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Kult, Kultur und Politik – Das Hanf Museum Berlin


Meldung des DHV vom 3. 12. 2007

Mitten in Berlin gibt es seit 13 Jahren einen Ort, der seinesgleichen in Deutschland vergeblich sucht. Das Hanf Museum Berlin gewährt seinen Besuchern auf mehr als 250 Quadratmeter einen Einblick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Pflanze Cannabis.
Der DHV sprach mit Rolf Ebbinghaus über die Geschichte des einzigen Cannabismuseums Deutschlands, Geldsorgen und die Zukunft der Pflanze Hanf.

Außenansicht des Hanf Museums BerlinAußenansicht des Hanf Museums Berlin

Interview mit Rolf Ebbinghaus

Steffen Geyer, DHV: Hallo Rolf! Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass es in Berlin ein Hanf Museum gibt? Der H.A.N.F. e.V. wurde doch eigentlich in Köln gegründet.

Rolf Ebbinghaus, Hanf Museum Berlin: Das ist richtig, gegründet hat sich der H.A.N.F. e.V. 1992 in Köln und das mit dem Ziel, wie der Name schon sagt “Hanf als Nutzpflanze fördern”!
Das Ziel sollte und soll erreicht werden, indem aktive Menschen in möglichst jeder größeren Stadt Gruppen bilden, die sich regelmäßig treffen, Aktionen planen und offen für Interessierte, Nicht- und Neumitglieder sind.

Auch in Berlin bildete sich eine Gruppe. Zu regelmäßigen Treffen luden wir ins Thomas Weißbecker Haus, und in den ersten Monaten festigte sich ein kleiner Kreis. Wir haben Infostände an Einkaufsstraßen aufgebaut, Mitglieder geworben und möglichst viele Menschen auf den hohen ökologischen und ökonomischen Wert des Hanfes hingewiesen.
Um unseren Horizont zu erweitern, neue Leute kennen zu lernen und bestimmt auch ein wenig, um uns zu belohnen, fuhren wir 1993 zum “CIA”, zum CannabisCup in die Niederlande.
Es war ein herrliches Wochenende… und, um nicht ausschweifend zu werden, wir besuchten natürlich auch das Hash Marihuana & Hemp Museum, wir waren begeistert und wir waren uns einig: “Das können wir auch!” Die Idee war gesponnen. Zuerst mussten wir herausbekommen, ob ein Museum, das sich ausschließlich mit dem Thema Hanf beschäftigt, in Berlin überhaupt Interesse findet. Also veranstalteten wir noch im gleichen Jahr eine Ausstellung, die wir “HanfKulturTage” nannten. Im Veranstaltungssaal des TWH stellten wir Hanfstoffe und -textilien aus und präsentierten auf Schautafeln Informationen über Hanf, die in der Dichte und Zusammenstellung schon etwas sehr besonderes waren.

Die positive Resonanz ermutigte uns und wir erarbeiteten ein Konzept für eine ständige Ausstellung – für ein Hanf Museum! Mit diesem Konzept suchten wir Vermieter und Wohnungsbaugesellschaften auf und fanden tatsächlich ideale Räumlichkeiten für unsere Zwecke. Im Herzen Berlins, im Nikolaiviertel konnten wir ein Objekt mieten, das schon vor Jahren als Museum konzipiert wurde. Wir überlegten und rechneten, ob wir die nicht ganz unerhebliche Miete und die weiteren Kosten überhaut erwirtschaften können. Unser Anliegen wird von keiner öffentlichen Seite gefördert, deshalb war von vornherein klar, dass wir uns irgendwie selbst tragen müssen.
Die Sorge war (und ist heute noch) groß, ob unsere Einnahmen, die Eintrittsgelder, ausreichen, die Kosten zu decken. Trotzdem wagten wir den “Sprung ins kalte Wasser” und unterschrieben den Mietvertrag zum Dezember 1994. In den ersten Tagen und Nächten renovierten wir die Räume und richteten schnellstmöglich unsere Ausstellung ein, so dass am 06.Dezember 1994 das erste Hanf Museum des Landes eröffnet war!

Zwischen Nutzhanf und Politik

DHV: Wie viele Leute besuchen das Museum eigentlich? Hat das Interesse an Hanf in den letzten Jahren aus Sicht des Museums eher ab- oder zugenommen?

Rolf Ebbinghaus: In Etwa schwanken unsere Besucherzahlen wie die anderer Häuser in Berlin. Natürlich sind wir nicht so groß wie das Bode– oder das Pergamon Museum, doch schon im Jahre 2002 (glaube ich) konnten wir unseren 100.000 Besucher empfangen.
Wichtig sind auch die Schulklassen, die uns besuchen! Ein schönes Kompliment ist immer, dass das Hanf Museum eines der wenigen Museen ist, das zu besuchen von Schülern selbst vorgeschlagen wird.

DHV: In eurer Ausstellung geht es ja in erster Linie um die Geschichte der Nutzpflanze Hanf. Hand aufs Herz, die meisten Besucher wollen doch eher etwas übers Kiffen erfahren, oder?

