Ich möchte Cannabis als Medikament legal verwenden. Wo bekomme ich Informationen? Wo finde ich einen Arzt?

Erstmal ein paar grundsätzliche Infos, auch wenn sie dir vielleicht schon bekannt sind:

Es gibt drei praktisch nutzbare Möglichkeiten für dich, Cannabis als Medizin legal zu nutzen. Relativ häufig ist das Verschreiben von Dronabinol (THC). Das ist ein meist öliger Extrakt, relativ teuer und wird von den Krankenkasse in der Regel nicht bezahlt. Er kann von Ärzten auf einem privat zu zahlenden BTM Rezept verschrieben werden.

Das Fertigpräparat zum Sprühen Sativex kann bei durch Multiple Sklerose bedingten Spastiken von der Krankenkasse übernommen werden, ansonsten nur in Sonderfällen. Es kann allerdings von Ärzten als Off Label Use auf Privatrezept verschrieben werden, ebenfalls als BTM Rezept.

Die einzige Möglichkeit, an Hanfblüten legal heranzukommen, ist ein Antrag beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte). Auf deren Website bitte runterscrollen bis:

“Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabis zur Anwendung im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie”

Das wichtigste ist aber, dass du einen Arzt findest, der dich dabei unterstützt, ob nun Dronabinol, Sativex oder Blüten.

Leider haben sehr viele Menschen genau dieses Problem, Cannabis hilft ihnen bei ihrer Krankheit, aber sie finden keinen Arzt. Leider gibt es so wenige Ärzte, die sich offen zu dem Thema bekennen, dass wir da nicht wirklich weiterhelfen können.

Du könntest es mal bei der entsprechenden Patientenvereinigung SCM (Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin) versuchen, womöglich kann man dir dort einen Arzt aus deiner Nähe nennen. Auch sonst findest du dort viele Informationen zum Thema.

In deren Webforum und auch auf der Emailliste tauschen sich Betroffene über ihre Erfahrungen aus. Durch aktive Beteiligung und Vernetzung kannst du dort wertvolle Informationen und Kontakte erhalten.

Auch die IACM (Internationale Arbeitsgemeinschaft für Cannabinoidmedikamente) hat auf ihrer Website viele Informationen veröffentlicht, die dir bei deinem weiteren Weg hin zu einem legalen Zugang zu Cannabismedizin helfen können.

Der Vorsitzende der IACM, Dr. Franjo Grotenhermen, hat sich auf die Begleitung von Cannabispatienten spezialisiert. Er kann in seiner Privatpraxis Patienten direkt behandeln, kann aber auf Grund seines eigenen Gesundheitszustands nur wenige Patienten in der Woche übernehmen.

Die IACM hat auf ihrer Seite auch eine 20-seitige Anleitung zur Beantragung einer Ausnahmegenehmigung bereitsgestellt (pdf-Dokument), die für Patienten und für behandelnde Ärzte interessant sein düfte.

Einen schönen Übersichtsartikel vor allem für Ärzte hat Dr. Grotenhermen im renommierten Ärzteblatt veröffentlicht.

Das alles erscheint jetzt wahnsinnig kompliziert und teuer. In einigen Einzelfällen ist es das auch. Manche Patienten legen mehrfach hunderte Kilometer zurück um zu Ärzten zu reisen, die sie bei ihrem Weg unterstützen. Viele investieren tausende Euro in teures Sativex oder Dronabinol, bevor sie eine Ausnahmegenehmigung für Cannabisblüten erhalten. Manche Patienten berichten aber auch, dass es für sie relativ schnell ging und sie nur geringe Kosten und Mühen hatten. Die Handlungen des BfArM sind dabei von außen nicht immer durchschaubar.

Auch nach Erhalt der Ausnahmegenehmigung ist legales Cannabis sehr teuer. Zwischen 14 und 20 Euro pro Gramm zahlen die Patienten in der Apotheke, eine Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse ist momentan noch extrem selten. Wenn viele Patienten in einer Apotheke kaufen, kann der Preis aber durch Rabatte auf bis zu 10 Euro pro Gramm sinken. Auch deswegen ist es wichtig, Netzwerke zwischen Cannabispatienten aufzubauen.

Anträge auf legalen Eigenanbau kann man auch stellen, sie werden aber bisher leider noch nicht genehmigt, trotz positiver Entscheide mehrerer deutscher Gerichte. Einen Musterantrag für den legalen Eigenanbau hat das Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin veröffentlicht.

Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin hat auch einige interessante Muster Formulare und andere Dokumente veröffentlicht.

Trotz der hohen Kosten und dem Aufwand lohnt sich ein Rezept oder eine Ausnahmegenehmigung aber für viele Betroffene. Die Polizei kann bei Kontrollen nicht unterscheiden, woher genau die Blüten in einem Bedrocan Döschen sind. Viele Richter neigen auch dazu Patienten auf Grund von “rechtfertigendem Notstand” frei zu sprechen oder weniger hart zu bestrafen, wenn diese sich wegen der hohen Preise nicht in der Apotheke, sondern auf dem Schwarzmarkt oder durch Eigenanbau versorgen und dabei erwischt werden. Selbst wenn nur der Versuch unternommen wurde, eine Ausnahmegenehmigung zu erlangen, kann schon dieser Versuch strafmildernd wirken.

Wir vom DHV kämpfen dafür, dass die Anwendung von Cannabis als Medizin endlich legalisiert, anerkannt und von den Krankenkassen bezahlt bzw. der Eigenanbau für Patienten erlaubt wird: