Eine der wesentlichen Fragen im Zusammenhang mit der Diskussion über das Berliner Modellprojekt zur Cannabisabgabe im Jahr 2003 war die nach der Beschaffung des benötigten Cannabis.
- 1 a) Import des Cannabis aus dem Ausland
- 1 b) Import des Cannabis von Anbaustandorten in anderen Bundesländern
- 2) Produktion des Cannabis in Berlin
1 a) Import aus dem Ausland
Es wäre im Prinzip möglich, den Rohstoff aus anderen Ländern zu importieren. Dazu wäre z.B. eine Sondervereinbarung mit einem Anbauland wie Marokko möglich. Das Königreich müsste einen Teil seiner Anbaufläche “legalisieren” und diesbezüglich offizielle Ausfuhren erlauben. Das dürfte aber ein international nur schwer gangbarer Weg sein, zumindest solange es nicht innerhalb von Deutschland eine vollständige Legalisierung von Cannabis gibt und international ein entspannteres Klima in der Drogenfrage herrscht. Das Einfache ignorieren solcher Einfuhren wie in den Niederlanden scheint im deutschen Rechtssystem kaum vorstellbar, erst recht nicht im Zusammenhang mit einem wissenschaftlichen Modellversuch.
Eine weitere Möglichkeit wäre, die niederländischen Produzenten von medizinischem Cannabis zu einer Ausweitung ihrer Produktion zu bewegen und die Ware dort einzukaufen. Dagegen sprechen hohe Preise durch Medikamentenstandards, die so nicht für die Abgabe an Genusskonsumenten notwendig sind, und mögliche Schwierigkeiten durch einen solchen internationalen Cannabishandel.
1 b) Import des Cannabis von Anbaustandorten in anderen Bundesländern
Bei dieser Variante sind die meisten Probleme der internationalen Ebene umgangen, allerdings wird es wahrscheinlich schwierig sein, ein anderes Bundesland (Brandenburg) von dieser Option zu überzeugen. Dazu kommt, dass für eine solche Lösung eigentlich keine Notwendigkeit besteht, da nicht besonders viel Fläche für den Anbau benötigt wird.
Gegen beide Importvarianten sprechen außerdem lange Transportwege und ein Nachteil für die Berliner Wirtschaft.
2) Produktion des Cannabis in Berlin
Keine Verhandlungen mit ausländischen Anbietern oder anderen Bundesländern nötig, Vorteil für den Wirtschaftsstandort Berlin.
Zu dieser Variante hier einige Ausführungen:
Menge: Zunächst stellt sich die Frage, wie viel Cannabis überhaupt produziert werden soll. Der gesamte Cannabismarkt in Berlin dürfte mindestens 7 Tonnen umfassen, könnte aber auch weit darüber liegen. Nun ist die Frage, wie viele der Berliner Konsumenten von dem Modellversucht erreicht werden (sollen). Dabei spielt einerseits das Design des wissenschaftlichen Modellversuchs eine Rolle, andererseits die Akzeptanz der Konsumenten für dieses Projekt. Eine Vielzahl an Faktoren kann dazu führen, dass die Zielgruppe eine (sofortige) Teilnahme an dem Projekt ablehnt. Eine große Rolle dürfte die Frage der persönlichen Erfassung der Konsumenten für den Modellversuch sein. Damit werden wir uns noch gesondert auseinandersetzen. Im Prinzip sind unsere folgenden Ausführungen für die gesamte Menge von 7 Tonnen gültig, könnten aber auch nach Bedarf entsprechend heruntergeschraubt werden.
Anbauarten: Es gibt wiederum drei verschiedene Möglichkeiten, den Anbau der gewünschten Menge zu organisieren:
Indoor: Aufzucht der Cannabispflanzen in einem geschlossenen Gebäude unter Kunstlicht.
Das ist die effizienteste Methode, was den Platzverbrauch angeht, und könnte in einem großen (brachliegenden) Industriegebäude/-komplex erledigt werden.
- Vorteil: optimale Sicherheitsbedingungen, wenig Aufwand für Sicherheit
- Nachteil: Aufzucht unter Kunstlicht ist die ökologisch ungünstigste Variante, viel Stromverbrauch, die Pflanzen “sehen nie die Sonne”.
Gewächshäuser: Aufzucht der Cannabispflanzen in Gewächshäusern mit Sonnenlicht und zusätzlicher Beleuchtung, Lüftung etc.
Hierfür wäre ein Gewächshausareal incl. Nebengebäude von ca. 10.000 qm nötig.
- Vorteil: ökologischer Anbau incl. Sonnenlicht ist möglich, der Aufwand für Sicherungsmaßnahmen ist noch überschaubar.
- Nachteil: etwas schlechtere Sicherheitsbedingungen als bei einem Gebäude (indoor), immer noch Zusatzbeleuchtung und Zuchttechnik nötig.
Outdoor: Aufzucht der Pflanzen auf freiem Feld.
Dies ist räumlich die ineffizienteste Methode. Hierfür wäre eine Fläche von ca. 35.000 qm nötig.
- Vorteil: Vollkommen ökologischer Anbau ohne jede Aufzuchttechnik möglich, wenig Investitionskosten.
- Nachteil: Sicherheitsvorkehrungen sehr schwierig. Qualität der Ware nur begrenzt möglich bzw. standardisierbar.
Wir bevorzugen den Anbau in Gewächshäusern. Dies ist die beste Kombination von Ertrag pro qm, Qualitätskriterien, Sicherheitsbedingungen und ökologischen Faktoren.
Zur Qualität: Es wäre möglich, einige verschiedene Sorten mit festgelegten THC- und CBD-Werten zu produzieren. Wie hoch die Schwankungsbreite dabei ausfallen würde, muss noch geklärt werden. Abweichungen bis zu 2 % sind u.E. für den geplanten Zweck zunächst tolerabel. Ökologischer Anbau könnte sichergestellt werden, d.h. optimierter Energieverbrauch der Anlagen, kein Einsatz von Chemikalien.
Preis: Der Preis pro Gramm Cannabis könnte unter diesen Bedingungen deutlich niedriger ausfallen als bei den Lieferanten des niederländischen medizinischen Cannabis.
Umsetzung: Die Umsetzung eines solchen Anbauprojektes ist relativ leicht möglich. Dabei müssen allerdings einige Rahmenbedingungen genau abgesteckt sein. Z.B. muss die Frage geklärt werden, ob eine kontrollierte privatwirtschaftliche Organisation des Anbaus gewünscht ist.
In jedem Falle wäre eine Laufzeit des Versuchs über mindestens 3-5 Jahre mit möglichst genau definierter Abnahmemenge sinnvoll.
Zu beachten ist, dass eine Vorlaufzeit für die Produktion vor Beginn des Modellversuchs von einem halben Jahr nötig ist, nicht eingerechnet dabei sind Suche, Vorbereitung und Aufbau der Anlage.