Wahlprüfsteine 2016 Mecklenburg-Vorpommern Antworten SPD

WAHLPRÜFSTEINE DES DEUTSCHEN HANFVERBANDES -– SPD Antworten
 

1. Die deutsche Drogenpolitik basiert auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Behandlung, Überlebenshilfe und Schadensminimierung, Repression und Angebotsminimierung. In Deutschland werden weit mehr Ressourcen für Repression als für Prävention ausgegeben. Wie bewerten Sie die Schwerpunktsetzung in der Drogenpolitik? Halten Sie Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?

Angesichts des gesundheitlichen Gefährdungspotentials durch regelmäßigen und intensiven Cannabis-Konsum, das man nicht bagatellisieren darf, erachten wir neben Prävention auch Repression grundsätzlich als eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik. Dabei steht für uns die Strafbarkeit von kommerziellem Anbau und Verkauf im Vordergrund. Wir befürworten eine Entkriminalisierung der Süchtigen. Auch stehen wir der zunehmenden gesellschaftlichen Diskussion, ob sich die bisherige Drogenpolitik bewährt hat, aufgeschlossen gegenüber.

2. Menschen, die Cannabis konsumieren, werden immer noch strafrechtlich verfolgt. Wollen Sie diese Strafverfolgung generell mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Wir halten gegenwärtig weder einer generelle Milderung noch eine generelle Verschärfung der strafrechtlichen Vorschriften für angezeigt.

3. Nach dem Urteil des BVerfG von 1994 sollen “Geringe Mengen” für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Wie stehen Sie zur aktuellen Verordnung zur Anwendung der “Geringen Menge” nach §31a BtmG in Ihrem Bundesland und planen Sie Änderungen?

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner sogenannten Cannabis-Entscheidung die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes uneingeschränkt für verfassungsgemäß erklärt und zugleich die Länder aufgefordert, in Fällen des gelegentlichen Eigenverbrauchs geringer Mengen ohne Fremdgefährdung für eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen. Die Staatsanwaltschaften in Mecklenburg-Vorpommern stellen solche Fälle bei einer Menge von maximal sechs Gramm regelmäßig ein. Da dieses Vorgehen den gesetzlichen und vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Vorgaben sowie der Praxis in den meisten Bundesländern entspricht, sehen wir keinen Bedarf für Änderungen.

4. Bremen will den Anbau von wenigen Cannabispflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs in die Verordnung zur “Geringen Menge” aufnehmen. Wollen Sie die Strafverfolgung des Anbaus weniger Hanfpflanzen zur Deckung des Eigenbedarfs mildern, verschärfen oder unverändert lassen?

Wir sehen derzeit keinen Anlass für eine Veränderung.

5. Nach §3 Abs. 2. BtMG kann eine Kommune oder ein Land eine Ausnahmegenehmigung für eine legale Veräußerung von Cannabis beantragen, wenn dies im wissenschaftlichen oder öffentlichen Interesse liegt. Wie stehen Sie zu einem Modellversuch für eine kontrollierte Veräußerung von Cannabis an Erwachsene?

Für die Beantragung einer Erlaubnis, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen kann, sehen wir keinen Anlass.

6. Ein regulierter legaler Markt bietet die Möglichkeit von Qualitätskontrollen bei Cannabisprodukten. Auf dem heutigen Schwarzmarkt sind der Wirkstoffgehalt sowie mögliche Verunreinigungen und Beimengungen des Cannabis für den Konsumenten nicht ersichtlich. Unter dem Aspekt der Schadensminimierung wäre die Möglichkeit für anonyme Substanzanalysen ein drogenpolitisches Instrument, das auch jetzt genutzt werden könnte. Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von Substanzen wie Cannabis?

Eine nach erfolgter Analyse bescheinigte „Unbedenklichkeit“ hinsichtlich Wirkstoffgehalt, Verunreinigungen und Beimengungen würde eine Unschädlichkeit suggerieren, die es nicht gibt. Auch nicht verunreinigte Drogen bleiben Drogen. Mit einer Qualitätskontrolle würde der Konsum entsprechender Substanzen quasi gebilligt, was auf eine faktische Freigabe hinausliefe.

