Nützliches Cannabis

Mit der Eröffnung des ersten Hanflabyrinths in Berlin stieg im Frühsommer des Jahres 2009 das Interesse der Medien am Thema “Nutzhanf”. Das TV.Berlin-Frühcafé bat daraufhin Steffen Geyer (DHV), zu erklären, was es mit “nützlichem Cannabis” auf sich hat und warum er sich für die Legaliserung der Pflanze einsetzt.

Nützliches Cannabis – Interview im Frühcafe von TV.Berlin

Sarah Maria Breuer: Vier Hektar Hanf – Was da in der Späthstraße wächst, lässt Kifferherzen höher schlagen.

Aber mal im Ernst liebe Zuschauer, das Gras ist natürlich nicht zum Rauchen da. Es handelt sich um Nutzhanf. Bis Oktober kann man das Hanflabyrinth in Treptow besuchen.

Bei mir zu Gast ist Steffen Geyer vom Deutschen Hanfverband. Einen schönen guten Morgen Steffen.

Steffen Geyer: Guten Morgen!

Sarah Maria Breuer: Du hast ja direkt mit dem Hanflabyrinth nichts zu tun, bist aber Hanfexperte und setzt Dich so ein bisschen dafür ein, dass der Ruf der Pflanze anders wird.

Steffen Geyer: Richtig. Ich versuch’ durch Information und Aufklärungsarbeit das Image der Pflanze Cannabis zu verändern, so wie das noch vor 100 Jahren war, eher in die Richtung Legalität zu bewegen.

Sarah Maria Breuer: Warum?

Steffen Geyer: Weil ich das Gefühl habe, dass das Verbot von Hanf, ausschließlich wegen der Rauschwirkung – egal wie man die einschätzt – der Pflanze nicht gerecht wird.

Das ist eine sehr vielseitige Nutzpflanze, die die Menschen schon seit 10.000 Jahren begleitet.
Und ein Verbot, das seit 50 Jahren besteht, nicht mehr zu diskutieren und die ganze Nutzhanfanwendung und Medizinalhanfanwendung auszuklammern und zu verbieten, das konnte ich noch nie nachvollziehen und dagegen wehre ich mich.

Sarah Maria Breuer: Du hast ein Buch geschrieben “Rauschzeichen – Cannabis: Alles was man wissen muss”. Was listest Du denn nun in diesem Buch auf? Was Cannabis noch für Wirkungen hat bzw. wozu Cannabis noch benutzt wird.

Steffen Geyer: Das Buch ist wirklich ein Rundumschlag. Wenn man sich vorher noch nie mit der Pflanze beschäftigt hat, dann ist das das eine Buch, was man lesen muss.

Das geht los mit der Geschichte der Nutzpflanze Cannabis. Was die Leute da im alten China mit gemacht haben, wie die Griechen sich vom Hanf haben beeinflussen lassen.
Man erfährt zum Beispiel auch, dass Christoph Columbus Amerika ohne Hanf nie entdeckt hätte, weil die Segel und Seile seiner Schiffe aus Hanf waren und die Schiffe mit Hanf abgedichtet wurden.

Dann gibt es ‘nen großen Teil, der sich mit der Wirkung der Droge beschäftigt, insbesondere:
Wie kiffen Kinder? Wann kiffen Kinder? Was kann ich als Eltern oder Angehörige tun, um zu erkennen, ob mein Kind Cannabis konsumiert? Welchen Konsum kann man noch tolerieren? An wen kann ich mich wenden, wenn ich Hilfe brauche?

Und zum Ende hin kommt dann die politische Diskussion um die Pflanze:
Wie kam es dazu, dass Cannabis verboten wurde? Wie sieht der wissenschaftliche Stand aus? Ist das Verbot aus ‘nem wissenschaftlichen Gesichtspunkt her zu rechtfertigen?

Und was kann man tun? Welchen Einfluss haben die Medien und die Bürger um das Verbot hin zu ändern zu ‘ner drogenmündigen Gesellschaft.

Sarah Maria Breuer: Stichwort Verbot – Ich habe es gerade erwähnt, es gibt dieses vier Hektar Hanflabyrinth in Treptow. Ist das denn jetzt legal?

Steffen Geyer: Das ist legal, weil es eine landwirtschaftliche Fläche ist und diese Fläche von einem ganz normalen Bauern bewirtschaftet wird. Und dieser Bauer hat in der Uckermark noch andere Hanffelder und der kriegt Genehmigungen für diese Fläche.

Ich persönlich würde die Genehmigung nicht erhalten.

Sarah Maria Breuer: Warum würdest Du das nicht?

Steffen Geyer: Die Genehmigung darf nur kriegen, wer ein Unternehmen der Landwirtschaft im Sinne eines ganz komplizierten Paragraphen hat. Und das habe ich nicht. Ich bin ein ganz normaler Berliner.

Sarah Maria Breuer: Für wen ist jetzt dieses Hanflabyrinth in Treptow gedacht? Man kann sich da ja auch mal verirren.

Steffen Geyer: Prinzipiell ist es nicht für die Menschen gedacht, sondern für die Baumschule.
Die benutzen den Boden sehr extensiv und ziehen da viele Nährstoffe raus und verfestigen den. Deshalb muss man da alle paar Jahre die Fläche wieder renaturieren.

