Die Grünen (RLP 2021)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Erwartungsgemäß ist Drogenpolitik Teil des Wahlprogramms der GRÜNEN in Rheinland-Pfalz. Sie verweisen auf das Cannabiskontrollgesetz der Bundestagsfraktion zur Legalisierung von Cannabis. Die GRÜNEN Rheinland-Pfalz sind für Modellprojekte zur Cannabisabgabe und Drug-Checking und sie wollen eine Gleichbehandlung von cannabis- und alkoholkonsumierenden Führerscheininhabern.

Weiterlesen

Auszug aus dem Programm

“Verantwortungsvolle Drogenpolitik
Ein grundlegendes Umdenken in der Drogenpolitik ist aus unserer Sicht längst überfällig. Prävention, Hilfe, Jugendschutz und Entkriminalisierung sind für uns dabei entscheidend. Es gilt, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu achten und gesundheitliche Risiken zu minimieren.
Im Bund setzen wir uns für eine Freigabe von Cannabis unter strengem Jugendschutz und staatlicher Kontrolle ein. Wir wollen erwachsene Konsument*innen nicht länger kriminalisieren und dafür sorgen, dass der Schwarzmarkt austrocknet. Damit werden die Strafverfolgungsbehörden von zeitraubenden und kostspieligen Verfahren entlastet. Mittelfristig wollen wir ein staatlich reguliertes System für den Anbau, den Handel und die Abgabe von Cannabis schaffen, bei dem Verbraucher- und Jugendschutz sowie Suchtprävention greifen. Dazu setzen wir uns für Modellprojekte ein. Wir wollen die Ermittlungen der Fahrerlaubnisbehörden gegen THC-Konsument*innen den Regeln für Alkoholkonsum angleichen: Sie sollen erst ab einer gewissen Grenze möglich sein, und nur, wenn Konsument*innen am Straßenverkehr teilgenommen haben.
Mehr Prävention und Aufklärung
Wer abhängig ist, braucht Hilfe – und keine Strafverfolgung. Daher muss das Hilfs- und Beratungssystem auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet sein, um gesundheitliche Risiken zu verringern. Wir wollen die niederschwelligen Angebote in der Drogen- und Suchthilfe weiter ausbauen. Die Bedingungen des Schwarzmarktes bergen Gefahren, denen wir mit Spritzentauschprogrammen, Drogenkonsumräumen und Informationsmöglichkeiten entgegentreten wollen. Ergänzend sollen Substanzanalysen (Drugchecking) ermöglicht werden, um Menschen vor gestreckten und gefährlichen beigemischten Drogen zu schützen. Insbesondere bei großen Festivals wie Rock am Ring oder der NatureOne fordern wir eine Drug-Checking-Offensive des Landes. Aufklärung und Prävention über die Risiken aller Drogen und Abhängigkeiten wollen wir stärken, insbesondere an den Schulen und in der Jugendarbeit. Einem übermäßigen Alkoholkonsum unter Jugendlichen und Erwachsenen wollen wir durch Programme begegnen, die einen bewussten Konsum zum Ziel haben. Auch über Spielsucht, Sucht im Alter, Medikamenten- und Medienabhängigkeit muss aufgeklärt werden. Tabakwerbung wollen wir beenden, Alkoholwerbung stärker einschränken.”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die Marschrichtung der GRÜNEN in Rheinland-Pfalz scheint klar: Erwachsene, die Cannabis konsumieren, sollen nicht länger kriminalisiert werden. Zudem soll dafür gesorgt werden, dass der Schwarzmarkt ausgetrocknet wird – mit Verweis auf das Cannabiskontrollgesetz der Bundespartei. Die “geringe Menge” soll erhöht und Eigenanbau rechtlich möglich gemacht werden. Neben dem Ja zu Modellprojekten stehen die GRÜNEN auch dem Drug-Checking positiv gegenüber. Die polizeiliche Praxis der Meldung reiner Cannabisbesitzdelikte an die Führerscheinstellen wollen die GRÜNEN Rheinland-Pfalz abschaffen, die Sanktionen sollen den Sanktionen im Bereich Alkohol angepasst werden.

Weiterlesen

Frage 1

Die deutsche Drogenpolitik basiert auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Behandlung, Überlebenshilfe und Schadensminimierung, Repression und Angebotsminimierung. In Deutschland werden weit mehr Ressourcen für Repression als für Prävention ausgegeben. Wie bewerten Sie die Schwerpunktsetzung in der Drogenpolitik? Halten Sie Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?

Antwort

Ein grundlegendes Umdenken in der Drogenpolitik ist aus unserer Sicht längst überfällig. Prävention, Hilfe, Jugendschutz und Entkriminalisierung sind für uns dabei entscheidend. Es gilt, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu achten und gesundheitliche Risiken zu minimieren.

