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Apothekerverband verteidigt hochpreisige Cannabis-Blüten

Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes zur Verwendung von medizinischem Cannabis hat sich der Preis von durchschnittlich 75 Euro pro fünf-Gramm Dose auf 123,80 Euro erhöht. Da Cannabis keine Fertigarznei ist, werden die Blüten umverpackt, gemahlen und dosiert, was pro Dose mit einer saftigen Gebühr von fast 40 Euro zu Buche schlägt. Cannabispatienten können sich seitdem ihre Medizin erst recht nicht leisten und die in Aussicht gestellte Kostenübernahme liegt selbst für viele der ehemaligen Inhaber einer Ausnahmeerlaubnis noch in weiter Ferne. Die Bereitschaft der Kassen wird mit den immer horrenderen Preisen nicht unbedingt zunehmen.

Nach zahlreichen Protesten hat sich jetzt der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, zu den Vorwürfen der Preistreiberei geäußert und rechtfertigt die Erhöhung um über 50 Prozent in einem Schreiben an Dr. Franjo Grotenhermen. Darin heißt es unter anderem:

Die von den Apotheken als Ausgangsstoffe und somit in Transportgefäßen bezogenen handelsüblichen Cannabisblüten sind unzerkleinert oder mehr oder weniger in ihre Einzelteile zerfallen. Somit ist eine exakte reproduzierbare Dosierung durch den Patienten selbst schwierig. Die zuverlässige Selbstwägung setzt voraus, dass der Patient über eine Feinwaage (mit 1-Milligramm-Anzeige) verfügt.

und

Die Entscheidung, ob dieses Behältnis darüber hinaus als Abgabegefäß des Rezepturarzneimittels für den Patienten geeignet ist, bedarf einer fachlichen Risikobeurteilung. Dies muss im Einzelfall anhand der Beschaffenheit geprüft werden. Da die Liefergefäße üblicherweise nicht kindergesichert sind, dürfte die Abgabe durch die Apotheke auszuschließen sein.

sowie

Die exakte Dosierung der Cannabisblüten bedingt ‒ unabhängig von der Anwendungsform ‒ zwingend ihre gleichmäßige Zerkleinerung. Die Dosiergenauigkeit hängt dabei vom Zerkleinerungsgrad der Cannabisblüten ab. Grob vorzerteilte Cannabisblüten eignen sich nicht für die ausreichend niedrige, reproduzierbare und der medizinischen Notwendigkeit entsprechende Therapie. Sie müssen daher zwingend gemahlen und gesiebt werden. (2-Millimeter-Sieb). Anschließend können sie Cannabisblüten – einzeldosiert oder zusammen mit geeigneter Dosierhilfe – von Apothekern zur medizinischen Behandlung an den Patienten abgegeben werden. Falls der Patient auch das Mahlen der Droge übernehmen kann, wäre auf ärztliche Anweisung dies nach einer entsprechenden Risikobeurteilung denkbar.

Klingt hochkompliziert, heißt aber einfach:

  • selbst erfahrene Patienten sind nicht fähig, ihr Gras ohne Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung abzuwiegen.
  • Dr.Kiefer kennt die Behältnisse nicht genau. Nur niederländische Dosen haben keinen kindersicheren Verschluss, kanadische hingegen schon.
  • Patienten sind unfähig, ihre Medizin zu zerkleinern.
  • Patienten sind nicht fähig, einmal zerkleinerte Medizin zu dosieren.

Dr.Grotenhermen hat dem Vorsitzenden der Bundesapothekerkammer daraufhin geantwortet und ihn zu einer öffentlichen Diskussion via Medien und Fachkongressen aufgefordert. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin widerspricht der Position Kiefers.

 […]. Ich kann Ihnen versichern, dass in der Praxis eine Feinwaage mit 10-Milligramm Anzeige, die für 10 € im Internet erworben werden kann, völlig ausreichend ist, um eine exakte Dosierung vornehmen zu können. So kann nicht ernsthaft eine Verteuerung von Cannabisblüten um das Doppelte oder das Dreifache gerechtfertigt werden. Das sind Argumente, die nur Unerfahrene aber keine erfahrenen Ärzte beeindrucken können,[…]” schreibt Grotenhermen.

