Freie Wähler (RLP 2021)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Nicht eine Erwähnung von Cannabis im Wahlprogramm, aber auch nichts zu den Schlagwörtern Drogen, Sucht- oder Rauschmittel. Präventionsmaßnahmen sehen die Freien Wähler nur bei Sportgruppen sowie beim Unterpunkt “Personelle und materielle Stärkung der „Blaulichtfamilie“.

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Auszug aus dem Programm

“Die Hatz nach Drogenkonsument*innen muss (…) der Vergangenheit angehören”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die FREIEN WÄHLER sehen Kriminalisierung und Repression kritisch, sie bezweifeln positive Effekte. Und sie befürworten klar die Legalisierung von Cannabis! Bei der geringen Menge sehen sie Angleichungsbedarf, ohne allerdings eine konkrete Menge zu definieren. Beim Eigenanbau soll Kriminalisierung vermieden werden. Die FREIEN WÄHLER zeigen sich offen für Modellprojekte, lehnen aber Drug-Checking ab. Aus Gründen der Gleichbehandlung dürfe der Konsum von Cannabis nicht zu einer objektiv härteren Sanktionierung als der Konsum von Alkohol führen.

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Frage 1

Die deutsche Drogenpolitik basiert auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Behandlung, Überlebenshilfe und Schadensminimierung, Repression und Angebotsminimierung. In Deutschland werden weit mehr Ressourcen für Repression als für Prävention ausgegeben. Wie bewerten Sie die Schwerpunktsetzung in der Drogenpolitik? Halten Sie Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?

Antwort

Repression und Kriminalisierung von Drogenabhängigen haben in der Vergangenheit nach unserer Einschätzung nur sehr wenig zur Eindämmung von Drogenkonsum beigetragen. Sie führen im Gegenteil dazu, dass diese Menschen schwieriger für Beratung und Behandlung zugänglich sind.

Frage 2

Menschen, die Cannabis konsumieren, werden immer noch strafrechtlich verfolgt. Wollen Sie diese Strafverfolgung generell mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Antwort

Auch hier gilt, dass die Kriminalisierung eher nachteilige Auswirkungen hat. Darüber hinaus kann der Konsum von Cannabis auch auf einer medizinischen Indikation beruhen, was eine Kriminalisierung völlig obsolet macht.

Frage 3

Nach dem Urteil des BVerfG von 1994 sollen “Geringe Mengen” für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “Geringen Menge” nach §31a BtMG in Baden-Württemberg und planen Sie Änderungen?

Antwort

Die Definition des Begriffes „geringe Mengen“ muss bundesweit einheitlich werden, ebenso die Regelungen für Staatsanwälte bei der Einstellung der entsprechenden Verfahren.

Frage 4

Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Antwort

Auch hier müssen bundeseinheitliche Regelungen geschaffen werden, die unnötige Kriminalisierung vermeiden.

Frage 5

Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Abgabe von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene?

Antwort

Ein solcher Modellversuch, unter wissenschaftlicher Begleitung und mit klarer Beschränkung auf Erwachsene, wäre zu begrüßen. Damit können Informationen gewonnen werden, die den zukünftigen Umgang mit Cannabis auf politischer und strafrechtlicher Ebene wesentlich beeinflussen könnten.

Frage 6

Ein regulierter legaler Markt bietet die Möglichkeit von Qualitätskontrollen bei Cannabisprodukten. Auf dem heutigen Schwarzmarkt sind der Wirkstoffgehalt sowie mögliche Verunreinigungen und Beimengungen, z.B. von synthetischen Cannabinoiden, nicht ersichtlich. Unter dem Aspekt der Schadensminimierung wäre die Möglichkeit für anonyme Substanzanalysen ein drogenpolitisches Instrument, das auch jetzt genutzt werden könnte. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle(Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis?

Antwort

Es stellt sich die Frage, ob eine solche Qualitätskontrolle nicht zur Förderung des Schwarzmarktes beiträgt. Insofern stehen wir ihr aktuell eher skeptisch gegenüber.