Frage 2

Menschen, die Cannabis konsumieren, werden immer noch strafrechtlich verfolgt. Wollen Sie diese Strafverfolgung generell mildern, verschärfen oder unverändert lassen? Wir plädieren für eine Beibehaltung der momentanen rheinland-pfälzischen Strafverfolgungspraxis.

Antwort

Wir wollen erwachsene Konsument*innen nicht länger kriminalisieren und dafür sorgen, dass der Schwarzmarkt austrocknet. Damit werden die Strafverfolgungsbehörden von zeitraubenden und kostspieligen Verfahren entlastet. Wir wollen ein staatlich reguliertes System für Anbau, Handel und Abgabe von Cannabis schaffen, bei dem Verbraucher- und Jugendschutz sowie Suchtprävention greifen.

Frage 3

Nach dem Urteil des BVerfG von 1994 sollen “Geringe Mengen” für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “Geringen Menge” nach §31a BtMG in Baden-Württemberg und planen Sie Änderungen?

Antwort

Wir haben nach unserem Eintritt in die Landesregierung in Rheinland-Pfalz zuletzt 2012 die “Richtlinien zur Anwendung von § 31 a des Betäubungsmittelgesetzes in Betäubungsmittelsachen betreffend Haschisch und Marihuana“ geändert und die geringfügige Menge, bei der nicht strafverfolgt wird, auf 10 g heraufgesetzt. Diese Regelung wollen wir mit der Einführung eines Cannabis-Kontrollgesetzes ändern und damit auf 30 g Cannabis erhöhen.

Frage 4

Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Antwort

Wir würden auch diese Strafverfolgung im Zuge der kontrollierten Freigabe für Erwachsene abmildern und den Besitz von drei Cannabispflanzen zum Eigenbedarf erlauben.

Frage 5

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Abgabe von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene?

Antwort

Wir setzen uns für solche Modellprojekte ein. Unser Ziel ist auf dieser Grundlage ein allgemeinen Cannabis-Kontrollgesetz Regeln für einen legalen Anbau, Besitz, Handel und Konsum von Cannabis zu schaffen.

Frage 6

Ein regulierter legaler Markt bietet die Möglichkeit von Qualitätskontrollen bei Cannabisprodukten. Auf dem heutigen Schwarzmarkt sind der Wirkstoffgehalt sowie mögliche Verunreinigungen und Beimengungen, z.B. von synthetischen Cannabinoiden, nicht ersichtlich. Unter dem Aspekt der Schadensminimierung wäre die Möglichkeit für anonyme Substanzanalysen ein drogenpolitisches Instrument, das auch jetzt genutzt werden könnte. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle(Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis?

Antwort

Wir wollen Substanzanalysen (Drugchecking) ermöglichen, um Menschen vor gestreckten und gefährlichen beigemischten Drogen zu schützen. Insbesondere bei großen Festivals wie Rock am Ring oder der NatureOne fordern wir eine Drug-Checking-Offensive des Landes.

Frage 7

Cannabiskonsumenten werden bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt, sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der unterschiedlichen Sanktionsspirale. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung mit Alkoholkonsum bei der Auslegung der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ein?

Antwort

Wir wollen die Ermittlungen der Fahrerlaubnisbehörden gegen THC-Konsument*innen den Regeln für Alkoholkonsum angleichen: Sie sollen nur ab einer gewissen Grenze möglich sein und nur, wenn Konsument*innen am Straßenverkehr teilgenommen haben.

Frage 8

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird nahezu regelmäßig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Dies widerspricht dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.06.2002, in dem u.a. festgestellt wird, dass der Besitz, der einmalige oder gelegentliche Konsum von Cannabis ohne Einfluss auf das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr keine fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen nach sich führen sollte. Wollen Sie in Rheinland-Pfalz an der Praxis festhalten, dass die Polizei reine Cannabisbesitzdelikte an die Führerscheinstellen meldet?

Antwort

Nein, das wollen wir abschaffen.

Frage 9

Viele drogenpolitischen Maßnahmen betreffen eher Bundesrecht. Haben Sie vor, Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit zu vertreten?

Antwort

Ja, wir GRÜNE haben auf Bundesebene bereits ein Cannabis-Kontrollgesetz vorgeschlagen.

Frage 10

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Landespartei und Landtagsfraktion in der aktuellen Legislaturperiode?

Antwort

Wir haben regelmäßig den Drogen- und Suchtbericht der Bundesdrogenbeauftragten zum Thema im Gesundheitsausschuss gemacht. In zwei Kleinen Anfragen haben wir nach der Methadon-Substitutionstherapie gefragt. In mehreren Kleinen Anfragen und Berichtsanträgen im Gesundheitsausschuss haben wir die Umsetzung der Freigabe von Medizinischem Cannabis abgefragt. In einer weiteren Kleinen Anfrage haben wir die Strafverfolgung von Besitz zum Eigenverbrauch von Cannabis thematisiert. Gegenüber unseren Koalitionspartnern haben wir immer wieder die ungleiche Behandlung von THC-Konsument*innen mit Alkoholkonsument*innen im Straßenverkehr thematisiert.

