

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme und Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.


Programm
Die Hamburger SPD will sowohl den Konsum legaler wie illegaler Drogen reduzieren und dies mit “Prävention und Repression” erreichen. Als Ziel gibt man die Abstinenz von Drogen aus. Nur wenn es bei “einzelnen Menschen nicht gelingt, sie von den Drogen wegzubekommen”, will die Sozialdemokraten Hilfestellungen geben, um gesundheitliche Schädigungen zu vermeiden. Für diese Gruppe soll es auch Einrichtungen wie Drogenkonsumräume geben. Bei Cannabis will die SPD eine “restriktive Anwendung der neuen gesetzlichen Regelungen” fahren und durch hohe “Bußgelder, eine strikte Genehmigungspraxis und die Kontrolle von Anbauvereinigungen” durchsetzen. Durch “Kleinräumige Evaluationen” will die SPD schnell reagieren, “wenn junge Menschen durch die Legalisierung von Cannabis eine negative Entwicklung nehmen”. Ansonsten gibt es noch klassische “Law and Order” Ansätze zur Bekämpfung des Drogenhandels rund um den Hamburger Hafen. Einziger (!) Lichtpunkt im Wahlprogramm der SPD ist die Ankündigung, das bisher nicht existente Drug-Checking in der Stadt auszubauen.
Auszug aus dem Wahlprogramm:
“Drogen und Sucht
Unsere Leitlinie ist: Wir reduzieren den Konsum legaler wie illegaler Drogen (Prävention und Repression). Den Handel mit illegalen Drogen bekämpfen wir konsequent. In einer Großstadt wie Hamburg geht es darum, dass Drogenpolitik stadtverträglich ist: Die öffentliche Sicherheit und Ordnung werden gewahrt und gleichzeitig Sozialarbeit als Hilfe für erkrankte Menschen verstärkt.
Neben der Wirkung der jeweiligen Substanz können die Begleitbedingungen des illegalen Marktes für Drogen oder bestimmte Konsummuster zusätzliche Risiken bedingen. Wenn es bei einzelnen Menschen nicht gelingt, sie von den Drogen wegzubekommen, dann müssen wir mindestens ihr Überleben sicherstellen bzw. zusätzliche gesundheitliche Schädigungen vermeiden. Für die Zielgruppe suchtkranker Menschen in prekären Lebenslagen hält Hamburg deshalb niedrigschwellige Einrichtungen mit integrierten Drogenkonsumräumen vor, in denen unter hygienischen Bedingungen konsumiert werden kann. Darüber hinaus halten wir ein gut ausgebautes Hilfesystem vor, das bei Ausstieg und Therapie zur Verfügung steht.
Beim Cannabis stehen wir für eine restriktive Anwendung der neuen gesetzlichen Regelungen: Hohe Bußgelder, eine strikte Genehmigungspraxis und die Kontrolle von Anbauvereinigungen. Dem Kinder- und Jugendschutz im Bereich des Cannabis-Konsums gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Wir stellen in Hamburg eine regional ausgerichtete und niedrigschwellige Suchtberatung sicher und intensivieren die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Suchtprävention. Kleinräumige Evaluationen sichern ergänzend ab, dass die Stadt es unmittelbar erfährt, wenn junge Menschen durch die Legalisierung von Cannabis eine negative Entwicklung nehmen. Wir treten für konsequenten Nichtraucher*innenschutz im öffentlichen Raum wie auf Spielplätzen ein. Beratungsangebote bei Essstörungen sollen auch für Männer zugänglich sein. Das Angebot eines Drug-Checkings, das Überdosierungen verhindern und Konsumkompetenz fördern kann, bauen wir aus.” S. 69 f
“Kampf gegen Organisierte Kriminalität
Die Bekämpfung der schweren und organisierten Kriminalität ist für Hamburg von elementarer Wichtigkeit. Wie alle großen Nordseehäfen wird auch Hamburg von internationalen Netzwerken für illegale Drogeneinfuhren genutzt. Dem stellen wir uns mit aller Kraft entgegen, denn diese Aktivitäten stellen auch eine Gefahr für unseren sozialen Zusammenhalt und die Sicherheit in unserer Stadt dar. In der „Allianz sicherer Hafen Hamburg“ haben wir die Kräfte von Polizei, Zoll, Bundes- und Landesbehörden und Hafenwirtschaft gebündelt und die Sicherheitsstandards im Hafen erhöht.
