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Beweisverwertung nach illegaler Hausdurchsuchung möglich

Am Dienstag veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung, nach der Beweismittel, die bei einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung gefunden werden, verwertet werden dürfen.

Im vorliegenden Fall wurde die Hausdurchsuchung wegen des Verdachts durchgeführt, der Beschuldigte handele im Internet u.a. mit gefälschten Uhren. Es wurde nichts Dahingehendes gefunden, das Verfahren wurde eingestellt. Das Bundesverfassungsgericht hat 2005 selbst festgestellt, dass diese Hausdurchsuchung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig war. Dummerweise wurden bei dieser Durchsuchung 465 Gramm Haschisch gefunden. Nun urteilte das höchste deutsche Gericht, dass diese “illegalen Beweise” durchaus verwertet werden dürfen. Das öffentliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung wiege in diesem Fall höher als die Grundrechtsverletzung.

Gerade im Zusammenhang mit Drogendelikten ist schon länger unklar und strittig gewesen, wann bzw. ob Beweise aus nicht korrekten Hausdurchsuchungen verwertet werden dürfen und wann nicht. Schließlich gab es auch schon anders lautende Urteile, s. z.B.:

Berliner Zeitung, 15.12.07
Straffreiheit für Dealer wegen Polizei-Fehlern; Beamte haben Wohnungen ohne Erlaubnis durchsucht

Rheinische Post, 15.01.2009
Razzia war illegal: Drogen sind kein Beweis

Für mich ist das ganze vor allem deshalb interessant, weil gerade im Drogenbereich oft bei kleinsten Anlässen Hausdurchsuchungen durchgeführt werden, die ich oftmals für illegal halte. Was ist mit einer Hausdurchsuchung in Bayern bei jemandem, der ein halbes Gramm Haschisch dabei hatte? Das ist im Süden ganz normal:

Kempten (bec), 04.06.2009
Drogen: Wann darf die Polizei ins Haus? – Durchsuchung – Ermittlungen schon beim
kleinsten Fund (…)

Manchmal wird aus einem kleinen Fisch ganz schnell ein ganz großer. Die Polizei hat diese Erfahrung vor allem in der Drogenszene schon oft gemacht: Nämlich, wenn aus einem vermeintlichen Gelegenheits-Kiffer plötzlich ein Drogendealer wird, der seine Ware auf der hauseigenen Plantage anbaut und dann für viel Geld verkauft. Haus- oder Wohnungsdurchsuchungen sind für die Beamten ein probates Mittel, um solchen Machenschaften auf die Spur zu kommen. Das stellten jetzt auch zwei junge Männer fest, die die Schleierfahndung Pfronten jeweils mit geringen Mengen Haschisch aufgriff. (…)
Zudem sei der Besitz von Drogen generell eine Straftat, die immer Ermittlungen nach sich ziehe – und in aller Regel eben auch eine Durchsuchung. (…)

Und was ist mit den Razzien bei den Kunden des online-Growshops Catweazel? Schon das Bestellen von legalem Pflanzenzuchtzubehör hatte Anfang 2008 zu einer Welle von Hausdurchsuchungen geführt.

Ich halte in beiden Fällen die Hausdurchsuchungen für illegal und suche schon lange nach einem passenden “Catweazel-Fall”, der gegen die entsprechende Hausdurchsuchung vorgeht – so wie es auch der Betroffene im aktuellen Fall gemacht hat. Jemanden zu finden, der sich einen teuren und vermutlich jahrelangen Rechtsstreit ans Bein bindet, ist natürlich schwer genug. Wenn der Betroffene aber damit rechnen muss, dass ihm das im dazugehörigen Strafverfahren gar nichts bringt, weil die Beweise dann doch verwertet werden, ist es fast unmöglich. Am Ende sagen zu können, dass man eigentlich Recht hatte, reicht eben nur ausgesprochenen Dickköpfen mit starkem Rechtsempfinden aus. Trotzdem werden wir an dem Thema dran bleiben, damit die Polizei wenigstens bei späteren Fällen näher am Recht agiert. Wenn sich niemand gegen solche Willkürakte von Polizei, Staatsanwälten und Richtern wehrt, werden die demnächst überall in die Wohnungen spazieren, wie sie wollen. Ähnliches gilt übrigens für “Erkennungsdienstliche Behandlungen” mit Fingerabdrücken und Fotos wegen geringer Mengen Cannabis.

