Die Linken (Schleswig-Holstein 2022)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Das Wahlprogramm der Linken widmet dem Thema Drogenpolitik im Bereich Gesundheit einen eigenen Abschnitt, der merkwürdig inkonsistent formuliert ist. Wie die CDU scheinen auch die Linken Drogenkonsum ausschließlich mit “Suchterkrankten” in Verbindung zu bringen. Sie antworten darauf zunächst aber mit einer vollkommen gegensätzlichen Strategie, nämlich der Legalisierung aller Drogen (“Nur wenn der Zugang zu Drogen ohne Umwege über kriminelle Strukturen … gewährleistet ist…”), um dann im Fazit zusammenzufassen, dass Menschen nicht wegen Drogensucht” stigmatisiert und kriminalisiert werden sollte, sondern Drogenkonsumräume brauchen.

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Auszug aus dem Wahlprogramm

“Fortschrittliche Drogenpolitik durchsetzen

Drogen, ob sie als legal oder illegal bezeichnet werden, sind eine Alltagserscheinung. Die Erfahrungen zeigen, dass staatliche Verbote die Menschen nur selten vom Drogenkonsum abhalten. Ihr Missbrauch kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden und menschlichen Tragödien führen. Dabei sagt die Einteilung in legale und illegale Drogen nichts über deren Gefährlichkeit aus. Die gesellschaftliche Verharmlosung legaler Drogen ignoriert, dass besonders Alkohol- und Medikamentenmissbrauch weit verbreitet sind. Gegen die Ursachen von Sucht hilft keine Stigmatisierung und Verbannung aus dem öffentlichen Raum. Kinder und Jugendliche müssen vor den Gefahren von Rauschmitteln geschützt und aufgeklärt werden. Es ist ein vernünftiges gesellschaftliches Ziel, die Verbreitung von Suchtmitteln so niedrig wie möglich zu halten. Drogenpolitik muss daher zu einer präventiven, sachlichen und glaubwürdigen Aufklärung über die Wirkung und Risiken von Drogen beitragen, anstatt Drogen zu verbieten und Konsument*innen zu kriminalisieren. Nur wenn der Zugang zu Drogen ohne Umwege über kriminelle Strukturen und ohne tödliche Streckmittel gewährleistet ist, kann ein selbstverantwortlicher Umgang mit Rauschmitteln entwickelt werden und organisiertes Verbrechen, das sich aus dem Schwarzmarkthandel mit Drogen finanziert, entmachtet werden. Anstelle der Strafverfolgung von Konsument*innen müssen ausreichende Mittel für präventive und therapeutische Angebote bereitgestellt werden. Wir wollen damit Suchterkrankten die Möglichkeiten zur Verfügung stellen sicher zu konsumieren und sich an Beratungsmöglichkeiten zu wenden.

Die Linke fordert:

[…]

Ausbau präventiver und therapeutischer Ansätze im Umgang mit Drogensucht statt Stigmatisierung und Kriminalisierung sowie die Bereitstellung von Drogenkonsumräumen.”

Antworten auf Wahlprüfsteine

In den Antworten auf die Wahlprüfsteine gibt die Linke an, dass sie sich für eine Anhebung der “Geringen Menge” auf 15 Gramm einsetzen wollen. Modellprojekte zur Cannabisabgabe und Drug-Checking werden befürwortet und sollen nach Wunsch der Linken in der kommenden Legislatur in die Praxis umgesetzt werden. Im Straßenverkehrsrecht wünscht man sich für Konsumenten Grenzwerte und Regelungen, “die auf konkrete Gefährdungen des Straßenverkehrs reagieren” anstelle der aktuell diskriminierenden Vorgehensweise. Die geplante bundesweite Legalisierung wird ausdrücklich befürwortet und würde von der Linken auch im Bundesrat unterstützt werden. Dabei stehen sie auch dem Eigenanbau positiv gegenüber.

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Frage 1

Die Bundesregierung plant den Cannabismarkt zu regulieren. Dieser Prozess dürfte wegen vieler Details noch etwas dauern. Wie stehen Sie dazu, die Entkriminalisierung im Vorfeld über Anhebung der “Geringen Menge” (§31a BtMG) u. konsequenter Einstellungsvorgabe für Staatsanwaltschaften voranzubringen?

Antwort

Als DIE LINKE Schleswig-Holstein befürworten wir grundsätzlich die geplante Regulierung des Cannabismarktes. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass bereits vor der Legalisierung von Cannabis in Schleswig-Holstein die „Geringe Menge“, bis zu welcher die Staatsanwaltschaft Verfahren einstellen kann, auf 15 Gramm angehoben wird und die Staatsanwaltschaften im Land angewiesen werden, Verfahren wegen illegalen Besitzes von Cannabis konsequent einzustellen.

Frage 2:

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Cannabisabgabe, im wissenschaftl. oder öffentl. Interesse, beantragen. Wie stehen Sie zu Modellversuchen für eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene, falls ein bundesweit regulierter Cannabismarkt scheitert?