Mit dem Hafensicherheitszentrum haben wir eine schlagkräftige gemeinsame Organisation von LKA, Wasserschutzpolizei, Zoll und Hamburg Port Authority (HPA) geschaffen, mit der wir gefährliche Strukturen der Drogenkriminalität zerschlagen. Wir werden nicht nachlassen und den Ermittlungsdruck weiter erhöhen, in Sicherheitstechnik investieren und gemeinsam mit unseren Partnern in Rotterdam und Antwerpen die Entwicklung europaweiter Standards in der Hafensicherheit vorantreiben. Mit dem Zoll arbeiten wir daran, dass mehr Sicherheitstechnik in Hamburg eingesetzt wird, um illegale Einfuhren zu erkennen und sicherstellen zu können.
Wir werden Geldwäsche noch stärker bekämpfen und aus Kriminalität entstandene Vermögenswerte wirksam einziehen. Wir werden auch in Zukunft alles dafür tun, dass sich kriminelle Clanstrukturen in unserer Stadt gar nicht erst etablieren können.” S. 55


Antworten auf Wahlprüfsteine
Die Antworten der Hamburger SPD offenbaren, dass man mit dem neuen Cannabisgesetz fremdelt. Es wird keine direkte Ablehnung des CanG geäußert, aber die Sozialdemokraten sehen neue Risiken und möchten das Gesetz restriktiv auslegen. Auch Modellprojekte zur Abgabe sind nicht geplant. Ein Drug-Checking-Projekt sieht die SPD hingegen positiv und verweist auf Haushaltsmittel für stationäres Drug-Checking in 2025 und 2026.
Die Erhöhung des THC-Grenzwertes im Straßenverkehr auf 3,5 ng/ml sieht man kritisch. In Bezug auf die Einführung von Speicheltests antwortet die SPD, dass erst “kürzlich ein urinbasierter THC-Einzeltest eingeführt [wurde], um den neuen gesetzlichen Vorgaben und Grenzwerten gerecht zu werden”. Wie dies mit einem Urintest, der Abbauprodukte nachweist, möglich sein soll, ist rätselhaft. Zeitgleich seien Speicheltests in der Erprobung und letztendlich würde man den besten Test nutzen.
Unsere Frage zur Legalisierung beantwortet die SPD, indem auf fehlende Zuständigkeit verwiesen wird und beabsichtigt, „keine Initiativen auf Bundesebene” dazu einzubringen. Glauben wir sofort!
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Frage Nr. 1
Wie beurteilen Sie das von der Ampel-Regierung umgesetzte Cannabisgesetz, nach dem nun der legale Besitz und Eigenanbau von Cannabis sowie Anbauvereine möglich sind?
Mit dem Cannabisgesetz, mit dem der Besitz kleiner Mengen und der Eigenanbau von Cannabis sowie Anbauvereine legal gemacht wurden, hat die Bundesregierung den Einstieg in eine neue Drogenpolitik vollzogen, die dem Gesundheits- und
Jugendschutz, der Entstigmatisierung, Suchtprävention und Unterstützung für Menschen mit Suchtproblemen sowie Bekämpfung des Schwarzmarktes dienen soll.
Aus Hamburger Sicht ergeben sich damit neue Risiken, denen wir durch noch bessere Präventionsarbeit, insbesondere für Kinder und Jugendliche, begegnen müssen.
Frage Nr. 2
Die gesetzlichen Regelungen zur Entkriminalisierung von Cannabiskonsum und Anbauvereinen werden je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausgelegt (Bußgeldkatalog, Konsumverbote auf Volksfesten, Genehmigung und Kontrolle von Anbauvereinigungen). Wollen Sie diese Ermessensspielräume eher für liberale oder eher für restriktive Regelungen nutzen?
Beim Cannabis stehen wir für eine restriktive Anwendung der neuen gesetzlichen Regelungen. Dem Kinder- und Jugendschutz im Bereich des Cannabis-Konsums gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Wir stellen in Hamburg eine regional ausgerichtete und niedrigschwellige Suchtberatung sicher und intensivieren die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Suchtprävention. Kleinräumige Evaluationen sichern ergänzend ab, dass die Stadt es unmittelbar erfährt, wenn junge Menschen durch die Legalisierung von Cannabis eine negative Entwicklung nehmen.
