AfD (Bayern 2023)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Das Wahlprogramm der AfD wirkt beim Thema Cannabis ziemlich widersprüchlich. Einerseits will man eine “wissenschaftliche Neubewertung der Cannabispflanze, eine neutrale Einordnung ihres Gefahrenpotentials” – und eine Überprüfung der bisherigen Strafverfolgung im Hinblick auf ihre “Angemessenheit und Wirksamkeit”! Das ist für AfD-Verhältnisse sicherlich eine eher progressive Formulierung. Andererseits lehnt man eine “unkontrollierte Freigabe” außerhalb der medizinischen Nutzung kategorisch ab, “da der genaue Inhalt an THC und anderen Substanzen nicht geregelt werden kann”. Die zudem geäußerte Ablehnung einer Einmischung von EU und WHO in die Legalisierungsfrage dürfte einer grundsätzlichen Ablehnung internationaler Institutionen entstammen. Was genau die AfD will, bleibt nebulös.

Weiterlesen

Auszug aus dem Wahlprogramm:

Auszug aus dem Wahlprogramm:

“Cannabis nur im medizinischen BereichDie AfD fordert eine wissenschaftliche Neubewertung der Cannabispflanze und eine neutrale Einordnung ihres Gefahrenpotentials. Der Wirkstoff THC, diverse Cannabinoide und andere Wirkstoffe besitzen nachweislich positive Effekte, weshalb die Verwendung für medizinische Zwecke sinnvoll und förderungswürdig ist. Einer unkontrollierten Freigabe der Pflanze steht die AfD kritisch gegenüber, da der genaue Inhalt an THC und anderen Substanzen nicht geregelt werden kann. Die AfD fordert darüber hinaus eine Überprüfung der bisherigen Strafverfolgung im Hinblick auf ihre Angemessenheit und Wirksamkeit. Wir lehnen die Einmischung der EU und WHO in Fragen der Legalisierung von Cannabis grundsätzlich ab.”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Bei den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine setzt sich die wirre Argumentation weiter fort. Eine generelle Legalisierung lehnt die AFD ab. Ob es in Bayern Modellprojekte geben soll, sei “keine politische Frage, sondern eine Frage der wissenschaftlichen Fragestellung”. Allerdings sei man gegen eine Brechung des BtMG “unter dem Deckmantel von Wissenschaft”. So weit, so klar? Mit Verweis auf die Freiheit der Wissenschaft verwehrt man ebenfalls eine klare Aussage zu Drug-Checking. Beim Thema Führerschein wird es erstmals konkret und die AfD verweist auf einen Antrag zur Festlegung des Grenzwertes auf 3 ng/ml. Die Meldung an die Führerscheinstelle vergleicht man mit Zuverlässigkeitspüfungen bei Sportschützen und Jägern und ist daher gegen “Verwaltungswillkür” und für “gleiches Recht für alle”, was auch immer das konkret bedeutet. “Eine Ungleichbehandlung lehnen wir ab”, heißt es jedenfalls weiter in Bezug auf Alkohol und Cannabis im Straßenverkehr. Für die nächste Legislaturperiode will man sich auf die Unterstützung von Forschung und den Bürokratieabbau bei Nutzhanfbauern konzentrieren. Eine komplette Legalisierung wie in Kanada lehnt man ab, kann sich aber eine breitere Anwendung von Cannabis als Medizin vorstellen. Unter Umständen sogar als freiverkäufliches Medikament, aber dies “ist Sache der Krankenkassen und der Bundespolitik.” Wir aber fragten die AfD.

Weiterlesen

Frage 1

Wie stehen Sie zu den Plänen der Bundesregierung, den Besitz geringer Mengen Cannabis (lt. Gesetzentwurf 25g) und den privaten Anbau einiger Cannabispflanzen für den Eigenkonsum zu erlauben sowie Cannabis-Anbauvereine einzuführen?

Antwort

Eine generelle Legalisierung von THC lehnt die AfD ab. Wir bekennen uns aber ausdrücklich zum medizinischen Einsatz von Cannabis mit allen Wirkstoffen.

