Vice war natürlich auch beim Amtsgericht Bernau und berichtet über die Gerichtsverhandlungen von Richter Müller und die Justizoffensive des DHV.
Die Verteidigerin sieht es. Sie plädiert darauf, das Verfahren auszusetzen und das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Dabei bezieht sie sich auf Artikel 100 des Grundgesetzes. Nach diesem kann ein Gericht, wenn es ein Gesetz, nach dem es sich richten müsste, für verfassungswidrig hält, die Unterstützung vom Bundesverfassungsgerichts einholen. Dazu überreicht sie Richter Müller einen Stapel Papier, auf dem vorne ein Cannabisblatt abgebildet ist: die Richtervorlage des Deutschen Hanfverbandes.
Der Deutsche Hanfverband hat von einem Juristen und einer Juristin einen hundertseitigen sogenannten Normenkontrollantrag verfassen lassen. Darin wird ausgeführt, warum das Cannabisverbot der Verfassung widerspricht.
In der “Justizoffensive 2019” ruft der Verband Anwälte, Angeklagte und Richterinnen dazu auf, das Papier zu nutzen, um mit den eigenen Verfahren das Bundesverfassungsgericht anzurufen oder sich damit durch die Instanzen zu kämpfen.
Henriette Scharnhorst, eine der beiden Rechtsanwältinnen, die die Mustervorlage verfasst haben, sagt zu VICE: “Neben weiteren Argumenten ist aus meiner Sicht entscheidend, dass die staatliche Prohibition und die daran anknüpfende Strafverfolgung offensichtlich ungeeignet sind, den ihr zugeschriebenen Zweck – unter anderem die Regulierung des Drogenmarktes und Schutz der Konsumentinnen – zu erfüllen.” Die derzeitige Verbotspolitik habe vor allem negative Auswirkungen: “Zum Beispiel die primäre und sekundäre Kriminalisierung der Konsumentinnen, keine wirksamen staatlichen Kontrollmechanismen im Hinblick auf Herstellung, Qualität und Verfügbarkeit der Substanz, enorme Kosten der Strafverfolgung sowie Bindung personeller und materieller Ressourcen bei den Strafverfolgungsbehörden.”
Weitere Gründe für die Verfassungswidrigkeit führt der Hanfverband auf seiner Homepage aus: Statt Strafen, wäre Aufklärungsarbeit sinnvoller. Es sei unverhältnismäßig, jemanden zu bestrafen, der mit dem eigenen Konsum niemandem schadet außer im Zweifel sich selbst.