Frage Nr. 3
In einem weiteren Schritt ist geplant, kommunale, wissenschaftliche Modellprojekte zuzulassen, die die Auswirkungen eines komplett regulierten Cannabismarktes vom Anbau bis zum Verkauf in Fachgeschäften erforschen sollen. Wie stehen Sie zu solchen Modellprojekten in Ihrem Bundesland?
Der Senat plant derzeit keine Beteiligung an Projekten in diesem Zusammenhang.
Frage Nr. 4
2023 wurde die gesetzliche Grundlage für wissenschaftliche Modellprojekte geschaffen, in denen die Auswirkungen von Substanzanalysen illegaler Drogen (Drug Checking) erforscht werden sollen. Befürworten Sie dies in Ihrem Bundesland? Würden Sie ggf. solche Projekte aus Landesmitteln fördern?
Wir befürworten dies und haben mit unserem Haushaltsantrag (Drs. 22/17219) jeweils 172.000 Euro für die Jahre 2025 und 2026 für die Zurverfügungstellung von stationären Drug-Checking Angeboten bereitgestellt.
Frage Nr. 5
Wie stehen Sie zur flächendeckenden Einführung von THC-Speicheltests anstelle von Urintests bei Verkehrskontrollen? Sehen Sie wegen des CanG und des neuen THC-Grenzwertes einen Bedarf für mehr Verkehrskontrollen?
In Hamburg wurde kürzlich ein urinbasierter THC-Einzeltest eingeführt, um den neuen gesetzlichen Vorgaben und Grenzwerten gerecht zu werden. Derzeit sind speichelbasierte Testverfahren in der Polizei in der Erprobung. Eine Evaluation
bzw. valide Ergebnisse stehen noch aus. Hiernach würden wir uns für die besser geeignete Testung aussprechen.
Die Erhöhung der Verkehrssicherheit und die Reduzierung schwerer oder tödlicher Unfallfolgen ist unser stetiges und erklärtes Ziel. Da mit dem Konsum von Cannabis Einschränkungen der Verkehrstüchtigkeit einhergehen, die nicht selten unfallursächlich sind, wird die Erhöhung des THC-Grenzwertes auf 3,5 ng/ml weiterhin sehr kritisch gesehen. Die Kontrolle und Ahndung solcher Verstöße erfolgt im Rahmen des bisherigen Umfangs an Verkehrskontrollen.
Frage Nr. 6
Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)
Vorab: Mit der Drucksachennummer (nachfolgend Drs.) sind die einzelnen Vorhaben in der digitalen Parlamentsdokumentation (https://www.buergerschaft-hh.de/parldok) zu finden; wir haben die Drucksachen jeweils mit dem dazugehörigen Link hinterlegt.
Im Rahmen unserer Haushaltsanträge setzen wir im Rahmen unserer Gesundheits- und Sozialpolitik einen Schwerpunkt auf die Drogenpolitik. So wurde in den Haushaltsberatungen 2021/2022 ein Projekt für junge Konsument:innen illegaler Drogen nach dem Muster „Hilfe statt Strafe“ und als Beitrag zur Entkriminalisierung
der Konsument:innen finanziell gestärkt (Drs. 22/4404 und 22/8826).
Das Hilfesystem für Konsument:innen und suchtkranke Gebraucher illegaler Drogen wurde in der Pandemie durch eine Reihe von Anträgen unterstützt, die das ABRIGADO in Harburg (Drs. 22/4403), das Drob Inn in der Innenstadt (Drs. 22/3719) und das Stay Alive in Altona (Drs. 22/4443) betrafen und diese
Einrichtungen finanziell unterstützen. Mit unserem Haushaltsantrag für die Jahre 2025 und 2025 (Drs. 22/17219) haben wir das „Malteser Nordlicht“ als festen Bestandteil des Hamburger Suchthilfesystem und die Maßnahme „Bus-PARK-IN“
unterstützt.
Weitere Maßnahmen finden Sie nachfolgend:
- 22/3719 Verstetigung der Substitutionsambulanz des Drob Inn in St. Georg aus dem Jahr 2021
- 22/14449 Schwerpunktaktion am Drob Inn und rund um den Hauptbahnhof:
Zugänge zum Regelsystem finden, Hilfen organisieren und Drogen- und Suchthilfesystem stärken - 22/14614 Antrag zur Einführung eines Drogenscreening des Hamburger Abwassers
- 22/16505 Große Anfrage Das Hamburger Netzwerk der Beratung, Behandlung und Prävention von Genuss- und Rauschmitteln sowie nicht stoffgebundenen Süchten
Frage Nr. 7
Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Unsere Leitlinie ist: Wir reduzieren den Konsum legaler wie illegaler Drogen (Prävention und Repression). Den Handel mit illegalen Drogen bekämpfen wir konsequent.
