FDP (Bayern 2023)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Die FDP kann mit umfangreichen drogenpolitischen Inhalten punkten. Es wird die Abkehr von reiner Repression gefordert und eine moderne Drogenpolitik als Ziel gesetzt, die mündige und aufgeklärte Konsumenten hervorbringt. Dazu soll die zielgruppenspezifische Prävention und Aufklärung ausgebaut werden. Man möchte Drug-Checking etablieren, Konsumräume schaffen und die Diamorphinabgabe ausbauen. Eine umfassende Cannabislegalisierung mit Geschäften, Onlinehandel und CSCs wird weiterhin als Ziel ausgegeben. Die Grenzwerte für Nutzhanf sollen erhöht werden. Einziger Wermutstropfen: keine Aussage zur Führerscheinfrage. Trotzdem das stärkste Programm in Bayern. 

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Auszug aus dem Wahlprogramm:

Auszug aus dem Wahlprogramm:

“Trendwende in der Sucht- und Drogenpolitik einleiten

Wir fordern eine moderne, funktionierende Sucht- und Drogenpolitik. Im Freistaat sterben immer noch mehr Menschen an den Folgen von Drogenkonsum als in jedem anderen Bundesland. Wir als FDP Bayern sehen die repressive Drogenpolitik der bayerischen Staatsregierung deshalb als gescheitert an. Sie bindet Ressourcen von Polizei und Justiz und kriminalisiert Menschen, anstatt ihnen zu helfen. Unsere Sucht- und Drogenpolitik orientiert sich an selbstbestimmten, mündigen Konsumentinnen und Konsumenten – und

an der Lebenswelt der Menschen. Maßnahmen der „Harm Reduction“, also der Verringerung der unter anderem mit Drogenkonsum verbundenen Risiken und Gesundheitsgefährdungen, wollen wir fördern. Damit entlasten wir unser Gesundheitssystem nachhaltig. Ein generelles Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen lehnen wir ab.”

“Finanzierung der Drogenhilfe für Jugendliche sichern

Wir wollen die Finanzierung der Sucht- und Drogenhilfe für Konsumierende unter 18 Jahren sicherstellen und für ein ausreichendes Angebot an Entgiftungs- und Entzugseinrichtungen sorgen.”

“Drogenprävention bei Kindern und Jugendlichen stärken

Wir fordern den Ausbau der Drogenprävention bei Kindern und Jugendlichen unter stärkerer Einbeziehung der Eltern. In den vergangenen Jahren ist der Drogenkonsum von Kindern und Jugendlichen in Bayern weiter gestiegen. Trotz aller bisher ergriffenen Maßnahmen der Landesregierung finden Kinder und Jugendliche immer neue Möglichkeiten, Drogen zu konsumieren. Doch nicht über die Gefahr illegaler Substanzen, auch über die Folgen legaler und gesellschaftlich akzeptierter Drogen wie etwa Alkohol und elektrische Einwegzigaretten müssen wir Kinder und Jugendliche stärker aufklären – denn sie haben gravierende Folgen für ihr weiteres Leben. Aus liberaler Sicht ist es daher zwingend erforderlich, nicht nur

den Kindern und Jugendlichen die Folgen von Drogenkonsum aufzuzeigen, sondern auch die Eltern verstärkt darüber aufzuklären, wie sie ihre Kinder schützen können und wo Gefahren lauern. Diese Aufgabe kann durch externe Anbieter, Onlineschulungen und Vortragsreihen für Eltern umgesetzt werden.”

“Cannabis-Legalisierung umsetzen

Mit Inkrafttreten der Cannabis-Legalisierung wollen wir die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken für Erwachsene in vollem Umfang umsetzen. Die bisherige Cannabispolitik des Freistaats ist gescheitert. Wir wollen eine kontrollierte Abgabe von Cannabis in lizenzierten Geschäften, die den Jugend-, Gesundheits- und Verbraucherschutz gewährleisten. Neben der Abgabe in Geschäften und Apotheken sowie der Einführung von praxisnahen Regelungen für den Online- und Versandhandel setzen wir uns auch für den Eigenanbau und für „Cannabis-Social-Clubs“ (nichtkommerzielle Vereine, die den kollektiven Anbau von Cannabis in limitierten Mengen organisieren) ein. Zudem muss es höhere Grenzwerte beim Anbau von Nutzhanf geben.”

