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Jens Spahn und die Entkriminalisierung

“Ich kenne auch persönlich einige, weil es auch meine Altersklasse ist, die am Wochenende ein oder zwei Mal kiffen und manchmal auch wochenlang gar nicht, sondern halt bei einem bestimmten Event zum Beispiel. In solchen Fällen brauchen wir gar nicht mit voller Staatsmacht versuchen, einzuengen, zu ahnden und zu verfolgen, weil das in eine kriminelle Ecke drängt. Das halte ich für übertrieben, das ist nicht mehr verhältnismäßig.”

So äußerte sich vor sechzehn Jahren der damals jüngste CDU-Abgeordnete im Bundestag und damalige Berichterstatter für Drogenpolitik der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung. Heute ist er derjenige, der qua seines Amtes in der Lage wäre, die Cannabislegalisierung und konkrete Entkriminalisierungsschritte entscheidend vorantreiben zu können: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Dies und mehr äußerte er in einem interessanten Interview, welches Dr. Raphael Gaßmann von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zwei Jahre nach Spahns Bundestagseinzug 2002 mit dem heutigen Bundesgesundheitsminister führte.

“Nicht die, die gelegentlich mal kiffen, kriminalisieren, aber gleichzeitig auf die Gefahren deutlich aufmerksam machen und vor allem den Bereich des Handels auch strafrechtlich verfolgen.” 

Auch innerhalb der CDU-CSU-Fraktion gab es bereits 2002 unterschiedliche Ansichten, so Spahn. Er favorisiere in seiner Rolle als Berichterstatter für Drogenpolitik der CDU/CSU-Fraktion eine Entkriminalisierung und begründet dies mit den oben angeführten privaten Erfahrungen.
Mehr Verhältnismäßigkeit könnte es Spahns Meinung nach durch eine Vereinheitlichung der “Freimengen [geben], bis zu denen entsprechende Verfahren nicht mehr eingeleitet werden”. Als der ihn interviewende Dr. Gaßmann darauf erwidert, dass es zur Vereinheitlichung der geringen Menge bereits ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt, dieses aber immer noch nicht in geltendes Recht umgewandelt wurde, nimmt Spahn die Bundesregierung in Verantwortung. Die damalige Drogenbeauftragte Caspers-Merk sollte Spahn zufolge “die zuständigen Stellen an einen Tisch bekommen und dafür sorgen, dass wir einen Konsens erhalten”. 

Für eine bundesweite Vereinheitlichung setzt sich auch die aktuelle Drogenbeauftragte Daniela Ludwig ein, wie sich unter anderem bei ihrem jüngsten Besuch bei der Bayerischen DPolG gezeigt hat. Allerdings möchte sie eine Vereinheitlichung der geringen Menge auf dem Niveau von Bayern, was für einige Bundesländer sogar eine Verschärfung der Strafverfolgung von Konsumenten bedeuten würde. Nach einem recht progressiven Start enttäuscht Ludwig damit wie ihre Vorgängerin Marlene Mortler auf ganzer Linie, zumindest wenn es um Cannabis geht.
Nun ist dieses Interview 16 Jahre alt, Jens Spahn ist mittlerweile Bundesgesundheitsminister – und ist damit derjenige, der Modellprojekte genehmigen lassen oder konkrete Entkriminalisierungsmaßnahmen veranlassen könnte. Als Chef des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der Bundesdrogenbeauftragten Daniela Ludwig könnte Spahn zum Umdenken in seiner Fraktion entscheidend beitragen. Für jemanden, dem Cannabis im Freundeskreis nicht komplett fremd ist und der zumindest zu Beginn seiner Abgeordnetentätigkeit den “Bürgern mehr Freiheit und Selbstverantwortung” zutrauen wollte, durchaus eine Überlegung wert.


Kommentare

6 Antworten zu „Jens Spahn und die Entkriminalisierung“

  1. Herbert Teiß

    Spahn der Wendehals
    Wiedewiedewit ich mach mir die Welt….

    Ist ein CDU Wendehals sonst gar nichts. Heute gabs im Zuge der Befragung im Bundestag wieder eine Debatte . Auf die Frage warum beim Impfstoff nicht verpflichtet wurde zur Produktion. Seine Antwort : ich weiß ja nicht in welcher Welt sie leben. Aber in meinem Weltbild und meiner Lebenserfahrung ist dass so, dass jemand der zu etwas gezwungen wird, dass in den seltensten Fällen zu Erfolg führt.

    Man müsste ihm dass mal bei der Prohibitionfrage, Zwangsberatung/Therapie vorhalten,denn ob seine Antwort dann noch die gleiche wäre?

  2. Ichmachsauchnichtbesser

    Ich kann es zwar nicht besser machen, aber meckern geht immer:
    Also, wer hat eigentlich diesen heini da hingestellt?

  3. Christian R.

    Wenn nicht jetzt, wann dann!!!
    Hallo Zusammen,

    ich bin kein Kiffer.
    Dennoch sehe ich kein Problem bezüglich Marihuana.
    Jeder sollte das Recht haben auf pflanzliche Produkte, welche nachweislich Schmerzen lindern und sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken (ohne starke Nebenwirkungen zu haben), legal nehmen zu dürfen! Und das ohne Formularantrag XYZ….!
    Man sieht wie rückschrittlich wir in unserer Denkweise sind.