Frage 2:

In einem weiteren Gesetzesvorhaben (“Säule 2”) plant die Bundesregierung, kommunale, wissenschaftliche Modellprojekte zuzulassen, in denen für die gesamte Stadt/Region die Auswirkungen eines komplett regulierten Cannabismarktes vom Anbau bis zum Verkauf in Fachgeschäften erforscht werden sollen.Wie stehen Sie zu solchen Modellprojekten in Ihrem Bundesland?

Antwort

Die AfD bekennt sich zur Freiheit der Wissenschaft und Forschung. Daher soll auch explizit im Zusammenhang mit Cannabis geforscht werden. Wir lehnen allerdings ab, dass unter dem Deckmantel von Wissenschaft das Betäubungsmittelrecht „durch die Hintertür“ gebrochen wird. Ob sich bayerische Regionen als Modellregionen eigenen, ist keine politische Frage, sondern eine Frage der wissenschaftlichen Fragestellung, welche erforscht werden soll.

Frage 3

Vor Kurzem wurde die gesetzliche Grundlage für wissenschaftliche
Modellprojekte geschaffen, in denen die Auswirkungen von Substanzanalysen illegaler Drogen (Drug Checking) erforscht werden sollen. Befürworten Sie dies in Ihrem Bundesland? Würden Sie ggf. solche Projekte aus Landesmitteln fördern?

Antwort

Auch hier verweisen wir auf die Freiheit von Wissenschaft und Forschung. Ebenfalls ist das daher für uns keine politische Frage, sondern eine Frage des Forschungs-Settings. Der Freistaat Bayern fördert Forschung in diversen Disziplinen sowie über die staatlichen Universitäten und Institute. Sofern dort Forschungsbedarf besteht, unterstützen wir auch die Verwendung von staatlichen Finanzmitteln.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Antwort

Hierzu waren wir bereits in der Vergangenheit aktiv, um deutschlandweit einheitliche Regeln zu schaffen. Hierzu verweisen wir auf die Drucksache 18/2638 aus dem Jahr 2019. Eine Ungleichbehandlung lehnen wir ab. (Drucksache 18/2638 (landtag.de))

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort

Die fragwürde Vorgehensweise der Verwaltung im Freistaat Bayern ist uns nicht nur in Bezug auf Cannabis ein Dorn im Auge. Insbesondere die sog. Zuverlässigkeitsüberprüfung für Sportschützen, Jäger sowie Personen mit Pilotenlizenzen weißen immer wieder Verwaltungswillkür und viele rechtliche Grauzonen auf. Die AfD setzt sich in Bayern für gleiches Recht für alle ein.

Frage 6

Antwort

Frage 7

Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

Hier gilt es die neuen Rahmenbedingungen der Bundespolitik abzuwarten. Klar ist jedoch, dass wir Forschung unterstützen wollen, Nutzhanf-Produzenten von Bürokratie entlasten und den medizinischen (!) Einsatz von Cannabisprodukten weiter fördern wollen.

Frage 8

Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes wie z.B. in Kanada?

Antwort

Die AfD lehnt eine generelle Legalisierung ab, aber bekennt sich zum medizinischen Einsatz von Cannabisprodukten. Grundsätzlich wollen wir genau den medizinischen Wert von Cannabisprodukten mehr hervorheben, um auch den gesellschaftlichen Mehrwert, welche in Cannabis steckt, hervorzuheben. Auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis können wir uns vorstellen, dass Cannabisprodukte einer breiteren Masse an Patienten zur Verfügung gestellt werden. Ob die freiverkäuflich oder gegen Rezept erfolgt ist Sache der Krankenkassen und der Bundespolitik.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Die AfD war in der letzten Legislaturperiode durchaus aktiv. Man brachte zahlreiche Anträge zum Thema Nutzhanf und Cannabis als Medizin ein, die allesamt ziemlich unkonkrete Aufforderungen an die Landesregierung enthielten. Eine Ausnahme stellt der bereits erwähnte Antrag zum Thema Führerschein dar. Dieser wird allerdings konterkariert durch den Antrag “Cannabislegalisierung stoppen – Kinder schützen und Sicherheit der Bürger gewährleisten!”, in dem auch die Einhaltung der “geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften” gefordert wird. Wirr.

