Die Linken (RLP 2021)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Überraschenderweise erwähnt das Wahlprogramm von DIE LINKE Rheinland-Pfalz mit keinem Wort Cannabis. Auch auf Präventionsmaßnahmen mit Bezug auf Drogen und suchtkranke Menschen wird nicht eingegangen. Allerdings fordert DIE LINKE eine Neufassung polizeilicher Aufgaben, bei der auch die Jagd auf Drogenkonsument*innen beendet werden soll.

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Auszug aus dem Programm

“Die Hatz nach Drogenkonsument*innen muss (…) der Vergangenheit angehören”

Antworten auf Wahlprüfsteine

DIE LINKE fordert eine bundesweite Angleichung der geringen Menge nach dem liberalen Berliner Vorbild. Auch der Anbau von bis zu drei Pflanzen für den Eigenbedarf soll ermöglicht werden. DIE LINKE bevorzugt die Abgabeform über Cannabis Social Clubs, Modellprojekte werden begrüßt, die Erforderlichkeit von Drug-Checking wird ebenfalls betont. Wie auf Bundesebene setzt sich DIE LINKE für mehr Gerechtigkeit beim Führerschein ein.

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Frage 1

Die deutsche Drogenpolitik basiert auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Behandlung, Überlebenshilfe und Schadensminimierung, Repression und Angebotsminimierung. In Deutschland werden weit mehr Ressourcen für Repression als für Prävention ausgegeben. Wie bewerten Sie die Schwerpunktsetzung in der Drogenpolitik? Halten Sie Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?

Antwort

DIE LINKE steht für eine liberale und aufgeklärte Drogenpolitik. Wir setzen in der Bekämpfung von Drogenmissbrauch nicht auf Repression gegen Drogenkonsument*innen. Die Bestrafung von Drogenkonsument*innen, die allenfalls sich selbst schädigen, ist mit dem Freiheitspostulat unserer Verfassung nicht vereinbar. Strafverfolgung und Repressionsmaßnahmen stärken zudem die organisierte Kriminalität, behindern eine glaubwürdige Präventionsarbeit, erhöhen die Hürden für die Drogen- und Suchthilfe und erschweren Jugend- und Verbraucherschutz.
Wir befürworten stattdessen die Vorbeugung von Drogenmissbrauch durch Präventivmaßnahmen und Aufklärungsangebote. Entkriminalisierung der Abhängigen und die Organisierung von Hilfsangeboten sowie eine legale und kontrollierte Abgabe von Drogen sind für uns Bestandteile einer humanen und rationalen Drogenpolitik im 21. Jahrhundert.

Frage 2

Menschen, die Cannabis konsumieren, werden immer noch strafrechtlich verfolgt. Wollen Sie diese Strafverfolgung generell mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Antwort

Aus unserer Sicht stärken Strafverfolgung und Repressionsmaßnahmen gegen Drogenkonsument*innen die organisierte Kriminalität. Zudem behindern sie eine glaubwürdige Präventionsarbeit, erhöhen die Hürden für die Drogen- und Suchthilfe und erschweren Jugend- und Verbraucherschutz erheblich. Daher treten wir für die Entkriminalisierung von Abhängigen ein. Nicht die Konsument*innen müssen bekämpft werden, sondern der Schwarzmarkt.

Frage 3

Nach dem Urteil des BVerfG von 1994 sollen “Geringe Mengen” für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “Geringen Menge” nach §31a BtMG in Baden-Württemberg und planen Sie Änderungen?

Antwort

Eine bundeseinheitliche Regelung, wann von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen werden muss, halten wir für dringend notwendig. An die aktuellen Regelungen in Berlin anknüpfend schlagen wir als bundeseinheitliche „geringe Menge“ folgende Grenzwerte zum Absehen von Strafverfolgung bei Eigenbedarf vor: 15 Gramm Cannabisblüten oder Cannabisharz sowie der Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen. Dazu müssen Hanfsamen zum Anbau für den Eigenbedarf ausgenommen werden. Zudem soll der kollektive Anbau zum Eigenbedarf ermöglicht werden.

Frage 4

Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Antwort

Wir wollen den Anbau von Cannabis für den eigenen Bedarf erlauben sowie den genossenschaftlich organisierten und nichtkommerziellen Anbau über sog. Cannabis-Social-Clubs ermöglichen, in denen die Clubmitglieder gemeinschaftlich Cannabis zum Eigenbedarf produzieren können, ohne ein Gewinnstreben zu verfolgen.

Frage 5

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Abgabe von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene?

Antwort

DIE LINKE befürwortet Modellprojekte von Kommunen oder Ländern, die darauf abzielen, Methoden der Cannabisabgabe zu erproben. Erst eine kontrollierte und legale Abgabe von Drogen gewährleistet sichere Inhaltsstoffe, ermöglicht die notwendige Aufklärung und bietet die Chance, den nötigen Jugend- und Verbraucherschutz umzusetzen.

Frage 6

Ein regulierter legaler Markt bietet die Möglichkeit von Qualitätskontrollen bei Cannabisprodukten. Auf dem heutigen Schwarzmarkt sind der Wirkstoffgehalt sowie mögliche Verunreinigungen und Beimengungen, z.B. von synthetischen Cannabinoiden, nicht ersichtlich. Unter dem Aspekt der Schadensminimierung wäre die Möglichkeit für anonyme Substanzanalysen ein drogenpolitisches Instrument, das auch jetzt genutzt werden könnte. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle(Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis?