“Zielgruppenspezifische Aufklärung und Prävention stärken

Wir wollen die zielgruppenspezifische Prävention und Aufklärung für Kinder, Jugendliche, Schwangere und junge Erwachsene stärken. Immer noch herrscht in vielen Bereichen Unwissenheit über die Wirkung und die Folgen legaler und illegaler Drogen. Dabei müssen auch nichtstoffliche Süchte wie etwa Arbeitssucht, Kaufsucht oder Spielsucht mehr in den Fokus gerückt werden. Mündige Konsumentinnen und Konsumenten, die gute Entscheidungen treffen, gibt es nur mit ausreichend Aufklärung und Prävention.”

“Drogenkonsumräume und Drugchecking-Modelle einführenWir fordern die Einrichtung von Drogenkonsumräumen. Mit Modellen zum Drugchecking wollen wir Möglichkeiten schaffen, die Zusammensetzung von Substanzen prüfen zu lassen. Maßnahmen zur Schadensminderung wie Drogenkonsumräume und Angebote zu Drugchecking helfen bei der Unterstützung, Therapie und Prävention. Die diamorphingestützte Substitutionstherapie in Spezialambulanzen wollen wir ausbauen.”

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die FDP unterstützt die Pläne der Ampel, fordert jedoch auch Fachgeschäfte und lehnt eine Besitzobergrenze (jedenfalls zu Hause) grundsätzlich ab. Ein bayerisches Modellprojekt zur Cannabisabgabe soll kommen. Drug-Checking, besonders im Kontext von Drogenkonsumräumen, soll durch Landesmittel gefördert werden. Bei der Führerschein-Frage will man sich am kanadischen Vorbild orientieren und plädiert für eine Anhebung der Grenzwerte. Ebenso spricht man sich gegen Besitz-Meldungen der Polizei an die Führerscheinstellen aus. In der nächsten Legislaturperiode will man sich dafür einsetzen, dass die Spielräume der Cannabis-Gesetzgebung auch genutzt werden “und es keinen bayerischen Sonderweg geben wird”. Eine vollumfängliche Legalisierung sieht die FDP sehr positiv und sieht Kanada als “das beste Umsetzungsbeispiel”. 

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Frage 1

Wie stehen Sie zu den Plänen der Bundesregierung, den Besitz geringer Mengen Cannabis (lt. Gesetzentwurf 25g) und den privaten Anbau einiger Cannabispflanzen für den Eigenkonsum zu erlauben sowie Cannabis-Anbauvereine einzuführen?

Antwort

Wir unterstützen diese Pläne der Bundesregierung ausdrücklich. Ein geregelter legaler Verkauf ist nach unserer Überzeugung deutlich sicherer für die Konsumenten, es wird ein höher Jugend-, Gesundheits- und Verbrauchschutz gewährleistet. Zudem kann der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden Insbesondere wissen Käuferinnen und Käufer, welchen Wirkstoffgehalt das gekaufte Produkt enthält, und können sich sicher sein, dass z.B. keine giftigen Streckmittel und andere gesundheitsgefährdenden Stoffe, eine der größten Gefahren des Schwarzmarktes, enthalten sind. Eine Besitzobergrenze lehnen wir allerdings ab, es muss aber eine Beschränkung geben, welche Menge von Einzelpersonen mitgeführt werden darf.

Frage 2:

In einem weiteren Gesetzesvorhaben (“Säule 2”) plant die Bundesregierung, kommunale, wissenschaftliche Modellprojekte zuzulassen, in denen für die gesamte Stadt/Region die Auswirkungen eines komplett regulierten Cannabismarktes vom Anbau bis zum Verkauf in Fachgeschäften erforscht werden sollen.Wie stehen Sie zu solchen Modellprojekten in Ihrem Bundesland?

Antwort

Wir Freie Demokraten sind der Auffassung, dass auch im Freistaat Bayern ein solches Modellprojekt zugelassen werden muss. Um belast- und vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, sollten möglichst viele Bundesländer und Regionen an einem solchen Projekt teilnehmen. Bayern ist eines der Bundesländer mit den strengsten Regelungen im Hinblick auf Besitz und Konsum von
Cannabisprodukten. Die Realität ist aber eine andere und dieser Realität sollte sich auch die Bayerische Staatsregierung stellen und nicht länger blockieren.

Frage 3

Vor Kurzem wurde die gesetzliche Grundlage für wissenschaftliche
Modellprojekte geschaffen, in denen die Auswirkungen von Substanzanalysen illegaler Drogen (Drug Checking) erforscht werden sollen. Befürworten Sie dies in Ihrem Bundesland? Würden Sie ggf. solche Projekte aus Landesmitteln fördern?

