Am Samstagabend der Cannabis Normal! Konferenz wurden traditionell die Hanf-Adler als Auszeichnung des Deutschen Hanfverbands für verdiente Menschen aus den Bereichen Aktivismus, Wissenschaft und Politik verliehen.
Zu Beginn der Verleihung machte DHV-Geschäftsführer Georg Wurth auf eine schöne Tradition des Hanf-Adlers aufmerksam. Seit der ersten Verleihung des Hanf-Adlers veränderte sich bei jeder Ausgabe das Design des Preises. Der Hanf-Adler 2025 war wieder ein Kunstwerk der Firma EHLE, die für ihre handwerklichen Glasbläserarbeiten bekannt ist. Die Skulptur stellt einen stilisierten Glaskopf einer Bong dar, aus dessen Chillum eine zarte Cannabisblüte hervor wächst. Der diesjährige Preis war jedoch trotz seines Aussehens im Gegensatz zu einigen der vorangegangenen Auszeichnungen nicht “rauchbar”.

Den Auftakt der Verleihung machte die Kategorie Aktivismus. Die Laudatio auf den Preisträger hielt Georg Wurth selbst und eröffnete seine Lobrede mit einer lang zurückliegenden Anekdote aus der Zeit der Anti-Castor-Bewegung. Bei einer Demo trafen der DHV-Geschäftsführer und der frisch gebackene Preisträger des Hanf-Adlers erstmals aufeinander. Wurth als Demonstrant und der Andere als Verantwortlicher des dortigen Polizeieinsatzes, beide Mitglied bei den Grünen. Die Rede ist von Hubert Wimber, dem ersten Polizeipräsidenten Deutschlands, der sich offen für die Legalisierung von Cannabis aussprach. In seiner Funktion als Polizeipräsident von Münster versuchte Wimber auch eine deutsche Zelle von LEAP (Law Enforcement Against Prohibition) zu gründen, einer amerikanischen Organisation von Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden, die sich offen gegen die geltende Prohibition aussprechen. Zunächst scheiterte er damit, da ihm von “oben” klargemacht wurde, dass dies mit seiner Stellung als Beamter nicht vereinbar sei. Doch Wimber schob seinen Aktivismus nur auf und wartete bis zu seiner Pensionierung, um schließlich LEAP Deutschland zu gründen, wo er in den vergangenen zehn Jahren Vorsitzender war. Der nunmehr frisch gewählte Ehrenvorsitzende von LEAP setzt sich mittlerweile 20 Jahre für eine Neuausrichtung der Drogenpolitik in Deutschland ein, ist aktiv im Schildower Kreis und damit ein leuchtendes Beispiel für Aktivismus. In seiner konsequenten Haltung ist er somit hoffentlich Vorbild für viele aktive Polizisten, die ebenfalls die Unmenschlichkeit des Systems Prohibition erkannt haben.
Hubert Wimber erinnerte in seiner Dankesrede noch einmal an einen essentiellen Grundsatz von Politik und Recht: “Ich rede darüber, dass es in meinem Selbstverständnis verfassungsrechtlich bedenklich ist, dass Leute strafrechtlich verfolgt werden, die keine Rechte Dritter durch ihren Konsum negativ beeinflussen. Das passt nicht zu meinem Verständnis von Rechtsstaat. Deshalb denke ich, dass wir in der ganzen Diskussion, die wir jetzt zum Teil sehr kleinteilig geführt haben, noch mal zur Kenntnis nehmen müssen, dass für uns im Mittelpunkt die Menschenrechte stehen [sollten].”
Weiter ging es mit der Verleihung in der Kategorie Wissenschaft. Die Laudatio hielt mit Bernd Werse ebenfalls ein Träger des Hanf-Adlers derselben Kategorie aus dem Jahr 2022. Werse ist zudem Nachfolger des aktuellen Preisträgers an der Frankfurt University of Applied Sciences und war damit natürlich der perfekte Redner für die Würdigung von Heino Stöver. Stöver ist einer der umtriebigsten Wissenschaftler in Deutschland, wenn es um Drogenpolitik und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft geht. Werse erinnerte daran, dass ihm dabei immer auch die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft am Herzen liegen und er daher immer ein besonderes Auge auf Menschen in Problemlagen hat, die z.B. in offenen Drogenszenen leben oder im Strafvollzug sitzen. Stöver ist zudem eine der zentralen Figuren bei akzept e.V., dem Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik. Stöver hat also nicht nur Verdienste in der Drogenpolitik, sondern auch in der konkreten Drogenarbeit, die Hilfestellungen für Menschen in Notlagen bietet. Er ist zudem auch Mitherausgeber des alternativen Drogen- und Suchtberichtes, der mittlerweile sogar den offiziellen Bericht der Bundesregierung überlebt hat und damit ein Forum für eine andere, neue Drogenpolitik etabliert hat.
Stöver, der selbst leider nicht vor Ort sein konnte, meldete sich per Videoschalte und bedankte sich für die Auszeichnung und die wertschätzende Laudatio des Kollegen. Er erinnerte an seinen ersten und einzigen Smoke-In, den er vor 45 Jahren in Bremen auf dem Marktplatz organisierte, und den langen Weg, den die deutsche Legalisierungsbewegung schon zurückgelegt hat. In Bezug auf die erfolgten Ablehnungen von Cannabis-Modellprojekten in mehreren deutschen Städten, von denen er das in Frankfurt auch selbst wissenschaftlich begleiten will, zeigte sich Stöver enttäuscht aber zugleich auch kämpferisch: “Wir haben Widerspruch eingelegt. Wir werden auf jeden Fall diesen weiteren Schritt gehen und ja, wir brauchen noch ein bisschen Atem. Aber ich habe auch das Gefühl, wir sind einen enormen Schritt weitergekommen letzten April.” Zugleich mahnte Stöver aber auch, dass die Entkriminalisierung von Cannabis nur der Anfang sein kann: “Andere Substanzen warten noch auf diese Erlösung. Auch daran arbeiten wir, weil das kann es ja nicht gewesen sein, dass wir sozusagen nur eine Substanz freigeben, sondern eben auch den Kampf aufnehmen für Menschen, die leiden unter der Probition.“