Frage 7

Cannabiskonsumenten werden bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt, sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der unterschiedlichen Sanktionsspirale. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung mit Alkoholkonsum bei der Auslegung der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ein?

Antwort

Grundsätzlich sind die Auswirkungen von Cannabis nicht mit denen von Alkohol gleichzusetzen, da es sich um unterschiedliche Wirkstoffe handelt. Insofern ist eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum objektiv nicht möglich. Allerdings darf aus Gründen der Gleichbehandlung der Konsum von Cannabis nicht zu einer objektiv härteren Sanktionierung als der Konsum von Alkohol führen.

Frage 8

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird nahezu regelmäßig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Dies widerspricht dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.06.2002, in dem u.a. festgestellt wird, dass der Besitz, der einmalige oder gelegentliche Konsum von Cannabis ohne Einfluss auf das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr keine fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen nach sich führen sollte. Wollen Sie in Rheinland-Pfalz an der Praxis festhalten, dass die Polizei reine Cannabisbesitzdelikte an die Führerscheinstellen meldet?

Antwort

Hier gilt das bereits unter Punkt 7 gesagte: es muss eine Gleichbehandlung stattfinden.

Frage 9

Viele drogenpolitischen Maßnahmen betreffen eher Bundesrecht. Haben Sie vor, Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit zu vertreten?

Antwort

Unser Bestreben ist es, bei der anstehenden Bundestagswahl in den Bundestag einzuziehen und dort direkt politisch zu arbeiten.

Frage 10

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Landespartei und Landtagsfraktion in der aktuellen Legislaturperiode?

Antwort

Da wir aktuell noch nicht im Landtag vertreten sind, konnten wir keine drogenpolitischen Initiativen direkt im Landtag einbringen. Wir haben jedoch neben einigen anderen auch einen Landesfachausschuss gegründet, der sich mit drogenpolitischen Fragen befasst und für unsere zukünftige parlamentarische Arbeit Richtlinien erarbeiten soll.

Frage 11

Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?

Antwort

Dies wird aktuell von unserem zuständigen Landesfachausschuss erarbeitet.

Frage 12

Es werden derzeit unterschiedliche Modelle für die Legalisierung weltweit diskutiert und umgesetzt. Die öffentliche Zustimmung für eine Legalisierung steigt. Sind Sie für die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene und wie sollte nach Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?

Antwort

Grundsätzlich befürworten wir eine Legalisierung für Erwachsene. Derzeit befassen wir uns mit den unterschiedlichen Modellen in den US-Bundesstaaten und in Kanada. Auch beobachten wir, welche Wege in Luxemburg eingeschlagen werden, wo eine Legalisierung bis 2023 angestrebt wird. Wir halten es für notwendig, einen solchen Schritt sorgfältig vorzubereiten und weit genug in die Zukunft zu denken. Gerade die aktuelle Situation hat mehr als deutlich gezeigt, dass zu kurzfristig gedachte Maßnahmen eher schädlich als nützlich sind.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Da die FREIEN WÄHLER bei der letzten Wahl 2016 den Einzug ins Parlament verpassten, konnten sie dementsprechend auch keine drogenpolitischen Initiativen einbringen. Es wurde aber ein Landesfachausschuss gegründet, der sich mit drogenpolitischen Fragen befasst und für die angestrebte parlamentarische Arbeit Richtlinien erarbeiten soll.

Die FREIEN WÄHLER zeigen sich bis auf das Thema Drug-Checking recht progressiv. Sie befürworten eine Legalisierung für Erwachsene und sehen die Repression und Kriminalisierung als gescheitert an. Allerdings verraten sie uns das nur auf Anfrage, im Wahlprogramm verschweigen sie ihre fortschrittliche Meinung. Laut der letzten Umfrageergebnisse müssen die FREIEN WÄHLER allerdings um den Einzug ins Parlament bangen.