Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.
Programm
Das Wahlprogramm der SPD enthält nur einen kurzen, knappen Abschnitt zum Thema Suchtkrankheiten. Darin geben die Sozialdemokraten an, dass deren Bekämpfung einen höheren Stellenwert erhalten müsse, insbesondere konkrete Hilfen für Spielsüchtige aufgrund der Legalisierung von Online-Glücksspielen in Schleswig-Holstein. Das enttäuscht, zumal die Schleswig-Holsteiner SPD in der vergangenen Legislaturperiode zu den ersten Landesverbänden der SPD gehörte, die die Legalisierung von Cannabis offiziell beschlossen hatten.
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Auszug aus dem Wahlprogramm
Themenabschnitt – Solidarische Gesundheitspolitik
“Die Prävention und Bekämpfung von Suchtkrankheiten in allen Generationen (Alkohol, Drogen, Spiel, Internet) muss einen höheren Stellenwert erhalten. Gerade der Spielerschutz verlangt von einer Landesregierung angesichts der Legalisierung der Online-Glücksspiele mehr Verantwortung und konkrete Hilfen für Spielsüchtige. Wir werden einen entsprechenden Plan erarbeiten und umsetzen.”
Antworten auf Wahlprüfsteine
Leider hat die SPD Schleswig-Holstein nicht rechtzeitig auf unsere Wahlprüfsteine geantwortet, sodass wir diese bei unserer Analyse nicht mehr berücksichtigen konnten. Die nachgereichten Antworten könnt ihr hier nachlesen. Bemerkenswert, im negativen Sinne, ist jedenfalls ein klares Nein zum Eigenanbau.
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Frage 1
Die Bundesregierung plant den Cannabismarkt zu regulieren. Dieser Prozess dürfte wegen vieler Details noch etwas dauern. Wie stehen Sie dazu, die Entkriminalisierung im Vorfeld über Anhebung der “Geringen Menge” (§31a BtMG) u. konsequenter Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften voranzubringen?
Antwort
Eine große Schwäche der Cannabis-Politik der letzten Jahrzehnte ist die Kriminalisierung von Konsument*innen gewesen. Denn wir haben festgestellt, dass Verbote und Kriminalisierung den Konsum nicht gesenkt haben, sondern stattdessen hinderlich für eine effektive Suchtprävention und Jugendschutz gewesen sind und gleichzeitig enorme Ressourcen bei Justiz und Polizei gebunden haben.
In Schleswig-Holstein hat die SPD sich bereits in der Küstenkoalition für einen bundeeinheitlichen Rahmen der sogenannten geringen Menge eingesetzt, um für einen ersten Schritt der Entkriminalisierung von Cannabis zu sorgen sowie Justiz und Polizei zu entlasten. Dies ist uns leider auf der Bundesebene nicht gelungen. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen. Den Strafverfolgungsbehörden soll die Möglichkeit eingeräumt werden, auf den Einzelfall flexibel zu reagieren und so möglichst unnötige Strafen und Ermittlungsverfahren zu vermeiden.
Frage 2:
Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Cannabisabgabe, im wissenschaftl. oder öffentl. Interesse, beantragen. Wie stehen Sie zu Modellversuchen für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene, falls ein bundesweit regulierter Cannabismarkt scheitert?
Antwort
Die SPD hat sich schon 2019 im Landtag im Rahmen eines Antrags des SSW für ein Modellprojekt zur kontrollierten Freigabe von Cannabis eingesetzt. Die aktuelle Jamaika-Regierung hatte zwar solche Modellprojekte in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, doch leider ist in diesem Bereich nichts geschehen.
Eine Erprobung der regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene durch Modellprojekte von Ländern und Kommunen wäre sinnvoll. Allerdings sind Anträge von Kommunen auf Modellprojekte in der Vergangenheit stets durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte abgelehnt worden. Der § 3 Absatz 2 des BtMG muss immer im Kontext des
§ 5 Absatz 1 Nummer 6 gesehen werden. Daher waren bisher Modellversuche nicht möglich.
Eine Änderung des BtMG wäre für die Durchführung von Modellversuchen notwendig. Modellversuche sollten immer durch Maßnahmen der Prävention, Beratung und Behandlung im Jugendbereich begleitet werden.
Frage 3
Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?
Antwort
Die größte Gefahr des Cannabiskonsums sind Verunreinigungen. Durch die kommende Legalisierung von Cannabis erhoffen wir uns, dass die Qualität durch den Verkauf in lizenzierten Geschäften gesichert wird. Denn der Schutz der Konsument*innen muss im Vordergrund stehen. Hier helfen mindestens bis zur Legalisierung von Cannabis auch Modelle wie das Drug-Checking. Ansätze wie das Drug-Checking sind in vielen anderen europäischen Ländern schon viel weiter. In Deutschland wird dieses Angebot in der Regel von privaten Initiativen organisiert. Um den Schutz von Konsument*innen zu sichern, werden wir prüfen, wie hier von Seiten der Politik unterstützt werden kann. Gleichzeitig muss jedoch auch der Jugendschutz gewährleistet werden.
