FDP (Berlin 2021)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Der drogenpolitische Teil des Wahlprogramms der Berliner FDP namens “Holen wir uns die Zukunft” geht deutlich über das der Bundespartei hinaus. Alle Drogenkonsumenten sollen nach dem “Portugiesischen Modell” entkriminalisiert werden, eine verpflichtende Beratung soll es nur bei regelmäßigem Konsum geben. Beinahe spektakulär ist das überraschend klare Bekenntnis zur Legalisierung aller Drogen, konkret durch “Drogenabgabe über staatlich kontrollierte Präventionseinrichtungen”. Die Legalisierung von Cannabis soll ausdrücklich “kommerziellen Verkauf” beinhalten, ein beinahe klischeehafter Gegenpol zur Formulierung der Linken. Zurück in der konkreten Landespolitik möchte die FDP die strafverfolgungsfreie geringe Menge zum Eigenbedarf anheben. Beratungs- und Hilfsangebote zum Ausstieg sollen ausgebaut werden, das geplante Drugchecking soll ausgeführt und Drogenkonsumräume ausgebaut werden.

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Auszug aus dem Wahlprogramm:

“Wir setzen uns für die Legalisierung des Besitzes, privaten sowie kommerziellen Anbaus und kommerziellen Verkaufs von Cannabis als Genussmittel für volljährige Personen ein. Die Freigabe soll dabei konsequent reguliert werden, insbesondere um Jugend- und Verbraucherschutz erst zu ermöglichen. Dabei wollen wir ein Modellprojekt für Berlin entwickeln, um als Bundesland bei diesem Thema voranzugehen, sobald dies bundesrechtlich möglich ist. Bis dahin werden wir die nicht verfolgbare, geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf anheben.

Wir setzen uns für eine liberale Drogenpolitik ein, bei der in Anlehnung an das „portugiesische Modell“ der Fokus auf die Prävention statt auf eine Bestrafung gerichtet ist. Deshalb wollen wir Beratungs- und Hilfsangebote zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum weiter verstärken und ihre Erreichbarkeit verbessern. Eine strafrechtliche Verfolgung von Konsumentinnen und Konsumenten soll nicht mehr stattfinden, stattdessen soll bei wiederholtem und regelmäßigem Konsum eine verpflichtende Beratung hinsichtlich der psychologischen, medizinischen und sozialen Risiken des Betäubungsmittelkonsums stattfinden. Abhängigen kann vor allem dann geholfen werden, wenn ihre Sucht frühzeitig erkannt und therapiert wird. Jugendschutz kann nur durchgesetzt werden, wenn die kriminellen Organisationen ihr Monopol auf den Drogenhandel verlieren. Konsumentenschutz kann nur gelingen, wenn die Drogenabgabe über staatlich kontrollierte Präventionseinrichtungen erfolgt. Drogendealerinnen und -dealer, die Drogen außerhalb dieser staatlich lizensierten Abgabestellen illegal vertreiben, sollen hingegen härter als bisher durch steuer-, sozial-, aufenthalts- und gewerberechtliche Maßnahmen bestraft werden.

Wir werden das Pilotprojekt zum Drugchecking weiter ausbauen und flächenmäßig in Berlin verfügbar machen, damit Menschen vor dem Konsum gefährlicher, gepanschter Drogen geschützt werden. Dazu wollen wir insbesondere Rechtssicherheit für Drugchecking-Angebote schaffen. Außerdem werden wir weitere Drogenkonsumräume in Berlin einrichten.”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die Antworten auf die Wahlprüfsteine entsprechen weitgehend dem Wahlprogramm. Die FDP spricht sich für die Legalisierung von Cannabis aus, Berlin soll mit einem Modellprojekt in diese Richtung vorangehen. Drug-Checking, mehr Druckräume und die Heraufsetzung der Geringen Menge Cannabis gehören zu den wenigen Forderungen, die die Landesebene betreffen. Laut ihrer Aussage sollte außerdem das reine Mitführen von Cannabis keine Auswirkungen auf den Führerscheinbesitz haben. Bei den vergangenen Initiativen verweist die FDP darauf, dass es sich um ein primär bundesrechtliches Thema handelt und gibt lediglich Anträge auf Bundesebene an. Auch bei der Frage nach den geplanten Initiativen gibt es nur Programmauszüge mit teilweise bundespolitischem Bezug.