    Auch rein wirtschaftlich gibt es keinen Grund Cannabis zu verbieten.
    Man betrachte die zusätlichen Steuereinnahmen. Die Erschaffung von neuen Stellen/Jobs.
    Unser Rechtssystem könnte sich wieder auf die wichtigen Fälle konzentrieren.
    Meiner Meinung nach wird von den führenden Pharmaunternehmen massiver Einfluss genommen und u.a. eine Lügenkampgne der 70er Jahre von dem damaligen US-Präsidenten Nixon (“War on Drugs”) aufrecht erhalten.
    Ich weiß nicht wann die Menschen (vor allem die nichtsnutzigen Politiker rund um Herrn Spahn und Frau Ludwig) aufwachen, sich den Staub der Geschichte abklopft und endlich in die Zukunft schauen.

    Keine Nebenwirkungen;
    Schmerzlindernd;
    Antidepressiv wirkend;
    Therapien bezüglich Essstörungen;
    Ich kenne niemanden der am Konsum von Cannabis gestorben ist; Jedoch an Alkohol;
    Zusätzliche Steuereinnahmen;
    Entlastung des Justizapparates;
    Vermutlicher Wegfall des Schwarzmarktes und somit Angebot von gestreckter Ware;

    Leider ist unsere Regierung unfähig und eine Bande von Idioten.
    Es ist niemand mit Rückgrat und Stehvermögen da, der den Mut hat auch mal Quer zu denken. Unangenehme Fragen zu stellen;
    Selbstkritisch ist und Fehler zugeben kann.
    Stattdessen immer nur Ja-Sager.

    Warum gehen wir nicht auf die Straße und kämpfen wie früher für unsere Rechte mit einer gemeinsamen Stimme?
    Warum ist das in Frankreich möglich?
    Hat man uns vollends unterworfen und uns jahrelang den Spiegel der Resignation vorgehalten?

    Wir verschlafen alles und sehen zu wie wir uns von allen Seiten überholen lassen.

    H2-Mobilität; Cannabislegalisierung; Netzabdeckung mit 5G (wir haben ja noch nicht einmal ein Flächendeckendes 4G-Netz/ Selbst Albanien hat ein besseres Netz); Flughafen Berlin; Stuttgart 21; Verkauf unseres eigenen Knowhow`s an andere ausländische Firmen….usw.

    Deutschland: Land der Dichter und Denker. (Für mich leider schon lange nicht mehr).

  4. Ralf Hoyer

    Jens Spahn
    Erstmal in der ‚richtigen‘ Position kann man natürlich erst richtig gut ‚Fahne im Wind- Politik‘ machen ???
    Gedächtnis- Schwäche oder gar Altzheimer?!

  5. Sandy

    Dann soll er nicht zögern.
    Wenn er zum Umdenken bewegen kann, dann sollte er es machen. Eine Obergrenze ist auch nicht falsch. Klar wird weiterhin dagegen vorgegangen, aber diese Mindestmenge sollte einem auch nicht weggenommen werden. Eine Teillegalisierung ist der korrekte Weg. Ich hab sogar schon eine Vorstellung, wie man das am besten durchsetzen kann. Und das wichtigste ist sogar die einzige staatlich anerkannte Onlineverifizierung, das Postidentverfahren! Dadurch kann man ein Limit für eine Pro-Kopf-Ausgabe schaffen. Voraussetzend ist aber hierbei leider auch ein Monopol. Aber dadurch kann man vieles gewährleisten. Bei einer staatlich geprüften Produktion kann dadurch zum einen Qualität, die Reinheit, der THC-CBD-Gehalt und die verfügbaren Sorten geprüft werden. Und auch das Ausgabelimit.
    Für Veranstaltungen kann man spezielle Locations versorgen, wo Türsteher den Zutritt überwachen und der „Barkeeper“ innerhalb der Location die Menge überwachen, sowie den Zustand des Konsumenten.

    Ich meine die jetzige Politik hält sich selbst davon ab die Probleme zu lösen, weil es illegal ist. Der suchtkranke Konsument, den die Frau Ludwig schützen und helfen möchte, traut sich nicht. Warum? Weil er etwas illegales gemacht hat. Ehrlich? Wenn ich eine Sucht auf Cannabis entwickeln würde, dann würde ich mich genauso wenig trauen. Schließlich wird man ja vom Staat gejagt. Aber da ich nicht täglich konsumiere und ganz wichtig, nicht alleine konsumiere, ist eine Sucht bei mir nicht so schnell zutreffend. Zudem auch ein sehr junges Ereignis, die Entblößung von einem anerkannten Patienten…sag mal gehts noch? Die Polizeibeamten gehören auf die Anklagebank. Sie fördern damit die Desozialisierung von Cannabispatienten und auch von Cannabiskonsumenten. Damit fördern sie eine mögliche Sucht, weil sich die Konsumenten abspalten und im eigenen Heim verbarrikadieren. Tolle Leistung, richtig toll. Anstelle Probleme zu lösen, werden bestehende Probleme verschlimmert und gegebenenfalls weitere Probleme geschaffen.

    Ich hoffe mal, dass es langsam voran geht.

  6. jürsche

    Sehr interessant, vielen Dank
    Sehr interessant, vielen Dank! Und jetzt redet er solchen Käse wie z.B. bei Jung & Naiv. Halt auch einer, dem der eigene Posten wichtiger ist als das eigene Geschwätz von vorgestern. Dabei sollte er als Mitglied einer bis vor nicht allzu langer Zeit zu Unrecht benachteiligten Minderheit unser Anliegen eigentlich nachvollziehen können.