Den Abschluss bildete die Auszeichnung in der Kategorie Politik. Die Lobrede für den Preisträger übernahm wiederum DHV-Geschäftsführer Georg Wurth und machte gleich keine großen Geheimnisse, wer den Preis in der Kategorie Politik erhalten würde. Angesichts des großen Fernbleibens der Politik ging die Auszeichnung an einen Politiker, der immer da ist, und das war Ates Gürpinar von den Linken. Gürpinar zog in der vorherigen Legislaturperiode erstmals in den Bundestag ein und wurde sofort u.a. zum drogenpolitischen Sprecher der Linken bestimmt. Der “Newcomer” brauchte jedoch keine Eingewöhnungszeit, gab sofort Vollgas und trieb die manchmal behäbig wirkenden Reformbemühungen der Ampel insbesondere beim Thema Cannabislegalisierung mit vielen parlamentarischen Anfragen und Initiativen voran. Die Linke um Gürpinar hat so aus der Opposition einen wichtigen Beitrag zur neuen Cannabisgesetzgebung geleistet, auch wenn sie die verabschiedete Reform sicherlich als zu kurz gegriffen bewertet. Wurth bewertete dies mit den Worten “stabil geliefert” und erinnerte daran, dass Ates Gürpinar “nicht nur auf dem Papier, sondern auch in den Reden stabil geliefert” habe.
Der prämierte “last man standing” der Politik (O-Ton Gürpinar) bedankte sich für die Ehre und lenkte den Blick auch auf seine Mitarbeitenden im Hintergrund, die die Grundlagen seiner drogenpolitischen Arbeit schaffen. Ates Gürpinar mahnte aber auch, dass es bei dieser “zweifelhaften Halbentkriminalisierung von Cannabis” nicht bleiben dürfe und nahm auch alle Anwesenden in die Pflicht: “Ich habe es gestern gesagt, das was für Cannabis gilt, gilt für andere Substanzen in viel größerem Maße und die Arbeit, die hört eben nicht auf, auch wenn Heino Stöver zurecht gesagt hat, 45 Jahre ist schon eine lange Zeit. Aber es gilt eben daran anzuknüpfen und die Arbeit weiterzuführen, auch wenn das immer wieder dauert. Deswegen jetzt schon im voraus der Dank an euch für die Ausdauer, für die Kraft.”


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