Freie Wähler (Bayern 2023)

Bei unserem Wahlcheck betrachten wir die jeweiligen Wahlprogramme, die Antworten auf unsere Wahlprüfsteine sowie die parlamentarischen Aktivitäten in der vergangenen Legislaturperiode.

Programm

Drogenpolitik ist nicht Teil des Wahlprogramms der Freien Wähler.

Antworten auf Wahlprüfsteine

Die aktuellen Pläne der Bundesregierung lehnen die Freien Wähler ab, da Cannabis “eine hochwirksame wahrnehmungsverändernde Droge sei, die erhebliche gesundheitliche Gefahren und teils irreversible gesundheitliche Risiken, insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene” berge. Ein weiterer Ausbau der Prävention sei der bessere Weg. Drug-Checking lehnt man im Unterschied zum Regierungspartner CSU nicht generell ab, will aber lieber die Erfahrungen aus anderen Bundesländern abwarten, bis man in Bayern einen Beschluss fasst. Eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr lehnt man u.a. mit Verweis auf “Unterschiede in der sozialen Kontrolle bei Alkohol- und Cannabiskonsum” (sic!) ab und will an der Praxis der Meldung bei der Führerscheinstelle festhalten. Auch eine generelle Legalisierung von Cannabis nach kanadischem Vorbild wollen die Freien Wähler nicht.

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Frage 1

Wie stehen Sie zu den Plänen der Bundesregierung, den Besitz geringer Mengen Cannabis (lt. Gesetzentwurf 25g) und den privaten Anbau einiger Cannabispflanzen für den Eigenkonsum zu erlauben sowie Cannabis-Anbauvereine einzuführen?

Antwort

Als FREIE WÄHLER halten wir Prävention für besonders wichtig. Diese sollte im Kindesalter beginnen, an Schulen intensiv weitergeführt werden und auch im Erwachsenenalter angeboten werden. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich durch effektive Präventionsmaßnahmen viele Gesundheitsbeeinträchtigungen vermindern oder sogar vermeiden lassen, so auch die Folgen eines Cannabis-Konsums. Cannabis ist eine hochwirksame wahrnehmungsverändernde Droge, die erhebliche gesundheitliche Gefahren und teils irreversible gesundheitliche Risiken, insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene, birgt. Da bis zum Alter von 25 Jahren die Hirnreifung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, kann es zu Veränderungen im Gehirn mit der Folge von Einbußen der Gedächtnis- und Denkleistungen sowie der Aufmerksamkeit kommen. Deshalb sprechen wir uns gegen eine völlige Legalisierung von Cannabis aus und insofern auch gegen die Erlaubnis zum Besitz geringer Mengen von Cannabis oder Cannabis-Anbauvereinen.

Frage 2:

In einem weiteren Gesetzesvorhaben ist geplant, kommunale,
wissenschaftliche Modellprojekte zuzulassen, die die Auswirkungen eines komplett regulierten Cannabismarktes vom Anbau bis zum Verkauf in Fachgeschäften erforschen sollen. Wie stehen Sie zu solchen Modellprojekten in Ihrem Bundesland?

Antwort

Wir stehen entsprechenden Modellversuchen zur legalen Veräußerung von Cannabis sehr kritisch gegenüber.

Frage 3

Vor Kurzem wurde die gesetzliche Grundlage für wissenschaftliche
Modellprojekte geschaffen, in denen die Auswirkungen von Substanzanalysen illegaler Drogen (Drug Checking) erforscht werden sollen. Befürworten Sie dies in Ihrem Bundesland? Würden Sie ggf. solche Projekte aus Landesmitteln fördern?

Antwort

In der Fachwelt ist Drug-Checking nicht unumstritten. Selbst ein qualifiziert durchgeführtes bzw. hochwertiges Drug-Checking, dessen Ergebnis in der Regel nicht kurzfristig vorliegt, bietet keine umfassende Sicherheit für die Konsumierenden, da die illegale Herstellung von Drogen nicht unter den Bedingungen einer kontrollierten pharmazeutischen Qualitätssicherung stattfindet und Drogen neben dem eigentlichen Wirkstoff viele verschiedene Substanzen enthalten können. Allerdings sehen wir durchaus die Möglichkeit der Schadensreduzierung durch Drug-Checking. Insofern sprechen wir uns dafür aus, zunächst die Evaluation der Modellvorhaben aus anderen Bundesländern, die gemäß der neuen Rechtslage verpflichtend wissenschaftlich begleitet werden müssen, abzuwarten und die dann vorliegenden Ergebnisse zu prüfen.

Frage 4

Cannabiskonsumenten werden sowohl bei der Definition einer Rauschfahrt (THC Grenzwert) als auch bei der Überprüfung der Fahreignung (z.B. MPU-Anordnung) benachteiligt. Setzen Sie sich für eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ein?

Antwort

Als FREIE WÄHLER lehnen wir eine Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten im Straßenverkehr ab. Cannabis und Alkohol unterscheiden sich nicht nur in ihrer Wirkungsweise. Es gibt derzeit auch unterschiedliche Studien über die Auswirkungen von Cannabis auf die Fahreignung, während die Wirkung von Alkohol weitestgehend erforscht und bekannt ist. Zudem zeigen sich auch Unterschiede in der sozialen Kontrolle bei Alkohol- und Cannabiskonsum. Eine Ungleichbehandlung erscheint aus unserer Sicht unter diesen Umständen daher gerechtfertigt.

Frage 5

Der reine Besitz von Cannabis – ohne einen Bezug zum Straßenverkehr – wird häufig von der Polizei an die Führerscheinstellen gemeldet. Wie wird dies in Ihrem Bundesland gehandhabt und wollen Sie an dieser Praxis festhalten?