“Die von Ihnen als notwendig erachtete Zerkleinerung – „Sie müssen daher zwingend gemahlen und gesiebt werden (2-Millimeter-Sieb)“ – bringt Nachteile bei der reproduzierbaren Dosierung mit sich. Die von ihnen geforderte „gleichmäßige Zerkleinerung“ führt aufgrund der Zerstörung der Trichome, in denen die Cannabinoide vor Oxidation weitgehend geschützt sind, zu einer Beschleunigung einer unkontrollierten Oxidation von THC zu Cannabinol. Auch die anderen Cannabinoide oxidieren leicht an der Luft, und zwar umso schneller je stärker der Lichteinfluss und je höher die Temperatur ist. Das wird bereits seit Anfang der siebziger Jahre untersucht. Aus Gründen der Reproduzierbarkeit der Dosis sollte im Falle von Cannabisblüten daher von einer Zerkleinerung abgesehen werden. Ich rezeptiere daher Cannabisblüten grundsätzlich mit dem Vermerk „unzerkleinert abgeben“, so der Cannabinoid-Spezialist weiter.

In den Niederlanden kostet dasselbe Produkt übrigens nur einen Bruchteil. Hier zahlen Patienten für fünf Gramm Bedrocan-Blüten 30 Euro und somit ein Viertel des hiesigen Preises. Während sich niederländische Apotheken mit einem Aufschlag von nicht ganz drei Euro pro Gramm begnügen, wittert Dr. Kiefer anscheinend das ganz große Geschäft, während viele Apotheker die hohen Preise und den hohen Aufwand durchaus selbst kritisieren. Der Einkaufspreis für ein Gramm Cannabis aus den Niederlanden oder Kanada beim Großhändler beträgt für Apotheken knapp unter zehn Euro und ist mit der Gesetzesänderung, anders als der Endkundenpreis, auch nicht gestiegen.

Auf der Seite der IACM wurden beide Briefe sowie die Stellungnahme des Selbsthilfenetzwerks Cannabis-Medizin veröffentlicht.


Kommentare

5 Antworten zu „Apothekerverband verteidigt hochpreisige Cannabis-Blüten“

  1. Sun Tsu

    Kranke und besonders
    Kranke und besonders chronisch kranke Menschen sind die Goldesel der Pharmalobby. Das ist einfach nur noch beschämend und traurig. Mir fehlen da einfach die Worte. Warum wird dies seit Jahren toleriert (unabhängig vom Medhanf)???

  2. moep

    Noch im März hat sich Dr.
    Noch im März hat sich Dr. Kiefer im Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung ganz anders geäußert:

    PZ: Die Droge wird also nie ungemahlen abgegeben?
    Kiefer: Doch, im Einzelfall ist auch das möglich. Das liegt in der Therapie­hoheit des Arztes.

    Pharmazeutische Zeitung 10/2017
    http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=68080

