Die Legalisierung in den USA wird schneller voranschreiten als erwartet. Dafür sprechen jedenfalls Nachrichten aus vielen Bundesstaaten und Indianerreservaten.
Alaska
Seit Dienstag, den 24. Februar 2015, ist Cannabis in Alaska wieder legal. Zwar wird es noch ungefähr ein Jahr dauern, bis es in Alaska Cannabis-Fachgeschäfte gibt, doch bis dahin sind immerhin schon der Anbau von bis zu sechs Hanfpflanzen sowie der Besitz einer Unze Gras erlaubt. Auch wer Freunden und Bekannten über 21 etwas aus seinem persönlichen Vorrat abgibt oder die Pflanzen des Nachbarn gegen eine Erntebeteiligung pflegt, macht sich ab sofort nicht mehr strafbar. Weiterhin verboten bleibt der Konsum in der Öffentlichkeit und auf bundeseigegem Land. Die Polizei in Anchorage hat bereits angekündigt, das Verbot vehement durchzusetzen, Sündern droht ein Ordnungsgeld von 100 US-Dollar.
Vermont, Rhode Island und Maryland könnten es parlamentarisch regeln
In Vermont hat Senator David Zuckerman einen Gesetzentwurf eingereicht, der vorsieht, Cannabis ähnlich wie in Colorado zu regulieren. Auch “Cannabis Lounges”, die selbst in Colorado nicht legal sind, sollen Zuckermans Entwurf zufolge unter Einhaltung des Jugendschutzes legal agieren können. Da die Verfassung in Vermont keine Volksentscheide vorsieht, muss die Legalisierung hier “von oben” kommen. Gouverneur Shumlin ist ein ausgesprochener Freund eines regulierten Marktes, lässt aber noch offen, ob der Gesetzentwurf von Zuckerman Chancen hat, in naher Zukunft angenommen zu werden. In Vermont gibt es bereits seit geraumer Zeit ein Regierungskomitee zur Umsetzung einer Regulierung von Cannabis, das “Senate Committee on Government Operations”. Deren Vorsitzende, Jeanette White (Demokraten) sagte jüngst gegenüber der Lokalpresse, nachdem sie als Mitglied der Kommission aus Colorado zurückgekehrt war:
“Wir überlegen nicht, ob wir es tun oder nicht tun sollten. Wir schauen, wie es umgesetzt werden sollte.”
Auch eine Studie des international anerkannten RAND-Instituts, die im Auftrag der Regierung von Vermont durchgeführt wurde, bestätigt die Dringlichkeit einer Gesetzesänderung. Doch auch wenn Zuckermanns Entwurf in diesem Jahr nicht angenommen werden sollte, scheint die Regulierung des Cannabismarkts in Vermont nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
In Maryland arbeiten die Demokraten gerade an einem Gesetz, der sich eng an die Washingtoner Initiative 71 anlehnt, die den Status von Cannabis vor wenigen Monaten in der US-Hauptstadt grundlegend änderte. Senator Jamie Raskin (Demokraten) hat gerade einen Gesetzentwurf vorgestellt, der den privaten Besitz von einer Unze und sechs Pflanzen regeln soll. Raskin ist als Senator, Rechtsprofessor der “University of Washington” und Staranwalt ein echtes politisches Schwergewicht im Bundesstaat, der in seiner Funktion als Senator bereits die Gesetze zur gleichgeschlechtlichen Ehe sowie für medizinisches Cannabis in Maryland auf den Weg gebracht hatte. Beobachter erwarten, dass Raskins Entwurf bei der demokratischen Mehrheit in beiden Häusern des Bundesstaates eine gute Chance besitzt. Zwar hat der republikanische Gouverneur Larry Hogan ein Vetorecht, das in Maryland allerdings weniger Wert ist als in anderen US-Bundesstaaten. Denn das Veto könnte wiederum mit einer 60% Mehrheit beider Kammern, über die die Demokraten sowohl in der “General Assembly” als auch im “House of Delegates” verfügen, nichtig gemacht werden.
In Rhode Island, dem kleinsten Bundesstaat der USA, besteht innerhalb der Legislative auch prinzipiell Einigkeit darüber, dass man Cannabis regulieren möchte. Im kleinsten US-Bundesstaat wird in nicht all zu ferner Zukunft eine Gesetzesinitiative von der Regierung erwartet, die der in Vermont ähnlich ist.
In allen vier US-Staaten, die Cannabis bisher legalisiert haben, und in Washington DC wurde die Legalisierung jeweils durch Volksabstimmungen vorangetrieben. Deshalb wäre der erste Staat, der nun auch “von oben” die Legalisierung beschließt, ein weiterer wichtiger Schritt zur Beschleunigung der Entwicklung.