Weiterlesen

Anträge im Bayerischen Landtag:

Nutzhanfpotenziale stärker nutzen I: THC-Gehalt bei Nutzhanf anpassen
Drucksache 18/22223 (landtag.de)

Nutzhanfpotenziale stärker nutzen II: Sinnlose Kontrollpflichten für nachgelagerte Produkte abschaffen
Drucksache 18/22745 (landtag.de)

Nutzhanfpotenziale stärker nutzen III – Hanfbasierte Kosmetikprodukte uneingeschränkt zulassen
Drucksache 18/23344 (landtag.de)

Studie zur klinischen Wirkung von Cannabisinhaltsstoffen auf Bluthochdruck
Drucksache 18/21828 (landtag.de)

Bericht zum Drogenkonsum in Bayern
Drucksache 18/21500 (landtag.de)

Corona mit Pflanzenkraft bekämpfen 1: Cannabis-Inhaltsstoffe nutzen
Drucksache 18/18237 (landtag.de)

Studie zu Wirkung und Nutzen von Cannabidiol
Drucksache 18/14218 (landtag.de)

Grenzwerte für Cannabiskonsum setzten – Grauzonen vermeiden
Drucksache 18/2638 (landtag.de)

Cannabislegalisierung stoppen – Kinder schützen und Sicherheit der Bürger gewährleisten!
Drucksache 18/23845 (landtag.de)


Anfragen der AfD im Landtag zum Thema „Drogen“
Schriftliche Anfrage Drs. 18/28574 der Abgeordneten Andreas Winhart, Roland Magerl AfD vom 08.03.2023 Todesfälle durch Suizid und Drogen in Bayern (landtag.de)
Schriftliche Anfrage Drs. 18/25584 des Abgeordneten Richard Graupner AfD vom 02.11.2022 Cannabis – Sicherstellungen, THC-Gehalt, Beimischungen (landtag.de)
Schriftliche Anfrage Drs. 18/22318 des Abgeordneten Jan Schiffers AfD vom 09.02.2022: Suchtbelastung in Familien und Auswirkungen auf deren Kinder (landtag.de)
Schriftliche Anfrage Drs. 18/21539 der Abgeordneten Katrin Ebner-Steiner AfD vom 13.01.2022: Drogenkonsum während der Coronapandemie (landtag.de)
Schriftliche Anfrage Drs. 18/17770 der Abgeordneten Andreas Winhart, Roland Magerl AfD vom 18.06.2021: Substitutionstherapie in Bayern (landtag.de)
Schriftliche Anfrage Drs. 18/17503 der Abgeordneten Franz Bergmüller, Ulrich Singer, Jan Schiffers, Christian Klingen AfD vom 15.06.2021: Anzahl der (versuchten) Selbsttötungen/Suizide/Selbstmorde in Bayern während der durch die Regierungen vom Bund und Ländern verordneten Corona-Zwangsmaßnahmen (landtag.de)
Schriftliche Anfrage Drs. 18/15858 des Abgeordneten Jan Schiffers AfD vom 01.04.2021: Entwicklung der Drogenkriminalität seit Schließung der Grenze zu Tschechien (landtag.de)
Schriftliche Anfrage Drs. 18/15343 der Abgeordneten Christian Klingen, Ralf Stadler AfD vom 17.12.2020: Welche Erkenntnisse gibt es zum Therapeutikum Shufeng Jiedu bei COVID-19? (landtag.de)
Entwicklung der Anzahl von Delikten und Drogenmissbrauch seit den Grenzschließungen (landtag.de)
18_0002368.pdf (landtag.de)

Die AfD weiß weder mit dem Wahlprogramm noch mit ihren Antworten auf unsere Wahlprüfsteine zu überzeugen. Inhaltlich ist vieles einerseits für AfD-Verhältnisse irgendwie progressiv, aber auch wirr und widersprüchlich. Zudem wird eine klare eigene Positionierung vermieden mit Verweis auf Wissenschaft oder Bundesregierung. Man ist gegen Legalisierung aber für frei verkäufliche Medizin für alle. Aber nur wenn andere das beschließen. Eine Partei ohne konkrete Ideen, aber mit viel Populismus. Nicht wählen!