CDU (Berlin 2021)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Die Berliner CDU will wohl laut Wahlprogramm erneut verfassungsmäßig fragwürdige Null-Toleranz-Zonen einführen, in denen die “geringe Menge” nicht gilt. Rot-Rot-Grün hatte diese bundesweit einmalige Erfindung der Berliner CDU 2017 wieder abgeschafft. Der frühere CDU-Innensenator hatte z.B. im Görlitzer Park tausende Polizeistunden verheizt, die den Drogenhandel lediglich stundenweise während der Einsätze in Seitenstraßen verdrängten. Außerdem soll die “Eigenbedarfsgrenze” für Cannabis von 15 g auf 5 g abgesenkt werden. Damit stellt sich die Berliner CDU demonstrativ repressiver auf als andere Landesverbände, die 6 g als “geringe Menge” definieren, was auch dem Vorschlag der Bundesdrogenbeaufragten (CSU) entspricht. Anderswo lässt die CDU mittlerweile oft von der Forderung nach mehr Repression ab und erwähnt das Thema Drogen lieber gar nicht mehr in Landtagswahlprogrammen. In Berlin dagegen sollen die Strafverfolgungsbehörden “personell wie materiell” gestärkt den Dealern “zu Leibe” rücken. Dass die CDU außerdem “in jedem Einzelfall aufenthaltsrechtliche und aufenthaltsbeendende Maßnahmen” prüfen möchte, gibt dem Programm auch noch eine rassistische Komponente; als gäbe es keinen einzigen deutschen Drogenhändler in Berlin!

Da hilft es kaum, dass die CDU immerhin mobile Druckräume befürwortet und Straßensozialarbeit stärken will, womit sie in dem Bereich fortschrittlicher ist als viele andere CDU-Landesverbände. Die Forderung nach einem berlinweiten Lagebild zu Handel und Konsum taucht gleich zweimal auf, um dann “darauf reagieren zu können”.

Alkohol und Tabak werden in diesem Programm übrigtens nicht erwähnt.

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Auszug aus dem Programm

“Kampf den Drogen

Wir werden Drogendealern mit einer Null-Toleranz-Regel zu Leibe rücken. Dafür werden wir die Strafverfolgungsbehörden personell wie materiell besser ausstatten. Statt eines Strafrabatts für Drogendealer sind in jedem Einzelfall aufenthaltsrechtliche und aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu prüfen. Wir werden zudem unter verpflichtender Mitwirkung der Bezirke ein berlinweites Lagebild erstellen, um Wanderungen von Handel und öffentlichem Konsum beobachten und darauf reagieren zu können. Die Eigenbedarfsgrenze werden wir von 15 auf 5 Gramm senken, weil Berlin nicht mehr Magnet für Drogenhändler bleiben darf.“

“Die Hilfe muss zum suchtkranken Menschen kommen

Wir werden Suchtkranken gezielt helfen. Die Hilfe muss zum suchtkranken Menschen kommen. Wir werden dafür zusätzlich zu den stationären Konsumräumen mobile Angebote für die am stärksten betroffenen Bezirke zur Verfügung stellen, um flexibel und schnell reagieren zu können. Die Bezirke müssen die Genehmigungen für den Betrieb von Konsum- und Beratungsmobilen auf öffentlichem Straßenland unverzüglich erteilen.

“Straßensozialarbeit

Berlin braucht eine erhebliche Aufstockung der Straßensozialarbeit mit Fremdsprachenunterstützung, um suchtkranken Menschen angemessen zu helfen und sie damit „von der Straße“ zu bekommen.

“Berlinweites Lagebild zum Drogenkonsum und -handel

Berlin benötigt endlich ein berlinweites Lagebild, um Wanderungen von Drogenhandel und öffentlichem Konsum beobachten und darauf reagieren zu können. Daran müssen alle Bezirke verpflichtend beteiligt werden. Die Berliner Suchthilfe arbeitet seit Jahren ohne ein Gesamtbild. Das ist fahrlässig.”

“Keine Drogen in Gefängnissen

Wir werden den Kampf gegen den Drogenmissbrauch und -handel in den Justizvollzugsanstalten intensivieren. Dafür werden wir Drogenspürhunde anschaffen, Überwürfe von Drogenpaketen durch die Anpassung baulicher Gegebenheiten verhindern und durch eine spezielle Arbeitsgemeinschaft berlinweit in allen Justizvollzugsanstalten unangekündigte Haftraumkontrollen durchführen.”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Das einzig gute und lobenswerte an diesen Antworten auf unsere Wahlprüfsteine ist, dass die CDU sie uns trotz ihrer extrem repressiven Einstellung überhaupt geschickt und ehrlich beantwortet hat. Modellprojekte zur regulierten Cannabisabgabe an Erwachsene werden rigoros abgelehnt. Drug-Checking wird nicht als Maßnahme zur Schadensminderung gesehen, sondern als Verharmlosung und Konsumförderung verunglimpft. Der Besitz geringer Mengen Cannabis soll weiterhin strafbar bleiben und auf gerade einmal 5 g für den Eigenbedarf gesenkt werden, da die bisherigen 15 g angeblich das “Dealen” fördern. Eine Ungleichbehandlung von THC- Konsumenten gegenüber Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr wird nicht anerkannt und das bisherige diskriminierende Verfahren als “bewährt” gewertet. Die Union hält an ihrer Doppelmoral fest, dass angeblich ein “suchtfreies Leben” angestrebt wird und verbreitet weiterhin das wissenschaftlich widerlegte Märchen, dass Cannabis die “Einstiegsdroge Nummer eins” sei. Die Berliner CDU sagt allen Konsumenten illegalisierter Substanzen den Krieg an.