Mich macht das Urteil fassungslos, ich bekomme den etwas ausgelutschten Begriff “Bananenrepublik” nicht aus dem Kopf. Wo leben wir eigentlich? Rechtstaat? Hallo?

 


 

Siehe auch:

süddeutsche.de, 28.07.2009, Beweis bleibt Beweis – Bundesverfassungsgericht

süddeutsche.de, 29.07.2009, Karlsruher Dunkelkammer – Beweisverwertung
Ein Kommentar von Helmut Kerscher
:

Das Verfassungsgericht erklärt die Verwertung von Zufallsfunden zur Regel – und damit das Verbot zur Ausnahme. Umgekehrt wäre es richtig gewesen. (…)


Kommentare

9 Antworten zu „Beweisverwertung nach illegaler Hausdurchsuchung möglich“

  1. Anonymous

    RE: Beweisverwertung nach illegaler Hausdurchsuchung möglich
    (ich weiss der Artikel ist etwas älter, aber wenn ich das hier lese muss ich mich leider äussern auch wann 4 zu spät)

    “Das öffentliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung wiege in diesem Fall höher als die Grundrechtsverletzung”

    Wenn ich so etwas lese könnt ich kotzen. Ich bin nicht der Meinung dass 465 Gramm Haschisch eine Kleinigkeit sind und verstehe die Problematik, aber allein wegen dieser Aussage sollte man den Richter feuern. Die korrekte Aussage sollte heissen “nichts auf der Welt rechtfertigt eine Grundrechtsverletzung!”. Der Zweck heiligt die Mittel ist ein Naziargument und es ist traurig dass so etwas auch auf diesem Teil der Erde als normal empfunden wird.

  2. Anonymous

    Du hast Recht, aber du
    Du hast Recht, aber du unterliegst auch einem kleinen Denkfehler. Das Leben soll dir keinen Spaß machen, oder besser gesagt, du sollst nicht selbst über deinen Spaß bestimmen. Was Spaß machen darf und was nicht, haben gefälligst der Staat und vor allem die Wirtschaft zu bestimmen! Wo kämen wir denn hin, wenn wir dass selbst entscheiden dürften?! Nix da! Du hast gefällist jeden Tag pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen, zu tun was dein Chef dir sagt und nach Dienstschluss ist es deine verdammte Pflicht zu KONSUMIEREN. Aber kein Cannabis, das ist böse. Alkohol und Nikotin auch böse, aber dafür zahlen wir Steuern, dass geht gerade noch so in Ordnung. Am Besten ist es aber du kaufst dir jedes Jahr ein neues Auto, alle 4 Monate einen neuen PC und das neueste Handy so wie so, dann wird alles gut. Ewiges Wachstum, in einigen Jahren acht oder neun Millarden Konsumenten, äh Menschen auf dem Planeten, jede Menge Umsatz für die Unternehmer und denk über die Anschaffung einer elektrischen Zahnbürste mit GPS und integriertem Mikrowellenherd nach. Arbeite, denke nicht, konsumiere und zwar legal. Schöne neue Welt die solche Bürger trägt. Es ist zum Kotzen!!!!
    P.S: Ich persönlich habe kein Problem damit, falls die “Gesellschaft”(gibt es die überhaupt?) eines Tages für die eventuellen gesundheitlichen Folgen meines Cannabiskonsums zahlen muss. Von meinen Krankenkassenbeiträgen werden zum Teil ja auch die Behandlungskosten der Vollidioten bezahlt, die jedes Jahr stockbesoffen die Skipisten runterwedeln und sich oder andere verletzen. Ich schreibe aus Österreich und in der Saison 2008 gab es ca. 60000! von denen. Gut, vielleicht waren nicht alle besoffen. Ach ja, 23 Tote gab es auch, aber Skifahren und gleichzeitiger Alkohlkonsum ist ja legal und damit ist es egal. Ist ja auch kein Vergleich zu den tausenden Cannabistoten jedes Jahr.

