußen bei den weichen Drogen auszugleichen.
Auf der anderen Seite sollte man die Augen auch nicht vor der Realität verschließen und die einfachen Konsumenten nicht unnötig kriminalisieren. Hierbei würden gerade in Bayern klare Grenzwerte für die Eigenbedarfregelung helfen und etwas die Willkür bei der Strafverfolgung entschärfen.
Persönlich bin ich der Überzeugung, daß jeder in seinen eigenen 4 Wänden machen kann, was er will, solange niemand geschädigt oder gestört wird. Bei der Drogenproblematik kommt hinzu, daß es nicht durch Drogenkonsum dazu kommen darf, daß die Mitmenschen des Konsumenten für ihn aufkommen müssen. Hier ist vielleicht der einzige Schnittpunkt mit der Onlinespielsucht zu sehen. Denn auch ein exzessiver Computerspieler sollte dadurch nicht die Sozialsysteme belasten.
In dieser kontroversen Problematik wird es leider keinen Königsweg geben, sicherlich läßt sich aber diese Problematik durch klarere und eindeutigere Regelungen deutlich entschärfen.
Mit weiß-blauen Grüßen
Richard Progl
Ich denke, die meisten
Ich denke, die meisten Politiker sind isofern Heuchler, als dass sie ihre eigenen Prinzipien hinter irgendwelchen Aussprüchen stellen, um mächtiger zu werden.
Rein statistisch gesehen, müsste es doch auch einen gewissen Prozentsatz Politiker geben, die Hanf rauchen. Und darunter sind sicher einige, die sich nach aussen als Drogengegner geben.
Genauso gibt es vielleicht Politiker (etwa in Hollands liberaleren Parteien), die zwar mit den Ideen der Partei übereinstimmen, allerdings gegen eine Entkriminalisierung sind – das aber verheimlichen, um gewählt zu werden.
Trotzdem bin ich auch die Antwort gespannt 🙂
Also ich denke mal, Herr
Also ich denke mal, Herr Progl ist ein Heuchler, genau wie einige in der so liberalen FDP oder der sozialen SPD.
Alles nur BlaBla, wenn es darauf ankommt, fahren sie die alten Geschichten auf.
In keinem Fall gebe ich dieser Partei meine Stimme!
also ich hätte in bayern
also ich hätte in bayern lieber die bayernpartei als die csu
ja das könnte ja ein
ja das könnte ja ein zugeständnis sein, bzw eine richtung sein, die aber zu aller erst mal als negativ angesehen wird und auch von anderen parteien keine nervigen fragen a la “wieso sollt ihr legalisieren?” schützt….
ich fühlem ich von frau bätzing irgendwie langsam entmündigt mit ihren “ihr düft das nicht” “das dürfen kinder nicht, aber machen wir es doch mal für alle zum verbot”….
Wenn die Bayernpartei meint,
Wenn die Bayernpartei meint, “dem Drogenschmuggel ist mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu begegnen”, dann steht sie einer Legalisierung vielleicht näher als sie denkt.
Oder könnte es etwa ein wirksameres Mittel gegen den Drogenschmuggel geben, als die Legalisierung von Drogen.
Richard Progl, der
Richard Progl, der stellvertretende Landesvorsitzende der Bayernpartei, hat sich erstaunlich liberal zum diskutierten Verbot von Online-Spielen geäußert. Die Drogenbeauftragte Bätzing kritisierte er massiv für ihre “krankhaften Sucht nach Verboten&qu