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Frage 1

Menschen werden trotz des Urteils des BVerfG von 1994 immer noch wegen des Besitzes geringer Mengen Cannabis strafrechtlich verfolgt. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “Geringen Menge” nach §31a BtMG und planen Sie Änderungen?

Antwort

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner sogenannten „Cannabis-Entscheidung“ vom 9. März 1994 lediglich ausgeführt, dass die Länder die Pflicht haben, für eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen. Wir stellen uns gegen die Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen, weil der erleichterte Zugang zu Drogen erst recht zum Konsum verleitet. Die alarmierenden Zahlen der Studie der Fachstelle für Suchtprävention zeigen, wohin die Politik der Legalisierung und damit der Verharmlosung führt: Unsere Kinder und Jugendlichen konsumieren immer häufiger und immer früher Cannabis. Wir lehnen es ab, Verfahren bei geringen Mengen generell einzustellen oder die Strafbarkeit des Besitzes geringer Eigenverbrauchsmengen gänzlich abzuschaffen. Wir treten stattdessen dafür ein, die Präventionsarbeit zu verstärken und finanziell abzusichern und gleichzeitig die Eigenbedarfsmenge auf 5 Gramm deutlich zu reduzieren. Denn 15 Gramm sind keine Eigenbedarfs- sondern eine Händlermenge, die das Dealen befördert.

Frage 2:

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Abgabe von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene?

Antwort

Ein Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene lehnen wir entschieden ab. Ein Einstieg in einen staatlich regulierten Markt mit Cannabis zu reinen Genusszwecken wäre aus gesundheitspolitischer Sicht ein völlig falsches Signal und ist darüber hinaus unvereinbar mit den Grundsätzen des Jugend- und Gesundheitsschutzes, welche Vorrang haben müssen vor allen anderen Argumenten. Eine legale Abgabe an Erwachsene hätte fatale Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen. Hierdurch würde der Eindruck entstehen, der Konsum des bereits stets als „leichte“ Droge bezeichneten Cannabis wäre harmlos. Hinzu kommt, dass auch eine regulierte und kontrollierte Abgabe, beispielsweise über Apotheken, Kinder und Jugendliche vor einer Weitergabe nicht schützen würde.

Frage 3

Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis, z.B. auf Verunreinigungen durch synthetische Cannabinoide?

Antwort

Die Erkenntnisse aus den seit Ende der 1990er-Jahre von der Bundesregierung geförderten Expertengesprächen und Fachtagungen zu den Möglichkeiten der Gesundheitsförderung und Prävention im Bereich der Freizeit- und Partydrogen haben dazu geführt, dass wir ein sogenanntes Drug-Checking nicht als geeignete Maßnahme der Drogenprävention sehen und deshalb auch nicht unterstützen. Wir warnen unverändert vor dem Konsum illegaler psychoaktiver Substanzen und lehnen deshalb insbesondere Maßnahmen mit dem Potenzial zur unmittelbaren und aktiven Förderung bzw. indirekten Verharmlosung des illegalen Konsums von Drogen ab.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird regelmäßig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort auf Frage 4 und 5

Mit den Fragen 4 und 5 hat sich das internationale Projekt DRUID befasst. Während es bei der Bekämpfung von Alkohol im Straßenverkehr allein um den Wirkstoff „Ethanol“ geht, dessen Wirkungsweise weitgehend erforscht und bekannt ist, handelt es sich bei Drogen um eine Vielzahl von Mitteln und Substanzen mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Fahrleistungen. Diese Auswirkungen werden von einer Vielzahl von Faktoren, wie zum Beispiel Konsumgewohnheiten und Konsumform, beeinflusst und hängen nicht allein von der festgestellten Substanzmenge im Blut ab. Vor diesem Hintergrund wurde mit § 24a Absatz 2 StVG ein umfassendes bußgeldbewehrtes Drogenverbot in das Straßenverkehrsgesetz eingeführt, das auf die Bestimmung von Gefahrengrenzwerten, wie sie beim Alkohol mit der 0,5-Promille-Regelung besteht, verzichtet. Diese Bestimmung ist vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 21. Dezember 2004, 1 BvR 2652/03) auch jedenfalls für THC-Konzentrationen für verfassungsgemäß erklärt worden, die es als möglich erscheinen lassen, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Damit ist eine THC-Konzentration deutlich oberhalb des Nullwerts vorausgesetzt, erst recht für Maßnahmen der dauerhaften Führerscheinentziehung. Diese verhältnismäßige Konzeption hat sich aus unserer Sicht bewährt. Deshalb können wir eine unangemessene Benachteiligung von Cannabiskonsumenten bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten nicht erkennen.