Und normalerweise macht man das, indem man die dann zehn Jahre brach liegen lässt, damit der Boden sich erholt.
Aber der Hanf ist ‘ne Pflanze, die das schneller hinkriegt. Und so können wir die Fläche in zwei drei Jahren der Baumschule wieder zur normalen Nutzung übergeben.

Sarah Maria Breuer: Wie reagieren denn eigentlich die Leute und die Gesellschaft auf Dein Plädoyer hin, die Pflanze Hanf zu legalisieren?

Steffen Geyer: Also es gibt schon einen gewissen Anteil, der das Thema gar nicht diskutieren möchte.

Aber in aller Regel merke ich, dass die Leute da ‘nen großen Hunger nach Informationen haben, weil sie sehr wohl merken, dass die staatliche “Aufklärungsarbeit” da sehr einseitig die negativen Aspekte betont.

Sarah Maria Breuer: Wie kommst Du dazu, Dich so sehr mit dieser Pflanze zu beschäftigen? Was fasziniert Dich daran? Hast Du Deine ganze Jugend lang gekifft?

Steffen Geyer: *lacht* Das unterstellt man mir immer – Ich sei den ganze Tag nur breit – aber tatsächlich bin ich nicht häufiger berauscht, als der normale Wein- oder Biertrinker.
Und der fängt ja auch nicht Frühs damit an.

Sarah Maria Breuer: Wollen wir Dir das mal glauben… *lacht*

Steffen Geyer: Warum sollte man ausgerechnet mir das nicht glauben? Ich glaube Dir ja auch, dass du im Moment nüchtern bist.

Sarah Maria Breuer: Ja, das bin ich. Ist ja noch früh am Morgen.

Steffen Geyer: Und wir trinken Wasser – nich’mal Kaffee.

Sarah Maria Breuer: Absolut. Mal im Ernst… Du verstehst Dich ja auch so bisschen als Berater, hast Du vorhin erzählt. Du berätst auch Eltern, die vielleicht Sorge um ihre Kinder haben.

Was kann man denn sagen, bis zu welchem Konsum ist es noch vertretbar?

Steffen Geyer: Das ist sehr altersabhängig. Ich rate prinzipiell von ‘nem Konsum jünger als 16 Jahre ab.

Sarah Maria Breuer: Warum?

Steffen Geyer: Weil es nachgewiesen Einfluss auf die Entwicklung des Geistes hat.

Also in der Altersphase ist das Gehirn noch nicht vollständig verdrahtet sozusagen. Und wenn man in dem Alter schon Rauschmittel zuführt, egal ob das Nikotin ist oder Alkohol oder Cannabis, dann entstehen bestimmte Verdrahtungen nicht, die man vielleicht später noch braucht.

Wir wissen zu wenig darüber, wie das Gehirn funktioniert, als dass wir das ausschließen können.

Und Leute die Erwachsen sind, älter als 18, da ist es im Prinzip unproblematisch, wenn man nicht mehr als 0,5 Gramm pro Tag konsumiert.

Es entwickeln ja sehr wenige Leute Probleme, die nach Feierabend ein Bier trinken. Aber man entwickelt sehr wohl ein Problem, wenn man jeden Tag einen Kasten Bier trinkt.

Sarah Maria Breuer: Jetzt wollen wir noch auf ein rauschendes Fest aufmerksam machen. Und zwar am ersten August ist die Hanfparade, die 13. hier in Berlin. Was ist das denn?

Steffen Geyer: Die Hanfparade ist die größte Demonstration für die Legalisierung von Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel. Die gibt’s schon seit 1997.
Und das ist letztendlich ‘ne bundesweite Demonstration, so wie man in Berlin ja viele Demonstrationen hat. Aber Ihresgleichen gibt es in Deutschland sonst nicht.

Sarah Maria Breuer: Aber Steffen, ich muss Dir noch eine Frage stellen. Machst Du Dir keine Sorgen darüber, wenn Hanf wirklich legalisiert wird, dass dann der Konsum auch zunimmt und dass dann vielleicht auch in falsche Hände gerät?

Steffen Geyer: Das wäre nur so, wenn wir sagen könnten, dass Verbot funktioniert. Aber tatsächlich ist es ja so, dass Cannabis an jeder Straßenecke haben ist.

Wir haben jetzt erst am Wochenende ‘nen riesen Polizeieinsatz in der Hasenheide gehabt. Das führt aber nicht dazu, dass die Hasenheide jetzt cannabisfrei wäre. Sondern da standen dann am nächsten Tag schon wieder die gleichen Dealer am Besten und haben weiter verkauft.

Das Verbot hat nicht dazu geführt, dass Cannabis verschwunden ist. Deshalb würde ‘ne Legalisierung auch nicht dazu führen, dass auf einmal viel mehr Leute kiffen.

Wer Kiffen will, tut das heute auch. Der lässt sich vom Verbot nicht beeindrucken!

Sarah Maria Breuer: Gute Argumente hat der Mann! Steffen Geyer, vielen Dank für Deinen Besuch Heute Morgen.

Und liebe Zuschauer, wenn Sie sich interessieren für Hanf und mehr darüber wissen möchten, dann kaufen Sie sich einfach das Buch von Steffen Geyer mit dem Titel “Rauschzeichen – Cannabis: Alles was man wissen muss”.

Vielen Dank!

zitiert nach “Nützliches Cannabis – Interview mit TV.Berlin”