Antwort

Hauptziel LINKER Drogenpolitik ist, negative Folgen von Drogenkonsum zu reduzieren. Wir wollen daher das Testen von Drogen auf Identität und Reinheit (Drug-Checking) landesweit ermöglichen und Projekte durch Landesmittel finanzieren. Drogenkonsumräume sowie die Vergabe und Entsorgung von Konsummaterialien verringern die Begleitrisiken des Konsums, zum Beispiel HIV/AIDS und Hepatitis, enorm.

Frage 7

Cannabiskonsumenten werden bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt, sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der unterschiedlichen Sanktionsspirale. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung mit Alkoholkonsum bei der Auslegung der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ein?

Antwort

DIE LINKE befürwortet eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die darauf abzielt, dass der Entzug der Fahrerlaubnis nicht allein aufgrund des festgestellten Konsums oder widerrechtlichen Besitzes illegaler Drogen erfolgen kann. Ausschließlich Personen, die tatsächlich in einem Rauschzustand am Straßenverkehr teilnehmen – und damit gefährden -, sollen aus unserer Sicht mit einem Entzug der Fahrerlaubnis sanktioniert werden können.

Frage 8

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird nahezu regelmäßig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Dies widerspricht dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.06.2002, in dem u.a. festgestellt wird, dass der Besitz, der einmalige oder gelegentliche Konsum von Cannabis ohne Einfluss auf das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr keine fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen nach sich führen sollte. Wollen Sie in Rheinland-Pfalz an der Praxis festhalten, dass die Polizei reine Cannabisbesitzdelikte an die Führerscheinstellen meldet?

Antwort

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass der reine Besitz von Cannabis keine Auswirkung auf die Fahrerlaubnis einer Person hat. Eine solche Praxis stigmatisiert Konsument*innen von Cannabis. Daher lehnen wir die Übermittlung von reinen Cannabisdelikten an die Führerscheinstellen ab.

Frage 9

Viele drogenpolitischen Maßnahmen betreffen eher Bundesrecht. Haben Sie vor, Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit zu vertreten?

Antwort

Wir werden im neuen rheinland-pfälzischen Landtag aus der Opposition heraus Druck auf die Landesregierung machen. Darüber hinaus wird DIE LINKE über ihre Bundestagsfraktion und die Landesregierungen unter unserer Beteiligung auf der bundespolitischen Ebene Initiativen starten – für eine liberale und humane Drogenpolitik in Rheinland-Pfalz und der gesamten Bundesrepublik.

Frage 10

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Landespartei und Landtagsfraktion in der aktuellen Legislaturperiode?

Antwort

Als LINKE setzen wir uns für eine fortschrittliche Drogenpolitik ein – ob im Bundestag, in Landtagen oder in der außerparlamentarischen Opposition. Auf parlamentarischer Ebene übt insbesondere unsere Bundestagsfraktion immer wieder über Kleine Anfragen und Gesetzesinitiativen Druck auf die Bundesregierung aus, endlich auf Prävention und Aufklärung statt auf Repression zu setzen. In Berlin hat sich DIE LINKE erfolgreich für eine gesundheitsorientierte Drogenpolitik eingesetzt und Drogenkonsumräume eingeführt.

Frage 11

Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?

Antwort

DIE LINKE wird im neuen rheinland-pfälzischen Landtag Anträge einbringen, die die Landesregierung dazu auffordern, über eine Bundesratsinitiative die Entkriminalisierung von Drogenkonsument*innen anzustoßen. Zudem werden wir die Landesregierung dazu aufrufen, Modellprojekte zur geregelten Abgabe von Cannabis durchzuführen und dazu eigene Gesetzesentwürfe einbringen.

Frage 12

Es werden derzeit unterschiedliche Modelle für die Legalisierung weltweit diskutiert und umgesetzt. Die öffentliche Zustimmung für eine Legalisierung steigt. Sind Sie für die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene und wie sollte nach Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?

Antwort

DIE LINKE steht für eine drogenpolitische Kehrtwende. Wir treten für eine Legalisierung von Cannabiskonsum und -anbau für den eigenen Bedarf ein. Wir befürworten die Einführung staatlich regulierter Coffee-Shop-Modelle oder anderer regulierter Abgabeformen wie beispielsweise dem Cannabis-Social-Club-Modell.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Aufgrund des Scheiterns an der Fünf Prozent Hürde bei der Wahl 2016 konnte DIE LINKE nicht drogenpolitisch im Landtag aktiv werden.

DIE LINKE  hält es nicht für nötig, Cannabis in ihrem 76-seitigen Wahlprogramm zu erwähnen. Einen cannabisfreundlichen Ansatz konnten wir den Linken erst auf Nachfrage entlocken. Aufgrund des Scheiterns an der Fünf-Prozent-Hürde bei der Wahl 2016 konnten die Linken im Parlament keinen ernsthaften Änderungswillen beweisen. Die aktuellen Umfragewerte lassen daran zweifeln, ob es die Partei nach dem Nicht-Einzug bei der letzten Wahl dieses Mal schafft.