

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.


Programm
Im Wahlprogramm der FDP Hamburg taucht Drogenpolitik meist nur im Zusammenhang mit negativen Aspekten auf. Drogenkonsum als Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Sauberkeit sowie als Grund von wahrnehmbarer Verelendung. Dazu kommt noch ein sehr generell gehaltenes Versprechen, sich für Prävention, Aufklärung und Hilfe einzusetzen. Die Quintessenz dieses Verständnisses von Drogenpolitik zeigt sich unter der Überschrift “Drogenhandel bekämpfen”: Die FDP ist “fest entschlossen, den Abhängigen in unserer Stadt zu helfen und die Ursachen des Drogenproblems anzugehen”. Enttäuschendes Wahlprogramm für eine liberale Partei.
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Auszug aus dem Wahlprogramm:
“Sicheres Hamburg
Hamburg muss sicherer werden. Dafür wollen wir Freie Demokraten sorgen.
Zu alten Kriminalitätsbrennpunkten sind heute neue Bedrohungsformen in der sich wandelnden Gesellschaft hinzugetreten. Dagegen ist schnelles, sichtbares und konsequentes Handeln erforderlich. Nicht nur die Kriminalitätsstatistik, auch das Sicherheitsgefühl aller Bürger muss wieder besser werden. Politik und Behörden brauchen mehr Entschlossenheit, die Polizei mehr Personal und eine moderne Ausrüstung.
Wir setzen Schwerpunkte:
• Sichere Straßen, Plätze und Parkanlagen: Um die Gewalt an zentralen Orten
und Straßen gezielt zu verringern, fordern wir ein Programm gezielter Bekämpfung von Drogen-, Banden- und Kleinkriminalität.” S. 55
“• Gefahrenorte und Angsträume, Kriminalitätsschwerpunkte oder Aufenthaltsorte
von Obdachlosen und Drogenabhängigen erfordern jeweils besondere Überwachungskonzepte und die zeitnahe Erreichbarkeit der Polizei.”
S. 56
“Drogen- und Suchtpolitik
Der Drogenkonsum in Hamburg nimmt weiterhin besorgniserregend zu. Besonders die steigende Verbreitung von Crack ist alarmierend, da diese Droge schnell zu einer schweren Abhängigkeit und Verelendung führt. Am Hauptbahnhof und anderen Brennpunkten wird das Ausmaß dieses Problems deutlich sichtbar. Wir Freie
Demokraten verfolgen einen klaren Grundsatz: Wir wollen den Abhängigen helfen und gleichzeitig entschlossen gegen den Drogenhandel vorgehen.
Prävention und Hilfe
Ein zentraler Schwerpunkt unserer Drogenpolitik liegt auf der Prävention, insbesondere in Schulen. Junge Menschen müssen frühzeitig über die Gefahren des Drogenkonsums aufgeklärt werden, um gar nicht erst in die Abhängigkeit zu geraten.
Wir unterstützen den Betrieb von Konsumräumen wie dem Drob Inn. Diese Einrichtung verhindert eine Verlagerung des Drogenkonsums in die Wohnviertel und bietet eine sichere Umgebung, in der Abhängige zielgerichtet Hilfe erhalten können.
Wir sehen die enge Verzahnung von Konsumräumen mit Hilfsangeboten wie der Straßensozialarbeit als unerlässlich an. Durch diese Vernetzung können Abhängige direkt angesprochen und in weiterführende Hilfsmaßnahmen integriert werden.
Die Kombination von sofortiger Hilfe vor Ort und langfristigen Unterstützungsangeboten ist der Schlüssel, um Menschen aus der Sucht zu holen und ihnen eine Perspektive zu bieten.
Drogenhandel bekämpfen
Wir Freien Demokraten verfolgen eine ganzheitliche Drogenpolitik, die auf Prävention, Hilfe und konsequentes Vorgehen gegen den Drogenhandel setzt. Wir sind fest entschlossen, den Abhängigen in unserer Stadt zu helfen und die Ursachen des Drogenproblems anzugehen.” S. 82