Ohio ist für zwei Abstimmungen bereit
Der Volksentscheid zu medizinischem Cannabis in Ohio wird aller Voraussicht nach noch 2015 angenommen. Doch bei “Responsible Ohio” hat man derweil fast alles für einen Volksentscheid zur vollständigen Legalisierung von Cannabis vorbereitet. Nachdem die erste Version der Initiative der Eigenanbau nicht erwähnt hatte, wurde eine entsprechende Ergänzung, die einen legalen Rahmen von bis zu vier Pflanzen vorsieht, nachträglich eingereicht. Trotzdem müssen die Initiatoren noch ein wenig am Text feilen. Der Generalstaatsanwalt des Landes, der die Eingabe auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft, verlangt Nachbesserung:
– das Papier erwähne nicht, dass Erwachsene Cannabis für den Privatgebrauch auch verschenken dürfen
– Der Entwurf von “Responsible Ohio” lasse offen, wie die zu erwartenden Steuereinnahmen zu verwenden sind
Sobald “Responsible Ohio” nachgebessert hat, ist auch der erste Staat im Mittleren Westen bereit für eine Regulierung. Es wird erwartet, dass das Thema 2016 auf den Wahlzettel kommt.
Jetzt wollen auch die Native Americans
Hatten die Native Americans nach der Ankündigung, sie könnten ab sofort ihre Cannabispolitik selbst bestimmen und straflos medizinischen Cannabis auf Stammesgebiet anbauen, anfangs noch Berührungsängste, zeigen mittlerweile zahlreiche Stämme aus allen Teilen des Landes Interesse an einem solchen Projekt. In Kalifornien hat FoxBarry mehrere Millionen US-Dollar investiert, um auf dem Gelände der Pinoleville Pomo Nation auf fast 10.000m² Cannabis anzubauen. Die Initiatoren des Stammes haben mit United Cannabis und FoxBarry Partner gefunden, die das nötige Kleingeld und das Know-How für die Pläne zur Verfügung stellen. FoxBarry ist auf landwirtschaftliche Projekte in Reservaten spezialisiert und hat eigenen Angaben zufolge bereits 30 Millionen US-Dollar in drei solche Projekte in Kalifornien investiert. Die beiden anderen Projekte lägen im Zeitplan knapp hinter der Pinoville Pomo Nation, sagte ein Sprecher des Unternehmens. United Cannabis ist in Colorado bereits groß ins neue Canna-Business eingestiegen und verfügt bereits über praktische Erfahrungen beim Anbau. Die Indoor-Anbaufläche im Pinoville-Reservat soll 1800 m², die Outdoor-Anbaufläche 8.000 m² groß sein. Geplant ist die Produktion von medizinischen Blüten, Extrakten&Konzentraten, Getränken, Gebäck sowie “Edibles”. United Cannabis erhält für seinen Einsatz aus Colorado 200.000 US-Dollar Lizenzgebühren sowie 15 Prozent der Erlöse aus dem Internetverkauf. In Pinoleville soll es bald losgehen, ferner soll noch ein weiterer Stamm in Kalifornien bereits eine ähnliche Investition vorbereiten. Pinoleville sei mit der Ausarbeitung lediglich 30-45 Tage weiter, sagte ein Sprecher von FoxBarry.
Atemberaubende Geschwindigkeit
Da die Prohibition in den USA gerade in einem Domino-artigen Effekt immer mehr an Boden verliert, ist es nicht leicht, den Überblick über die Entwicklung zu behalten. Neben den bereits erwähnten Staaten wird auch in Kalifornien 2016 die endgültige Re-Legalisierung im bevölkerungsreichsten Bundesstaat per Volksabstimmung erwartet. Hier sind selbst die ranghöchsten Strafverfolger mittlerweile der Meinung, dass der Schritt schon längst überfällig sei. Schließlich ist Gras in Kalifornien bereits seit Jahren “Top-Crop” und der Besitz einer Unze nicht verbotener als falsch zu parken. Neben Ohio und Kalifornien werden gerade für 2016 in Arizona, Arkansas, Georgia, Maine, Massachusetts, Missisippi, Missouri, Montana, Nevada, New Mexico und Wyoming Abstimmungen zur Regulierung von Cannabis vorbereitet. In Florida, Idaho und South Dakota soll es 2016 Volksabstimmungen über legale Medizinalblüten geben. In Washington D.C. sollen die Wähler 2015 erneut an die Urne gerufen werden, um die Gründung einer Cannabis-Agentur gegen den Willen des Kongresses per Volksentscheid durchzusetzen.
“Die rasante Entwicklung in den USA wird die Debatte auch in Deutschland beschleunigen. Je schneller die Legalisierung dort vorangeht, desto eher können wir auch hier die Regulierung des Marktes durchsetzen und von mehr Jugend- und Verbraucherschutz profitieren”,
kommentiert DHV-Geschäftsführer Georg Wurth die Nachrichten aus den USA.
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