  3. Patrick Sandner

    Die Bundesregierung hatte im
    Die Bundesregierung hatte im März ein Gesetz verabschiedet das den Zugang medizinischem Cannabis erleichtern sollte. Sollte man meinen. Das das Gesetz aber nur verabschiedet wurde um den Eigenanbau der Patienten zu verhindern, das war auch klar, zumindest jedem der sich schon eine Weile mit dem Thema beschäftigt hatte.Für alle anderen (zum Teil sehr kranken Menschen)bedeutete dieses Gesetz Hoffnung. Hoffnung die mittlerweile bei den meisten , Ernüchterung und maßloser Enttäuschung gewichen ist. Die Krankenkassen halten sich nicht an die Gesetzesvorgaben und lehnen immer wieder sogar Anträge ab von Menschen die im sogar im Vorfeld bereits eine Ausnahmegenehmigung besessen hatten. Nicht einmal alle die haben eine Kostenzusage der Kasse bekommen, OBWOHL hier im Vorfeld bereits der medizinische Dienst der Regierung der MdK der Bfarm bescheinigt hatte, dass Cannabis die einzige verbleibende Therapieoption ist. Die Kassen lehnen teilweise mit haarstreubenden Begründungen und immer wieder dem Verweis auf noch nicht erfolgte schulmedizinische Maßnahmen obwohl diese NICHT völlig ausgeschöpft werden müssen. Die Therapiehoheit der Ärzte wird von den Kassen untergraben…und die Politik? Sie reibt sich wohl insgeheim die Finger weil es genau so läuft wie einige meist schwarz braun angehauchte Politiker dis durchsetzen wollten. So WENIGEN wie Möglich Menschen Zugang zu med Cannabis zu gewähren. Die Preise werden von manchen Apotheken in schwindelerregende Höhen getrieben mit fadenscheinigen Begründungen. Manche verlangen sogar dann nochmal zusätzliche Gebühren, die sie gar nicht erheben dürften…sie tun es aber…und die Politik schaut zu…Ich rate jedem, der eine Ausnahmegenehmigung hatte (und den anderen die abgelehnt wurden TROTZ eindeutiger ärzlicher Diagnose, ) bei der Bfarm einen Antrag auf Eigenanbau zu stellen. Nur so kann man scheinbar die Politiker dazu bewegen etwas zu bewegen. Einem Herrn Kiefer sage ich: Wir wissen schon sehr genau wie wir unser Cannabis dosieren, dazu brauch man nicht mal mehr eine Waage wenn man dies schon eine Weile macht. Auch die Ausrede, es könne nur so genaustens dosiert werden, ist einfach nur gelogen und soll die maßloßen Preissteigerungen (über die sogar einige Apotheker nur den Kopf schütteln und bei diesem miesem Spiel nicht mitmachen und ihr Cannabis noch zu fairst möglichen Preisen abgeben, (diese Apotheken sollen nicht unerwähnt bleiben) rechtfertigen. Denn selbst mit einer Waage die bis zu 3 Stellen hinter dem Komma wiegen, im tausendestel Bereich also, ist es nicht möglich immer haargenau zu dosieren, das liegt daran dass Cannabis ein Naturprodukt ist und Schwankungen unterliegt. So kann eine Dose Bedrocan zwischen 19 und 24 % THC enthalten, je nach Charge. Ausserdem, wie Dr. Grotenhermen schon schrieb, verändert die “Mahlung” die Haltbarkeit und die Zusammensetzung der Wirkstoffe. Auch werden beim aufbrechen der Trichome die Terpene freigesetzt die dann auch recht schnell unbrauchbar werden, diesen wird jedoch auch eine Heilsame Wirkung zugesprochen. Dieser Herr Kiefer weiß nicht wovon er spricht, weder kennt er sich mit Cannabis aus, noch scheinbar mit dem Leiden anderer Menschen, fehlende Empathie scheint Voraussetzung für diesen Job. Die Politik wird erst dann nachbessern, wenn ihnen der A*** auf Grundeis geht dass mehr und mehr Patienten ihre Eigenanbnau Anträge versuchen gerichtlich durchsetzen …und damit Erfolg haben. Was noch erwähnt werden muss, ist dass mittlerweile fast KEINE SORTE mehr lieferbar ist. Hier ist keine Verbessserung der Stuation für Kranke erfolgt, hier ist der Bürger mal wieder furchtbar verarscht worden. Wieso funktioniert, was in anderen Ländern so gut klappt nicht hier in Deutschland. Es sollte ein Gesetz erlassen werden, dass mutwillig falsche Bescheide, ob nun vom JC oder von Kassen, unter Strafe gestellt werden, und zwar unter empfindliche Geldstrafen für die Behörde und den Verfasser des Bescheides…damit die endlich mal aufhären mutwillig falsche und rechtswidrige Bescheide auszustellen in der Hoffnung alle die auszusieben die sich nicht wehren können. ES GEHT DEN KASSEN NICHT UM EURE GESUNDHEIT SONDERN UM EUER GELD UND DAVON SO WENIG WIE MÖGLICH WIEDER RAUSZURÜCKEN.

  4. Petey Green

    Wiedermal…
    Wiedermal…

    ich bedanke mich jetzt mal im Namen aller Patienten, bei Dr.Franjo Grotenhermen!

    Und zu “Dr.”Andreas Kiefer…”HEUCHLER!!!”

  5. Ritchie

    Besser vom Fach sein.
    Besser vom Fach sein.

    Ein Vaporizer kann mit einer Blüte am Stück viel besser und einfacher bestückt werden als mit Pulver. Das heißt die Zerkleinerung macht das Befüllen sehr umständlich und dazu kommt noch eine große Sauerei mit Verlust.
    Die Dosierung erfolgt mit einzelnen Inhalationen/Zügen.

    Niemand will sich das Zeug in die Nase reinziehen oder in einem Kaffeefilter aufsetzen.
    Wer dennoch zur Teevariante greifen möchte, kann sich einen High-End-Grinder für 10 Euro kaufen.

    Wer Kuchen backen möchte sollte sowieso genau abwiegen. Auch hier kommt wieder der Grinder zum Einsatz der das in 5 Sekunden schafft wo der Apotheker anscheinend eine halbe Stunde braucht (kenn jetzt den Stundenlohn nicht :-).

    Die Kindersicherung ist für mich der größte Witz. Hat Dr. Andreas Kiefer sich jemals die letale Dosis von Cannabis im Vergleich zu gängigen Tranquilizern wie z.B. Oxazepam oder einfach nur Ibuprofen angeschaut?
    Dann gehört Speisesalz auf jeden Fall in den Tresor und sollte nur noch von streng überwachten Stellen abgegeben werden. War das nicht letztes Jahr als ein Kind an einem versalzenen Joghurt starb?

    Von wem wird dieser Mann bezahlt und kann irgendjemand mal seine Dissertation prüfen?

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