Frage 6

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)

Antwort

Antwort:

Drucksache 18/28310 , 05.08.2021

Schriftliche Anfrage: Cannabis-Pilotprojekt

Drucksache 18 / 16 762 , 16.10.2018

Schriftliche Anfrage: Cannabis-Qualität in Berlin

Drucksache 18/1325 , 19.09.2018

Antrag: Menschenversuche verhindern: keine Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung von Cannabis

Drucksache 18 / 12 654, 07.11.2017

Schriftliche Anfrage: Werbung für illegale Drogen im öffentlichen Raum verbieten

Drucksache 18/0083 16.01.2017

Antrag: Keine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken

Frage 7

Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

Wir wollen die Eigenbedarfsmenge von Cannabis in Berlin von 15 auf 5 Gramm senken. Denn 15 Gramm sind keine Eigenbedarfs- sondern eine Händlermenge, die das Dealen befördert. Darüber hinaus planen wir derzeit keine Änderungen der gesetzlichen Regelungen. Auf entsprechende Initiativen anderer werden wir aber selbstverständlich reagieren und unsere drogenpolitischen Positionen vertreten.

Frage 8

Sind Sie fürr die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene und wie sollte Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen? Wie stehen Sie in diesem Zusammenhang zur Legalisierung des privaten Eigenanbaus?

Antwort

Cannabis ist nach wie vor die Einstiegsdroge Nummer eins. Wie bereits ausgeführt, halten wir konsequent am Ziel eines suchtfreien Lebens fest. Wir sind gegen Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen, weil der erleichterte Zugang zu Drogen erst recht zum Konsum verleitet. Forderungen nach Drogenfreigabe sind daher keine verantwortliche Alternative zur Suchthilfe. Der Staat darf nicht zum Dealer werden. Einen regulierten Markt für Cannabisprodukte lehnen wir deshalb klar ab. Die unionsgeführte Bundesregierung hat aber die gesetzliche Grundlage für Cannabis als Medizin und für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geschaffen. Dies hilft den Betroffenen unmittelbar. Neben repressiven Mitteln ist eine umfassende Drogenprävention für uns die effektivste Drogenbehandlung, da sie im besten Falle Drogenkonsum gar nicht erst aufkommen lässt.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Seitens der CDU gab es einige Anträge und Anfragen, die sich gegen fortschrittliche Entwicklungen in der Drogenpolitik richteten und für Strafverfolgung und Repression aussprachen. Insbesondere gegen jede Liberalisierung bei Cannabis hat sich die CDU mehrfach engagiert eingebracht. Auch außerhalb des Parlaments war sich die Berliner CDU nicht zu schade für peinlichste Anti-Cannabis-Kampagnen.

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“Der Senat wird aufgefordert, sich weiterhin auf allen Ebenen gegen eine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken einzusetzen und entschieden gegen jegliche Form der Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen vorzugehen. Insbesondere sind alle Initiativen zur Legalisierung von Cannabis auf Bundesebene, insbesondere auch im Bundesrat, durch den Berliner Senat abzulehnen.”

Die Berliner CDU gibt sich demonstrativ noch repressiver als die meisten anderen Landesverbände der Partei. Die Inhalte des Wahlprogramms gehen völlig an der Realität vorbei. Bei den Antworten auf die Wahlprüfsteine bedient sie sich ideologisch eingefärbter Vorurteile, die faktisch falsch sind. Die CDU zeigt sich sogar noch reaktionärer und repressiver als die AfD, beispielsweise im Hinblick auf die bestehende Ungleichbehandlung durch Fahrerlaubnisbehörden. Für die Präventionsarbeit werden immerhin zusätzlich zu den stationären Konsumräumen mobile Angebote in Form von Konsum- und Beratungsmobilen geplant. Modellprojekte und Drug-Checking werden abgelehnt. Geringe Besitzmengen sollen weiterhin strafrechtlich verfolgt werden, die Eigenbedarfsmenge herabgesetzt und die repressiven Maßnahmen verschärft werden. Bei ihrer Parlamentarischen Arbeit zeigt die CDU seit vielen Jahren, dass sie das alles nicht nur so meint, sondern auch so macht. Die Berliner CDU hat es ganz offensichtlich nicht auf die Stimmen von Hanffreunden abgesehen und erklärt ihnen den Krieg.