Frage 11

Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?

Antwort

Wir werden die genannten Themen weiter verfolgen: Medizinisches Cannabis, THC im Straßenverkehr, Methadon-Substitution, Drug-Checking und weitere Schritte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis mit Modellprojekten und wollen auf Bundesebene ein Cannabis-Kontrollgesetz erreichen.

Frage 12

Es werden derzeit unterschiedliche Modelle für die Legalisierung weltweit diskutiert und umgesetzt. Die öffentliche Zustimmung für eine Legalisierung steigt. Sind Sie für die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene und wie sollte nach Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?

Antwort

Wir setzen uns für eine kontrollierte Legalisierung von Cannabis für Erwachsene ein. Dafür unterstützen wir GRÜNEN auf Bundesebene einen Entwurf eines Cannabis-Kontrollgesetzes eingebracht. Dieser sieht folgende Regelungen vor:

Entkriminalisierung:     Erwachsenen Privatpersonen soll zukünftig der Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis oder drei Cannabispflanzen zum Eigenbedarf erlaubt sein.

Jugendschutz:     Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist der Erwerb und Besitz vollständig untersagt.
     
Kontrolle:     Der gesamte Wirtschaftsverkehr für Cannabis (Anbau, Verarbeitung, Transport, Im- und Export, Groß- und Einzelhandel) wird gesetzlich reguliert und unter Genehmigungsvorhalt gestellt.
     
Geregelter Verkauf:     Der Verkauf von Cannabis und cannabishaltigen Produkten darf nur in zugelassenen Cannabisfachgeschäften erfolgen. Zudem gilt ein umfassendes Werbeverbot.
     
Cannabisfachgeschäfte:     Cannabisgeschäfte selbst unterliegen strengen Auflagen, insbesondere zum Jugendschutz. Das Personal muss eine Schulung zur Suchtprävention erfolgreich absolviert haben und sich regelmäßig fortbilden. Es ist verpflichtet, Kund*innen über Konsumrisiken, Suchtgefahren und schadensmindernde Maßnahmen aufzuklären und bei Bedarf auf Beratungs- und Therapieangebote hinzuweisen.
     
Verbraucherschutz:     Der Anbau von Cannabis unterliegt rechtssicheren Vorschriften, beispielsweise hinsichtlich der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Darüber hinaus darf Cannabis nicht in Verkehr gebracht werden, wenn es so verunreinigt ist, dass eine Gesundheitsgefahr besteht.
     
Prävention:     Sämtliche Produkte müssen eine Packungsbeilage mit Hinweisen zu Dosierung und Wirkung, möglichen Wechselwirkungen sowie Vorsichts- und Notfallmaßnahmen enthalten. Zusätzlich müssen Warnhinweise u.a. zum Jugendschutz und zu Suchtgefahren aufgebracht sein.
     
Straßenverkehr:     In die Straßenverkehrsordnung wird ein Grenzwert für Cannabis beim ühren von Kraftfahrzeugen eingeführt. Zudem werden an Alkohol angelehnte Vorgaben gemacht, in welchen Fällen bei Cannabiskonsumenten die Überprüfung der Fahreignung angeordnet werden kann.
     
Cannabissteuer:     Durch Steuereinnahmen aus dem Handel auf der einen und der Entlastung von Polizei und Justiz auf der anderen Seite lassen sich und zwei Milliarden Euro jährlich einnehmen bzw. einsparen
     
Evaluation:     Die Bundesregierung wird verpflichtet, dem Bundestag alle vier Jahre einen Bericht über die Auswirkungen des Gesetzes vorzulegen, der beispielsweise die Konsumentwicklungen, Verbraucherschutzaspekte und Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit umfasst.

Bisherige parlamentarische Aktivität

In der rot-grünen Vorgängerkoalition konnten die GRÜNEN noch die Erhöhung der geringen Menge auf 10 Gramm durchsetzen. In der aktuellen Ampelkoalition konnten die Grünen keine weiteren Fortschritte durchsetzen. Sie waren aber die aktivste Fraktion im Landtag mit diversen Anfragen und Beiträgen, was für eine Regierungsfraktion ungewöhnlich ist.

Die GRÜNEN Rheinland-Pfalz stehen mit ihrem Wahlprogramm und den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine für eine progressive Cannabispolitik. In der laufenden Legislaturperiode konnten sich die GRÜNEN aber nicht gegen den Koalitionspartner SPD durchsetzen. Trotzdem waren sie die aktivste Fraktion im Landtag, was ihnen gerade als Regierungspartei Pluspunkte bringt.