Antwort

Bereits die momentan regierende Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP hatte sich im Koalitionsvertrag folgendermaßen geeinigt: „Die Möglichkeit zur kontrollierten Freigabe von Cannabis im Rahmen eines Modellprojektes werden wir prüfen.“

Dass dieses Vorhaben von der Jamaika-Koalition nicht umgesetzt wurde, kritisieren wir scharf. Die Linke im Landtag möchte alle rechtlichen Möglichkeiten für eine Ausnahmegenehmigung zur legalen Cannabisabgabe nutzen.

Frage 3

Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?

Antwort

Im „Drug-Checking“ sehen wir die große Chance, die schlimmsten Folgen der Illegalisierung von Drogen deutlich zu minimieren und Konsumierende zu schützen. Daher möchte die Linke im Landtag einen Modellversuch starten, um Drug-Checking testweise in Schleswig-Holstein zu ermöglichen und auf Bundesebene darauf einwirken, dass das Drug-Checking flächendeckend erlaubt wird.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Antwort

Wir setzen uns für die Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsument*innen im Straßenverkehr ein. In der bisherigen Praxis sehen wir als überharte Repressionen gegen Cannabis-Konsument*innen an. Wir möchten, dass Grenzwerte und Regelungen gelten, die auf konkrete Gefährungen des Straßenverkehrs reagieren.

Wir möchten, dass der nachgewiesene Konsum oder Besitz von Cannabis ohne weitere Anhaltspunkte, die auf die Gefährdung des Straßenverkehrs hindeuten, nicht mehr zum Entzug der Fahrerlaubnis führt. Beim Führen eines Fahrzeugs bei nachgewiesenem Konsum von Cannabis sollen Blutalkoholkonzentrationswerte gelten, bei welchen tatsächlich eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit vorliegt.

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort

Auch in Schleswig-Holstein meldet die Polizei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz in einigen Fällen an die Polizei. In dieser Praxis sehen wir eine Diskriminierung von Cannabiskonsumierenden und möchten diese daher abschaffen.

Frage 6

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)

Antwort

Die Linke ist momentan nicht im schleswig-holsteinischen Landtag vertreten. Daher liegen aus der aktuellen Legislaturperiode keine Initiativen vor. Allerdings setzen wir uns auf Kreisebene drogenpolitisch für eine Liberalisierung ein.

So brachte die Ratsfraktion in Kiel im Jahr 2015 folgenden Antrag ein:

Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen,

a) ob und auf welche Weise für die Landeshauptstadt Kiel eine Ausnahmegenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Betrieb von lizenzierten Abgabestellen von Cannabisprodukten gemäß § 3 Abs. 2 BtMG erwirkt werden kann sowie

b) welche nötigen Schritte nach erteilter Ausnahmegenehmigung zur Abgabe von Cannabisprodukten von lizenzierten Abgabestellen einzuleiten wären unter den Voraussetzungen

• des legalen und kontrollierten Bezugs der Cannabisprodukte

• der Klärung des rechtmäßigen Betriebs und notwendiger Kontrollen der Abgabestellen und

• der Begrenzung der Abgabe auf Personen über 21 Jahren mit erstem oder zweitem Wohnsitz in Kiel.

Bei erfolgreicher Prüfung ist zur Klärung des wissenschaftlichen und des öffentlichen Interesses und zur erfolgversprechenden Antragsausarbeitung nach Punkt 1.a eine Fachkonferenz von Suchthilfeträgern, Drogenexperten, der Polizei und Fachpolitikern einzuberufen. Es sollen hier auch Fragen des Bezugs und des Verkaufs von Cannabisprodukten besprochen sowie eine wissenschaftliche Begleitung durch geeignete Forschungsstellen in die Wege geleitet werden.

Frage 7

Welche drogenpolitischen Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

In der nächsten Legislaturperiode möchten wir endlich die Möglichkeiten des Landes nutzen, vor der von der Bundesregierung geplanten Freigabe von Cannabis einen Modellversuch zur Abgabe von Cannabis an Erwachsene sowie zur Praxis des Drug-Checking zu starten.

Frage 8

Befürworten Sie die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene wie von der Bundesregierung geplant und würden dementsprechend eine Ja-Stimme Ihres Bundeslandes im Bundesrat befürworten? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?

Antwort

Die von der Bundesregierung geplante Legalisierung von Cannabis für Erwachsene befürworten wir ausdrücklich und befürworten eine Ja-Stimme Schleswig-Holsteins im Bundesrat. Nach Meinung der Linken Schleswig-Holstein sollte der private Eigenanbau grundsätzlich erlaubt sein.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Die Linke stellte in der vergangenen Legislaturperiode keine Fraktion im Landtag und konnte daher auch nicht parlamentarisch aktiv werden.

Die Linke war in der vergangen Legislaturperiode nicht im Landtag Schleswig-Holstein vertreten. Laut Wahlprogramm wird eine Entkriminalisierung jeglicher Konsumenten befürwortet. Das Stichwort Cannabis taucht darin aber nicht auf. Laut den Wahlprüfsteinen werden Modellprojekte und Drug-Checking befürwortet. Ebenso soll die diskriminierende Praxis im Führerscheinrecht beendet und ein wissenschaftsbasierter THC-Grenzwert eingeführt werden. Der private Eigenanbau sollte grundsätzlich erlaubt sein. Auch im Bundesrat würde man die Legalisierung unterstützen.