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Frage 1

Menschen werden trotz des Urteils des BVerfG von 1994 immer noch wegen des Besitzes geringer Mengen Cannabis strafrechtlich verfolgt. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “Geringen Menge” nach §31a BtMG und planen Sie Änderungen?

Antwort

Die FDP setzt sich für die Legalisierung des Besitzes, privaten sowie kommerziellen Anbaus und kommerziellen Verkaufs von Cannabis als Genussmittel für volljährige Personen ein. Die Freigabe soll dabei konsequent reguliert werden, insbesondere um Jugend- und Verbraucherschutz erst zu ermöglichen. Dabei wollen wir ein Modellprojekt für Berlin entwickeln, um als Bundesland bei diesem Thema voranzugehen, sobald dies bundesrechtlich möglich ist. Bis dahin werden wir die nicht verfolgbare, geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf anheben. Auf Bundesebene hat sich die FDP erst im März 2021 für eine maximale Cannabis-Besitzmenge für Privatpersonen von 15 Gramm eingesetzt. Der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion findet sich unter „Drucksache 19/27807“ im Internet.

Frage 2:

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Abgabe von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene?

Antwort

Siehe auch Antwort zu Frage 1: Die FDP setzt sich für die Legalisierung des Besitzes, privaten sowie kommerziellen Anbaus und kommerziellen Verkaufs von Cannabis als Genussmittel für volljährige Personen ein. Die Freigabe soll dabei konsequent reguliert werden, insbesondere um Jugend- und Verbraucherschutz erst zu ermöglichen. Dabei wollen wir ein Modellprojekt für Berlin entwickeln, um als Bundesland bei diesem Thema voranzugehen, sobald dies bundesrechtlich möglich ist.

Frage 3

Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?

Antwort

Die FDP will das Pilotprojekt zum Drugchecking weiter ausbauen und flächenmäßig in Berlin verfügbar machen, damit Menschen vor dem Konsum gefährlicher, gepanschter Drogen geschützt werden. Dazu wollen wir insbesondere Rechtssicherheit für Drugchecking-Angebote schaffen. Außerdem werden wir weitere Drogenkonsumräume in Berlin einrichten.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Antwort

Andere Länder sind Deutschland voraus und haben Stufensysteme auch für den THC-Wert eingeführt. Wie dafür gesorgt werden kann, dass Cannabiskonsum im Straßenverkehr weder geringer noch härter bestraft wird, muss im Bund auf wissenschaftlicher Basis diskutiert werden.

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird regelmäßig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort

Nein. Die FDP wird sich dafür einsetzen, dass das Verwaltungsrecht nicht mehr missbraucht wird, um Cannabiskonsumenten durch die Androhung des Führerscheinentzugs zu verfolgen, ohne dass sie unter dem Einfluss von Cannabis am Straßenverkehr teilgenommen haben. Die Teilnahme am Straßenverkehr im Rauschzustand muss selbstverständlich untersagt bleiben.

Frage 6

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)

Antwort

Da es sich bei der Drogenpolitik um ein primär bundesrechtliches Thema handelt, verweisen wir an dieser Stelle auf die Anträge unserer FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Darüber hinaus sind online zahlreiche Anfragen der FDP-Bundestagsfraktion zu finden.