Antwort

Nach der derzeitigen gesetzlichen Rechtslage sind die Polizeibehörden verpflichtet, den Fahrerlaubnisbehörden entsprechende Informationen zu übermitteln. Die Fahrerlaubnisbehörden können dann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt und besessen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20.06.2002 (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 – Rn. (1-61)) allerdings die Hürden für eine solche Anordnung deutlich verschärft. Das Gericht hat dort festgestellt, dass der reine Besitz bzw. einmaliger und gelegentlicher Cannabiskonsum noch nicht als hinreichendes Verdachtselement ausreichen, sondern vielmehr noch weitere Tatsachen hinzukommen müssen, um die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen zu können und auf diese Weise die Fahreignung zu überprüfen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 – Rn. 54). Die Voraussetzungen, um überhaupt fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen treffen zu können, sind damit für die Fahrerlaubnisbehörden besonders hoch. Wir FREIE WÄHLER halten diese derzeitige Regelung für angemessen. Für uns besteht daher derzeit kein Änderungsbedarf.

Frage 6

Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode? (Bitte listen Sie Anträge, Anfragen etc. konkret und mit Link auf, damit wir Ihre parlamentarische Arbeit besser einschätzen können!)

Antwort

Das bayerische Suchthilfesystem ist flächendeckend breit aufgestellt und bedarfsgerecht aktiv. Insbesondere bestehen vielfältige, etablierte Präventions- und Hilfsangebote, die sich spezifisch an Kinder und Jugendliche sowie auch deren Angehörige richten. Als Beispiele sind die Projekte „HaLT – Hart am Limit“ als kommunales Alkoholpräventionsprogramm sowie „Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten (FreD)“ zu nennen. Das Bayerische Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung bietet Schulen und weiteren Einrichtungen verschiedene Angebote zur Suchtprävention für Kinder und Jugendliche an. Beispielsweise stellt die Initiative ELTERNTALK einen niedrigschwelligen, familienorientierten Ansatz dar, um Eltern bei Erziehungsfragen u. a. zum Thema Sucht zur Seite zu stehen. Unterstützung des Nürnberger Modell Drogenhilfe: https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000017000/0000017223.pdf

Frage 7

Welche Initiativen planen Sie in der nächsten Legislaturperiode?

Antwort

Unser Ziel ist es, den Bestand sowohl suchtpräventiver Angebote als auch von Angeboten der Suchthilfe, die sich spezifisch an Kinder und Jugendliche richten, weiterhin auf dem erreichten hohen Niveau zu sichern und weiter auszubauen. Dies soll u. a. durch die Unterstützung der Vernetzung verschiedener Akteure gefördert werden. Vor allem die digitale Weiterentwicklung der Suchtberatung und Suchthilfe durch die Schaffung einer trägerübergreifenden digitalen Plattform für die Suchtberatung und Suchthilfe stehen im Fokus.

Frage 8

Wie stehen Sie grundsätzlich zur vollständigen Legalisierung von Cannabis, also einer bundesweiten, vollständigen Regulierung des existierenden Cannabismarktes wie z.B. in Kanada?

Antwort

Wir lehnen eine vollständige Legalisierung von Cannabis ab. Cannabis ist eine hochwirksame wahrnehmungsverändernde Droge, die erhebliche gesundheitliche Gefahren und teils irreversible gesundheitliche Risiken, insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene, birgt. Da bis zum Alter von 25 Jahren die Hirnreifung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, kann es zu Veränderungen im Gehirn mit der Folge von Einbußen der Gedächtnis- und Denkleistungen sowie der Aufmerksamkeit kommen.

Bisherige parlamentarische Aktivität

Bei den bisherigen Aktivitäten verweisen die Freien Wähler als Regierungspartei pauschal auf die existierenden Präventionsangebote und Interventionsmaßnahmen im Freistaat (wie FreD, HaLT oder ELTERNTALK). Zudem wird auf die Aufstockung des Haushaltsbudgets in Höhe von 100.000 €  für “Zuschüsse für laufende Zwecke an soziale und ähnliche Einrichtungen zur Suchtbekämpfung und Drogentherapie” verwiesen, wodurch die Unterstützung des Nürnberger Modells ersichtlich sei.

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Das bayerische Suchthilfesystem ist flächendeckend breit aufgestellt und bedarfsgerecht aktiv. Insbesondere bestehen vielfältige, etablierte Präventions- und Hilfsangebote, die sich spezifisch an Kinder und Jugendliche sowie auch deren Angehörige richten. Als Beispiele sind die Projekte „HaLT – Hart am Limit“ als kommunales Alkoholpräventionsprogramm sowie „Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten (FreD)“ zu nennen. Das Bayerische Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung bietet Schulen und weiteren Einrichtungen verschiedene Angebote zur Suchtprävention für Kinder und Jugendliche an. Beispielsweise stellt die Initiative ELTERNTALK einen niedrigschwelligen, familienorientierten Ansatz dar, um Eltern bei Erziehungsfragen u. a. zum Thema Sucht zur Seite zu stehen. Unterstützung des Nürnberger Modell Drogenhilfe: https://www1.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000
017000/0000017223.pdf

Mit Ausnahme des Drug-Checkings sind die Positionen der Freien Wähler inhaltlich deckungsgleich mit denen des Koalitionspartners CSU. Eine Legalisierung oder auch Entkriminalisierung von Cannabis lehnt man rigoros ab, setzt auf den Ausbau von Prävention und predigt Abstinenz von illegalen Drogen. Der Verweis auf “Unterschiede in der sozialen Kontrolle bei Alkohol- und Cannabiskonsum” zeigt deutlich die mangelnde Einsicht in das Thema Drogenpolitik. Keine Wahlempfehlung!