  3. Anonymous

    Es macht mich Wütend daß ich
    Es macht mich Wütend daß ich,anscheinend,nicht mal mehr Herr über meinen eigenen Körper bin!Ich verlange ja nicht daß die Gesellschaft für Schäden durch Konsum aufkommt!Ich verlange nur daß ich selber entscheiden kann wie und was ich meinem Körper zumute!Ich bin ein mündiger Bürger in einem Land das sich als frei bezeichnet!!!
    Da sich die Entwicklung eher in die andere Richtung bewegt und Stück für Stück alles verboten wird um uns zu “schützen”,werden wir uns langsam fragen müssen ob es lebenswert ist in einer Welt zu leben in der man nichts darf aber alles schön “sicher” ist!
    Es wird niemals 100% Sicherheit geben wenn daß Leben noch Spaß machen soll!

  4. Anonymous

    Man zieht jetzt also am
    Man zieht jetzt also am besten in einen Tresor, den die niemals knacken können.
    Ansonsten muss wohl jeder damit rechnen, dass die Polizei irgendwann grundlos seine Wohnungstür eintritt. Findet sie dann nichts, bei ihrer “Durchsuchung”, dann muss der verantwortliche Beamte zur Strafe halt mal

  5. Anonymous

    geht doch eh alles den bach
    geht doch eh alles den bach runter… ich meine wir bewegen uns auf einen polizeistaat zu… naja fühle mich manchmal wie in der DDR was rechte etc angeht

  6. Geil, jetzt ist auch noch die
    Geil, jetzt ist auch noch die letzte demokratische Instanz, das Verfassungsgericht, undemokratisch geworden. Damit heißt es nun: Grundrechte ade!
    Naja, nächste Woche erstmal schön 4 Tage nach Rotterdam wo es zumindest noch etwas Demokratie gibt (bis zur Entscheidung zur EU-Verfassung waren die Niederlande wirklich demokratisch).

  7. Anonymous

    also mir reichts langsam….
    also mir reichts langsam….

  8. Anonymous

    “fruit of the poisonous tree
    “fruit of the poisonous tree idee” kann mir das jemand bitte erklären?? da steig ich nicht durch.

    und das mit dem laschen gesetztesumgang hier im süden ist doch ganz normal für uns… halbes gramm schon ne Hausdurchsuchung.. leute die sogar nur so krümel in nem tütchen mitführen bekommen sowas oder zumindest sozialstunden… nen kumpel 20 sozialstunden wegen krümeln in nem tütchen… netmal 0,1g… lächerlich.. und hier im süden bekommste auch ne HD wenn du stoned angetroffen wirst. aber nichts bei hast… denn “konsum setzt ja den besitz voraus” logisch nicht war… also hier im süden ist es echt schlimm und auch schwer für uns arme kiffer…

  9. Anonymous

    War doch schon immer so bei
    War doch schon immer so bei uns, wenn ich mich nicht irre. Bin auch gegen die fruit of the poisonous tree idee, solange Fälschung von Beweismitteln ausgeschlossen ist. Sonst kann man mit einem guten Anwalt trotz Beweismittel freigesprochen werden. Viel wichtiger finde ich eine adequate Bestrafung von den Verantwortlichen. Auf mich als aussenstehender wirkt es immer so, als ob es keine Konsequenzen für diese geben würde.