Rolf Ebbinghaus: Ob es die meisten sind, kann ich nicht sagen, aber natürlich ist das Interesse an der berauschenden Potenz groß. Das ist eine der leichter nachvollziehbaren Auswirkungen der Prohibition. Mit dem Argument der Rauschverhinderung wurde die alte Nutzpflanze aus Landwirtschaft und Industrie verdrängt. Bis auf spezielle Anwendungen, wie Dichthanf in der Klempnerei, ist Hanf weitgehend aus dem Alltag verschwunden – somit reduziert sich alles auf den Rausch…

DHV: Ihr engagiert euch immer wieder auch politisch, bietet der Hanfparade ein Zuhause und macht Sonderausstellungen über Cannabis Social Clubs oder die Geschichte der Geringen Menge. Wie reagieren die Besucher, wenn ihr Flagge zeigt und euch zur Legalisierung bekennt? Gab es da schon eimal Probleme?

Rolf Ebbinghaus: Natürlich gab es schon leidenschaftliche Diskussionen, und das wollen wir ja auch erreichen. Die Leidenschaftlichkeit muss vielleicht nicht sein, aber die Frage “Warum ist Hanf verboten?” wollen wir mit unserer Ausstellung auf jeden Fall stellen. Und wir beharren darauf, vorgefaßte Meinungen zu hinterfragen und Argumentationen auf Richtigkeit zu prüfen. Wenn wir das selbst nicht irgendwann einmal getan hätten (und immer weiter tun), dann wären unsere Überzeugungen vielleicht andere.
Die Erfahrung zeigt aber auch, dass Leute, die ihren Glauben daran, dass die Verbotspolitik der richtige Weg sei, unhinterfragt beibehalten wollen, nicht unbedingt unsere Ausstellung besuchen.

Werdet Museumspate!

DHV: Und finanziell? Werdet ihr von der Stadt Berlin unterstützt oder lebt ihr nur von Eintrittsgeldern und Spenden?

Rolf Ebbinghaus: Wir stehen und fallen mit unseren Gästen! Wir werden von keiner öffentlichen Hand finanziert. Weder der Bund, noch das Land stellt uns Gelder zur Verfügung, diese einzigartige Ausstellung zu unterstützen. Unsere Einnahmen bestehen in erster Linie aus den Eintrittsgeldern, das Spendenaufkommen ist eher gering.
Wir bieten seit geraumer Zeit an, Quadratmeterpate zu werden – ein Museumspate über ein oder mehrere Quadratmeter übernimmt die Miete für die jeweiligen Meter, die wir pflegen, die wir in die Ausstellung integrieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Wenn sich über dieses Interview Menschen finden, die sich für eine Patenschaft interessieren, würde ich mich sehr freuen und mir viele Mails mit dem Betreff Patenschaft an wünschen!

DHV: In der kommenden Woche feiert ihr euren 13. Geburtstag. Habt ihr an diesem Tag etwas Besonderes vor?

Rolf Ebbinghaus: 13 Jahre ist kein besonders rundes Jubiläum. Aber natürlich laden wir an unserem Geburtstag zu einem Tag der offenen Tür ein und entstauben das alte Nikolauskostüm.
Ansonsten feiern wir abends im Freundeskreis. Der DHV hat die Einladung natürlich schon, und du selbst kommst doch bestimmt auch, oder?

DHV: Gibt es schon Pläne für 2008?

Rolf Ebbinghaus: Ja, auf jeden Fall! Trotz Umstrukturierung bei der Langen Nacht der Museen werden wir in diesem Jahr an der Winternacht teilnehmen. An den Märchentagen werden wir teilnehmen, ein Seminar zu Dämm- und Isolierhanf im Hausbau ist in Planung und und und…

Über das Museum hinaus sollten 2008 unbedingt viele Aktionen laufen, die den Ablauf der “zehn Jahres Strategie zur Drogenbekämpfung” irgendeiner Unterorganisation der UN thematisieren.
1998 wurde beschlossen, u.a. Hanf innerhalb der nächsten zehn Jahre aus dieser Welt zu radieren (wörtlich: to erase)! Der Ablauf ihrer selbstgesetzten Frist ist ein guter Anlass, nicht nur die Macher, Träger und Umsetzer der in manchen Fällen mörderischen Prohibitionspolitik anzuklagen, sondern auch neue Wege aufzuzeigen, die ein selbstverantwortliches Leben in Freiheit und Würde ermöglichen.

DHV: Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die nächsten 13 Jahre!


Der Deutsche Hanf Verband legt allen Berlinbesuchern und Cannabisinteressierten einen Abstecher ins Hanf Museum Berlin ans Herz. Mit nur 3 Euro Eintritt ist der Besuch auch für den kleinsten Geldbeutel erschwinglich.

Adresse:
Hanf Museum Berlin
Mühlendamm 5
10178 Berlin – Mitte
am Nikolaiviertel, dem historischen Kern Berlins
Öffnungszeiten:
Montag Ruhetag
Dienstags bis Freitags 10 Uhr bis 20 Uhr
Samstags und Sonntags 12 bis 20 Uhr

Mehr zum Thema

  • Die Webseite des Hanf Museums Berlin informiert rund um die Ausstellung und das Museum.
  • Am 06.12.2007 feiert das Museum seinen 13. Geburtstag und läd dazu alle Hanfinteressierten ein.
  • Der H.A.N.F. e.V. ist Partner des DHV.
  • Der DHV ist Quadratmeterpate des Hanfmuseums.

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