Antwort

Ja, denn Drug Checking ist eine wirksame Methode, Konsumentinnen und Konsumenten die Möglichkeit zu geben, sich vor den Gefahren durch verunreinigte oder hoch dosierte Drogen zu schützen. Die Freien Demokraten haben hier mit ihren Koalitionspartnern im Bund eine sinnvolle Möglichkeit geschaffen, für mehr Gesundheitsschutz zur sorgen. Durch Drug Checking können schwere Gesundheitsgefahren und sogar Todesfälle vermieden werden. Durch die beschlossene Gesetzesänderung wird das Drug Checking auch in sogenannten Drogenkonsumräumen erlaubt. Das ist wichtig, da dort in der Regel schwerstabhängige Menschen verkehren, die oftmals mit verunreinigtem Stoff vom Schwarzmarkt zu tun haben. Auch Drogenkonsumräume gibt es
bisher in Bayern nicht. Die Stadt Frankfurt konnte so z.B. die Zahl der Drogentoten halbieren. Zudem kann die Substanzkontrolle Anderen als Warnung dienen, auch die Behörden erhalten einen besseren Überblick darüber, welche Substanzen auf dem illegalen Drogenmarkt gehandelt werden. Eine Förderung durch Landesmittel ist daher zu begrüßen.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Antwort

Wir Freie Demokraten sprechen uns für eine Überprüfung und sinnvolle Anhebung der Grenzwerte für Cannabis im Straßenverkehr aus. Klar ist: es muss hier – nach kanadischem Vorbild – eine praktikable Lösung gefunden werden. Wir setzen uns daher klar für eine Gleichbehandlung ein.

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort

Spätestens mit der Legalisierung von Cannabis darf der Besitz von legalen Mengen an Cannabis keine Nachteile mit sich bringen wie etwa im Hinblick auf die Fahrerlaubnis. Entscheidend ist hier, ob jemand im akuten Rauschzustand am Straßenverkehr teilnimmt und Grenzwerte überschreitet – nicht, ob jemand Cannabis zu Genusszwecken mit sich führt. Grundsätzlich sprechen wir uns daher gegen eine „Ersatzstrafe“ in Form des Führerscheinentzugs aus. Ein Festhalten an dieser Praxis muss daher unbedingt unterbunden werden.

Frage 6

Antwort

Frage 7

Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

Wir begrüßen die angestrebte Legalisierung auf Bundesebene und werden uns dafür einsetzen, dass von den durch die Bundesregierung geschaffenen Möglichkeiten auch Gebrauch gemacht wird und es keinen bayerischen Sonderweg geben wird. Bayern sollte – und dafür werden wir uns stark machen – eine Vorreiterrolle in Bezug auf einen legalen Markt einnehmen und nicht durch besonders harte Sanktionen für Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch z.B. Betreibern von CBD-Shops auffallen.

Frage 8

Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes wie z.B. in Kanada?

Antwort

Dem stehen wir sehr positiv gegenüber. Wir sprechen uns explizit für eine umfängliche und vollständige Legalisierung aus, die neben Eigenanbau, Cannabis Clubs auch einen geregelten Markt mit lizenzierten Verkaufsstellen umfassen muss. Kanada ist auch nach unserem Dafürhalten das beste Umsetzungsbeispiel.

Bisherige parlamentarische Aktivität

In der letzten Legislaturperiode brachte die FDP verschiedene Anfragen ein. Ein Thema war der Umgang der Landesregierung mit Nutzhanf- bzw. CBD-Produkten. Zudem gab es eine Anfrage zur Suchtprävention an Schulen. Und 2019 stellte die FDP sogar einen Antrag, der natürlich scheiterte, dass sich der Landtag auf Bundesebene die Legalisierung von Cannabis einsetzen sollte!

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Wir sind der Auffassung, dass Initiativen zur Regelung des Konsums und Besitzes von Cannabis auf Bundesebene erfolgen sollen. Aus diesem Grund haben wir uns auf bayerischer Ebene auf schriftliche Anfragen an die Staatsregierung beschränkt:

https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0024146.pdf

https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0012135.pdf

https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0007200.pdf

https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0002521.pdf

https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000002000/0000002056.pdf

Die FDP kann mit den umfangreichsten drogenpolitischen Inhalten aufwarten. Details wie die Forderung nach Online-Cannabis-Handel liest man selten in Landeswahlprogrammen. Auch die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine waren überzeugend. Das Ziel einer kompletten Legalisierung von Cannabis nach kanadischem Vorbild soll weiterhin verfolgt werden und auch beim Thema Führerschein scheint man weiter als der FPD-Bundesverkehrsminister zu sein. Ebenso sind die nicht Cannabis-bezogenen Aspekte der Drogenpolitik progressiv und vernünftig. Im Parlament hat die FDP diese Inhalte auch aktiv vertreten. Ein seltenes Vergnügen: Die FDP Bayern gewinnt unseren Vergleichstest, Wahlempfehlung!