Antworten auf Wahlprüfsteine
Die Antworten der FDP auf unsere Wahlprüfsteine sind zumindest positiver als das Wahlprogramm. Die Entkriminalisierung sehen die Liberalen positiv und stehen Modellprojekten offen gegenüber. Zu einem klaren Bekenntnis zur Legalisierung kann sich die FDP jedoch nicht hinreißen und möchte zunächst die Erfahrungen des neuen Gesetzes und Modellprojekten abwarten. Für Drug-Checking setzt man sich “gemäß Beschlusslage” ein. Auf unsere Frage zu Speicheltests für THC und Verkehrskontrollen verweisen die Liberalen auf die Wissenschaft und “fundierte Expertenmeinungen” – eine eigene Position gibt es nicht. In der nächsten Legislaturperiode will sich die FDP in der Bürgerschaft dafür einsetzen, dass den “grundlegenden Überlegungen des Gesetzes nicht zuwider gehandelt wird” und möchte Modellprojekte unterstützen. Immerhin.
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- Wie beurteilen Sie das von der Ampel-Regierung umgesetzte Cannabisgesetz, nach dem nun der legale Besitz und Eigenanbau von Cannabis sowie Anbauvereine möglich sind?
Bei Cannabis haben wir bereits einen entscheidenden ersten Schritt gemacht, der hilft, den Schwarzmarkt einzudämmen und zugleich Qualität und Jugendschutz zu sichern. Wir halten deshalb an der Cannabis-Legalisierung fest. Die FDP steht für einen sicheren, sachlichen Umgang mit Suchtmitteln für persönliche Freiheit und Eigenverantwortung durch Prävention und gestärkte Gesundheitskompetenz.
- Die gesetzlichen Regelungen zur Entkriminalisierung von Cannabiskonsum und Anbauvereinen werden je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausgelegt (Bußgeldkatalog, Konsumverbote auf Volksfesten, Genehmigung und Kontrolle von Anbauvereinigungen). Wollen Sie diese Ermessensspielräume eher für liberale
In einem weiteren Schritt ist geplant, kommunale, wissenschaftliche Modellprojekte zuzulassen, die die Auswirkungen eines komplett regulierten Cannabismarktes vom Anbau bis zum Verkauf in Fachgeschäften erforschen sollen. Wie stehen Sie zu solchen Modellprojekten in Ihrem Bundesland?
Wir stehen Modellprojekten offen gegenüber. Das von der Ampel-Regierung umgesetzte Gesetz zur Legalisierung war ein erster, richtiger Schritt. Mit einer faktenbasierten, präventiven Drogenpolitik möchten wir Freie Demokraten Menschen
zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Suchtmitteln befähigen. Durch Modellprojekte könnte eine Weiterentwicklung der Cannabispolitik erprobt werden.
- 2023 wurde die gesetzliche Grundlage für wissenschaftliche Modellprojekte geschaffen, in denen die Auswirkungen von Substanzanalysen illegaler Drogen (Drug Checking) erforscht werden sollen. Befürworten Sie dies in Ihrem Bundesland?
Gemäß unserer Beschlusslage setzen wir uns für ein Modellprojekt ein.
- Würden Sie ggf. solche Projekte aus Landesmitteln fördern?
Grundsätzlich stehen wir einer Förderung aus Landesmitteln offen gegenüber.
- Wie stehen Sie zur flächendeckenden Einführung von THC-Speicheltests anstelle von Urintests bei Verkehrskontrollen? Sehen Sie wegen des CanG und des neuen THC-Grenzwertes einen Bedarf für mehr Verkehrskontrollen?
Die Art der Kontrolle und die Grenzwerte müssen im Zuge der neuen Gesetzeslage neu und wissenschaftlich bewertet werden. Wir setzen in diesem Prozess auf fundierte Expertenmeinungen.
- Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)
Im Bundestag haben wir uns aktiv und erfolgreich für eine Legalisierung eingesetzt. Wir kämpfen bei der Wahl am 2.3. für eine Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, um uns dort wieder mit unseren Anträgen einbringen zu können.
- Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?
Dass das Ampelgesetz zur Legalisierung in der Hamburger Regierung nicht nur auf Gegenliebe gestoßen ist, ist bekannt. Wir setzen uns in der Bürgerschaft dafür ein, dass den grundlegenden Überlegungen des Gesetzes nicht zuwider gehandelt wird
und bspw. die Möglichkeit zum Konsum im öffentlichen Raum zu stark eingeschränkt wird. Die Unterstützung von Modellprojekten in Hamburg kann ein Weg sein, eine Weiterentwicklung der Legalisierung zu erproben.
- Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes mit Fachgeschäften wie z.B. in Kanada?
Wir sehen in dem Gesetz einen ersten, wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Mit Modellprojekten, Auswertungen und Erfahrungen der neuen Gesetzgebung werden wir weitere Schritte diskutieren..


Bisherige parlamentarische Aktivität
Die FDP war nicht Teil der Hamburger Bürgerschaft in der letzten Legislaturperiode.


Allen, für die die Grünen oder die Linke keine Wahloption sind, kann man die FDP als Alternative empfehlen. Die Liberalen haben eine grundsätzlich positivere Sichtweise auf die Entkriminalisierung als z.B. die SPD (oder CDU und AfD). Wenn es jedoch um Details oder grundsätzliche drogenpolitische Fragen geht, enttäuschen die Liberalen sowohl programmatisch als auch in den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine. Eine Notoption.