„Entweder Taktik oder Dilettantismus“: Berlin lässt Cannabisclubs auf ihre Plantagen warten

Der Tagesspiegel sprach mit mehreren Experten über die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Anbauvereinigungen in der Bundeshauptstadt, so auch mit Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband.

„Dahinter steckt entweder Taktik oder Dilettantismus“, meint Georg Wurth, Chef der Lobbyvereinigung Deutscher Hanfverband (DHV) und Cannabis-Sachverständiger in Bundestag und Senat, mit Blick auf die fehlende Umsetzung. An zu wenig Vorbereitungszeit könne es nicht gelegen haben. Ursprünglich sollte das Gesetz bereits im Januar starten. Fast alle Bundesländer hätten die Zeit genutzt und die zuständige Behörde festgelegt. In Berlin werde die Verantwortung nun als Notlösung zunächst den Bezirken zugeschoben.

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Doch „die Entscheidung darüber, ob eine gemeinsame Adresse für mehrere Anbaugemeinschaften zulässig ist (Clustering), hat man den Ländern überlassen“, sagt Georg Wurth. Berlin habe sich noch nicht geäußert. Klar sei, dass ein Verein nicht in den Räumlichkeiten eines anderen anbauen darf.

Weil den Clubs auferlegt wird, ihren Anbau selbst zu organisieren, müssen Ehrenamtliche „eine kleine industrielle Anlage aufbauen und betreiben“, sagt Georg Wurth. Daran sei vieles Ingenieursarbeit. „Es wird auch nur funktionieren, wenn der ein oder andere sein Hobby zum Beruf machen kann.“

Auch die Finanzierung einer Anlage mit hohen Anfangsinvestitionen sei unklar. „Viele Vereine werden deshalb nicht starten können.“ Für Wurth wäre es naheliegend gewesen, „Unternehmen dazwischenzuschalten, die voll eingerichtete Anbauanlagen vermieten. Der Anbau selbst bliebe weiterhin in Hand der Vereine.“ Doch das ist im Gesetz nicht vorgesehen. Alle Bereiche müssen wirtschaftlich voneinander getrennt sein.

Es sind Fragen, die sich auch Konsumenten stellen, die einem Club beitreten möchten. Die Situation ist unübersichtlich: „Überall auf Google findet man CSC-Ketten, die deutschlandweit operieren“, sagt Georg Wurth. Der Hanfaktivist rät den Clubs zur Transparenz bei einer Reihe von Punkten, die man auch als Interessierter vor einem Beitritt prüfen sollte: Ist das Konzept genehmigungsfähig, ist es ein Franchise-System, wie sieht die Finanzierung aus? Müssen die Mitglieder im Anbau helfen, wer soll managen, wer sind die handelnden Personen im Vorstand und wie hoch soll am Ende der Preis für das Cannabis werden?

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In diesem Fall werde man sich in anderen EU-Ländern an dem Gesetz orientieren. Besitz, Eigenanbau und Anbauvereine vollkommen legal und gesetzlich reguliert, das gebe es innerhalb Europas sonst nur in Malta, bestätigt Georg Wurth. „Mittelfristig könnte das bestehende Konzept mit Anbauvereinen und Selbstanbau grob 30 Prozent des Schwarzmarkts verdrängen“, schätzt der Experte.