In einer Großstadt wie Hamburg geht es darum, dass Drogenpolitik stadtverträglich ist: Die öffentliche Sicherheit und Ordnung werden gewahrt und gleichzeitig Sozialarbeit als Hilfe für erkrankte Menschen verstärkt.
Neben der Wirkung der jeweiligen Substanz können die Begleitbedingungen des illegalen Marktes für Drogen oder bestimmte Konsummuster zusätzliche Risiken bedingen. Wenn es bei einzelnen Menschen nicht gelingt, sie von den Drogen
wegzubekommen, dann müssen wir mindestens ihr Überleben sicherstellen bzw.
zusätzliche gesundheitliche Schädigungen vermeiden.
Für die Zielgruppe suchtkranker Menschen in prekären Lebenslagen hält Hamburg deshalb niedrigschwellige Einrichtungen mit integrierten Drogenkonsumräumen vor,
in denen unter hygienischen Bedingungen konsumiert werden kann. Darüber hinaus halten wir ein gut ausgebautes Hilfesystem vor, das bei Ausstieg und Therapie zur Verfügung steht.
Hilfen für obdach- und wohnungslose Menschen sollen gezielt zur Überwindung von individuellen Problemlagen beitragen. Schutzräume für suchtkranke und obdachlose Menschen bieten die Möglichkeit körperlicher Hygiene und sozialer Kontakte, ein sicheres Umfeld sowie Zugang zu Beratungsangeboten.
Wir entwickeln die Straßensozialarbeit und Suchthilfe weiter und passen sie aktuellen Herausforderungen an. Maßgeblich für städtische Zuwendungen ist, dass diese den betroffenen Menschen in ihrer Lage wirksam helfen und ihre Not spürbar
lindern können. Wir setzen auf Allparteilichkeit, Stadtverträglichkeit und die Zusammenarbeit mit Trägern.
Wir treten für konsequenten Nichtraucher*innenschutz im öffentlichen Raum wie auf Spielplätzen ein.
Frage Nr. 8
Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes mit Fachgeschäften wie z.B. in Kanada?
Dies liegt nicht in der Zuständigkeit der Freien und Hansestadt Hamburg und wir beabsichtigen in dieser Hinsicht auch keine Initiativen auf Bundesebene.


Bisherige parlamentarische Aktivität
n Bezug auf die parlamentarischen Aktivitäten verweist die SPD auf viele Haushaltsanträge, zur Steigerung der Mittel in Suchthilfeeinrichtungen, die sie gemeinsam mit den Grünen eingebracht haben. Außerdem erwähnt sie ein bürgerschaftliches Ersuchen “nach dem Muster „Hilfe statt Strafe“ und als Beitrag zur Entkriminalisierung”. Es handelt sich dabei um die bekannten Fred-Kurse für jugendliche Erstauffällige. Dies als Beitrag zur Entkriminalisierung zu verkaufen, ist sportlich.
Ebenfalls interessant ist ein Antrag zur Einführungs eines Abwassermonitorings in Hamburg. Im Begründungstext wird noch die Realität des Konsums legaler und illegaler Drogen festgestellt, um anschließend aber nur illegale Drogen für das Monitoring vorzuschlagen. Zudem erwähnenswert ist, dass der Hamburger Senat vor allem in Form von SPD-Innensenator Grote einer der schärfsten Gegner des CanG im Bundesrat war und sich die SPD nur aufgrund des Koalitionsvertrags mit den Grünen bei der Abstimmung zum CanG enthielt. Der SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher selbst hielt das Gesetz für einen folgenschweren Fehler.


Die Hamburger SPD nimmt eine drogenpolitische Position ein, wie man sie normalerweise eher von der CDU gewohnt ist. Das CanG soll möglichst restriktiv ausgelegt werden, Modellprojekte will man nicht und für die Legalisierung möchte man sich auch nicht einsetzen. Dass es keine offene Ablehnung des CanG von den Hamburger Sozialdemokraten gibt, dürfte allein der Parteilinie geschuldet sein. Ansonsten wird eine abstinenzorientierte Drogenpolitik gefahren und auf “Law and Order” gesetzt. Einzig die Position zu Drug-Checking ist ein Lichtblick. Als Hanffreund sollte man die Hamburger SPD nicht wählen!