Drucksache 19/27807 vom 23.03.2021, „Cannabis zu Genusszwecken kontrolliert an Erwachsene abgeben – Gesundheits- und Jugendschutz stärken“
Drucksache 19/23691     vom 27.10.2020, „Cannabis-Modellprojekte ermöglichen“

Drucksache 19/4835 vom 10.10.2018, „Medizinalcannabis-Anbau zum Export ermöglichen“
Drucksache 19/515     vom 24.01.2018, „Cannabis-Modellprojekte ermöglichen“

Frage 7

Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

Wir setzen uns für eine liberale Drogenpolitik ein, bei der in Anlehnung an das „portugiesische Modell“ der Fokus auf die Prävention statt auf eine Bestrafung gerichtet ist. Deshalb wollen wir Beratungs- und Hilfsangebote zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum weiter verstärken und ihre Erreichbarkeit verbessern. Eine strafrechtliche Verfolgung von Konsumentinnen und Konsumenten soll nicht mehr stattfinden, stattdessen soll bei wiederholtem und regelmäßigem Konsum eine verpflichtende Beratung hinsichtlich der psychologischen, medizinischen und sozialen Risiken des Betäubungsmittelkonsums stattfinden. Abhängigen kann vor allem dann geholfen werden, wenn ihre Sucht frühzeitig erkannt und therapiert wird. Jugendschutz kann nur durchgesetzt werden, wenn die kriminellen Organisationen ihr Monopol auf den Drogenhandel verlieren. Konsumentenschutz kann nur gelingen, wenn die Drogenabgabe über staatlich kontrollierte Präventionseinrichtungen erfolgt. Drogendealerinnen und -dealer, die Drogen außerhalb dieser staatlich lizensierten Abgabestellen illegal vertreiben, sollen hingegen härter als bisher durch steuer-, sozial-, aufenthalts- und gewerberechtliche Maßnahmen bestraft werden.

Frage 8

Sind Sie fürr die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene und wie sollte Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?

Antwort

Wie schon in unserer Antwort zur Frage 1 erwähnt, setzen wir uns für die Legalisierung des Besitzes, privaten sowie kommerziellen Anbaus und kommerziellen Verkaufs von Cannabis als Genussmittel für volljährige Personen ein. Die Freigabe soll dabei konsequent reguliert werden, insbesondere um Jugend- und Verbraucherschutz erst zu ermöglichen. Dies alles soll in einem Modellprojekt getestet werden und Berlin damit eine Vorreiterrolle für die anderen deutschen Bundesländer übernehmen.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Drogenpolitisch gab es von der FDP lediglich 2018 eine Anfrage dazu, wie sich in den vergangen zehn Jahren der THC-Gehalt von in Berlin sichergestellten Cannabisprodukten entwickelt hat, zur Häufigkeit der vorläufigen Entziehung des Führerscheins aufgrund von THC-Nachweisen und wie die Amtsanwaltschaft Berlin Fälle bewertet, bei denen durch passiv kiffen ein nachweisbarer THC-Gehalt zustande gekommen ist. Eine zweite Anfrage gab es 2019 zu den rechtlichen Grundlagen einer bewaffneten Polizeikontrolle/Schleierfahndung nach Drogen in Berlin mit verdachtsunabhängigen Kontrollen von KfZ.

Das ist eine schwache Performance für eine Oppositionspartei, die viel mehr Möglichkeiten hat, mit Anträgen und Anfragen Druck zu machen als eine Koalitionspartei. Das sehr schön zu lesende Programm der Berliner FDP schlägt sich kaum in deren Arbeit im Berliner Abgeordnetenhaus nieder.

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Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 25. Juli 2018 zum Thema: Passiv kiffen 

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 11. November 2019 zum Thema: Schleierfahndung in Berlin?

Das Programm der FDP liest sich sehr schön. Mit der Forderung nach legaler Abgabe aller Drogen in staatlich kontrollierten Präventionseinrichtungen neben kommerziellem Verkauf von Cannabis geht der Landesverband deutlich über den Bundesverband hinaus. Auch im Detail passt die Haltung der Liberalen: Cannabis-Modellprojekt, Drug-Checking, Entkriminalisierung der Konsumenten inklusive Erhöhung der Geringen Menge Cannabis, Führerscheinregelung… alles dabei. Theoretisch. Schade, dass sich das weder in der bisheringen Arbeit im Parlament, noch in konkreten Plänen auf Landesebene widerspiegelt.