Frage 4
Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?
Antwort
Als SPD setzen wir uns für eine Gleichbehandlung für Cannabis- und Alkoholkonsument*innen ein, wenn dieses, fundiert auf wissenschaftlicher Basis durch die Vergleichbarkeit der mit dem Cannabiskonsum verbundenen Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit und deren Wiederherstellung mit der BAK und deren Abbau beim Alkoholkonsum möglich ist. Dennoch werden wir, analog zum Alkohol, weiterhin die Sicherheit im Straßenverkehr und den Schutz von Verkehrsteilnehmer*innen höher bewerten. Dies tun wir auch im Interesse der Konsument*innen.
Frage 5
Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?
Antwort
Uns ist über eine generelle Meldepraxis in Schleswig-Holstein nichts bekannt. Sofern dieses in Einzelfällen aufgrund einer Ermessensentscheidung von Polizei und Staatsanwaltschaft erfolgt, entspricht dieses Vorgehen den gesetzlichen Vorschriften.
Frage 6
Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)
Antwort
Im Bereich Sucht haben wir uns auf die Glücksspielrisiken in der Legislaturperiode konzentriert. Darüber hinaus haben wir uns regelmäßig mit der Landesstelle für Suchtfragen ausgetauscht. Wir sind aber an einem Modellversuch für den Gebrauch von Cannabis interessiert. Wir begrüßen, dass in der Gesundheitsversorgung Cannabis-Produkte eingesetzt werden und Erfolge durchaus sichtbar sind. Wir warten darauf, dass wir unser Vorhaben einer modellhaften Legalisierung von Cannabis näher treten können.
Frage 7
Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Antwort
Wie Alkohol ist auch Cannabis eine gesellschaftliche Realität, mit der wir einen adäquaten politischen Umgang finden müssen. Verbote und Kriminalisierung haben den Konsum nicht gesenkt, sie stehen einer effektiven Suchtprävention und Jugendschutz entgegen und binden enorme Ressourcen bei Justiz und Polizei. Eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene soll in Modellprojekten von Ländern und Kommunen erprobt werden können, begleitet durch Maßnahmen der Prävention, Beratung und Behandlung im Jugendbereich. Zudem werden wir bundeseinheitlich regeln, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis strafrechtlich nicht mehr verfolgt wird.
Frage 8
Befürworten Sie die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wie von der Bundesregierung geplant und würden dementsprechend eine Ja-Stimme Ihres Bundeslandes im Bundesrat befürworten? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?
Antwort
Unsere Partei setzt sich schon seit längeren für die Entkriminalisierung von Cannabis ein. Für uns steht der wirksame Gesundheitsschutz für Konsument*innen, die Stärkung von Beratung und Prävention, bestmöglicher Kinder- und Jugendschutz, Kriminalitätsbekämpfung und Rechtssicherheit im Vordergrund einer neuauszurichtenden Drogenpolitik. Dementsprechend werden wir der geplanten Cannabis-Legalisierung der SPD-geführten Ampelkoalition zustimmen. Doch wir sind der Auffassung, dass der Verkauf von Cannabis in lizensierten Verkaufsstätten erfolgen sollte. Daher lehnen wir eine Legalisierung des privaten Eigenanbaus ab.
Die Nutzung von Cannabis für medizinische Zwecke muss verstärkt erforscht und für eine wirksame und sinnvolle Behandlung besser genutzt werden.
Bisherige parlamentarische Aktivität
Die SPD war in der vergangenen Legislaturperiode als Teil der Opposition im Landtag, hat aber leider keinerlei drogenpolitischen Anträge eingebracht.
Die SPD in Schleswig-Holstein hat sich leider kaum mit dem Thema Drogenpolitik befasst. Auf parlamentarischer Ebene wurden keinerlei drogenpolitische Initiativen eingebracht. Auch das Wahlprogramm enttäuscht. Der Begriff “Drogen” wird ausschließlich im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Suchterkrankungen genannt, die nach Ansicht der Sozialdemokraten einen höheren Stellenwert haben müsse, dies insbesondere vor dem Hintergrund der Legalisierung von Online-Glücksspielen. Konkrete Umsetzungsvorschläge werden im Programm allerdings nicht ausgeführt. Auf allgemeinen Drogengebrauch und Konsum oder die zahlreichen Probleme durch die bestehende Prohibition wird überhaupt nicht eingegangen. Leider hat die SPD Schleswig-Holstein nicht rechtzeitig auf unsere Wahlprüfsteine geantwortet, sodass wir diese bei unserer Analyse nicht mehr berücksichtigen konnten. Die nachgereichten Antworten sind bei den Wahlprüfsteinen hinterlegt. Bemerkenswert, im negativen Sinne, ist jedenfalls ein klares Nein zum Eigenanbau.