7. Cannabiskonsumenten werden bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt. Selbst ohne eine berauschte Teilnahme am am Straßenverkehr kann Menschen, die Cannabis konsumieren, der Führerschein über das Verwaltungsrecht entzogen werden. Setzen Sie sich fü̈r eine Gleichbehandlung mit Alkoholkonsum bei der Auslegung der Fahrerlaubnisverordnung ein?

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt keine rechtswidrige Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsumenten vor. Dies beruht auf der unterschiedlichen Bewertung des mit dem jeweiligen Konsum verbundenen Gefährdungspotenzials in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergeben.

8. Viele drogenpolitische Maßnahmen betreffen eher Bundesrecht. Haben Sie vor, Ihre drogenpolitischen Positionen, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, auch bundesweit zu vertreten?

Nach unserer Auffassung sollten Medikamente auf Basis von Cannabis allen Patienten bei entsprechender medizinischer Indikation zur Verfügung stehen, so dass wir eine entsprechende Initiative im Bundesrat unterstützen würden.

9. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Landespartei und Landtagsfraktion in der aktuellen Legislaturperiode?

Gleich zu Anfang der aktuellen Wahlperiode haben wir einen Antrag in den Landtag eingebracht, der die Landesregierung auffordert, an einer konsequenten Anti-Drogenpolitik festzuhalten und parallel Maßnahmen zur Aufklärung und Prävention fortzuführen. Dabei wurde auch deutlich gemacht, dass suchtkranke Menschen insbesondere gute Beratungs- und Behandlungsangebote brauchen Zudem wurde die Landesregierung auch aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die bewährte Praxis, im Einzelfall nach Opportunitätsregelungen von einer Strafverfolgung abzusehen, erhalten bleibt. Anstrengungen zur Aufklärung und Prävention, vor allem in der Schule, in Jugendverbänden, Freizeiteinrichtungen und Sportverbänden, sollen verstärkt werden.

10. Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?

Zwei wesentliche Ziele sind die Freigabe von Cannabis an Erwachsene über 18 über zugelassene Verkaufsstellen sowie eine Erleichterung des Zugangs zu wissenschaftlichen und medizinischen Zwecken.

11. Es werden derzeit unterschiedliche Modelle für die Legalisierung weltweit diskutiert und teilweise erprobt. Die öffentliche Zustimmung für eine Legalisierung steigt derzeit rasant. Die Frage ist nicht mehr so sehr, ob wir legalisieren, sondern wie wir regulieren. Wie sollte Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?

Einen regulierten Markt im Sinne der Fragestellung lehnen wir ab. Wir unterstützen das Vorhaben, die Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit von
weiteren Arzneimitteln auf Cannabisbasis sowie auch getrockneten Cannabisblüten herzustellen, um für nachweislich schwerwiegend und chronisch erkrankte Patienten bei fehlenden Therapiealternativen einen kontrollierter Zugang zu ermöglichen. Für diese Cannabisprodukte soll zukünftig die Möglichkeit einer Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung bestehen.

Bonusfrage: Die Frage zu den Null-Toleranz-Zonen in Berlin haben wir fälschlicherweise auch an die Parteien in MV geschichkt. Die FDP hat darauf hingewiesen, dass sie keine Aussagen zu Politik in Berlin machen. Die SPD allerdings hat uns eine Antwort geschickt, die wir euch nicht vorenthalten wollen.

 Welche Strategie schlagen Sie für die Bewältigung der Probleme an bekannten Drogenumschlagplätzen wie dem Görlitzer Park vor? Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Maßnahme der sogenannten “Nulltoleranz-Zone”?

Bei entsprechenden Drogenumschlagplätzen haben Polizei und Staatsanwaltschaft die bestehenden Regelungen anzuwenden. Wenn Personen mehrmals am Tag, mehrmals in der Woche mit sechs Gramm angetroffen werden, ist das erkennbar kein Besitz zum Eigenverbrauch. Null-Toleranz-Bereiche erachten wir als sinnvoll sein, um Drogenkriminalität konsequent zu bekämpfen. Dies gilt insbesondere für Spielplätze, Kindergärten, Schulen, Jugendheime. Auch beispielsweise im Bereich von Bahnhöfen liegt ein Eigenverbrauch ohne Fremdgefährdung nicht vor.