1. Die deutsche Drogenpolitik basiert auf vier Säulen: Prävention, Beratung und Behandlung, Überlebenshilfe und Schadensminimierung, Repression und Angebotsminimierung. In Deutschland werden weit mehr Ressourcen für Repression als für Prävention ausgegeben. Wie bewerten Sie die Schwerpunktsetzung in der Drogenpolitik?
CDU und CSU halten konsequent am Ziel eines suchtfreien Lebens fest. Die Drogen- und Suchtpolitik hat daher für die Union hohe Priorität. CDU und CSU sind gegen Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen, weil der erleichterte Zugang zu Drogen erst recht zum Konsum verleitet. Forderungen nach Drogenfreigabe sind daher keine verantwortliche Alternative zur Suchthilfe. Dies hätte fatale Auswirkungen vor allem auf Kinder und Jugendliche, denn der Gruppendruck für Drogenkonsum würde erhöht und somit die Schwächsten am stärksten gefährdet.
Gleichzeitig haben CDU und CSU einen sehr wichtigen Schritt in der Versorgung Schwerstkranker gemacht: Wir haben die gesetzliche Grundlage für Cannabis als Medizin und für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geschaffen. Dies hilft den Betroffenen unmittelbar.
Welche Verteilung auf die vier Säulen sollte Ihrer Meinung nach die künftige Drogenpolitik haben?
Die Nationale Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik verfolgt einen integrativen Ansatz der Suchtpolitik. Anders als in vielen anderen europäischen Ländern werden legale wie illegale Suchtstoffe gemeinsam in den Blick genommen; die Suchtpolitik orientiert sich nicht an einzelnen Suchtstoffen, sondern an den Bedürfnissen des einzelnen Menschen. Die Drogen- und Suchtpolitik in Deutschland umfasst vier Ebenen: Prävention, Beratung und Behandlung sowie Hilfen zum Ausstieg, Maßnahmen zur Schadensreduzierung und Repression bzw. Regulierung. CDU und CSU unterstützen diese Strategie und halten alle vier Ebenen für gleich wichtig.
Halten Sie Repression und die Kriminalisierung von Drogenkonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?
CDU und CSU sind gegen Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen. Von daher sehen wir keinen Handlungsbedarf für Schritte in Richtung Entkriminalisierung.
2. Menschen, die Cannabis konsumieren, werden immer noch strafrechtlich verfolgt. Wollen Sie diese Strafverfolgung generell mildern, verschärfen oder unverändert lassen?
CDU und CSU wollen die gesetzlichen Grundlagen zur Strafverfolgung unverändert beibehalten.
3. Nach dem Urteil des BVerfG von 1994 sollen „Geringe Mengen“ Cannabis für den Eigenbedarf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Jedes Bundesland hat eine unterschiedliche Praxis für die Einstellung der Strafverfahren bei Geringen Mengen. Während in Berlin und Schleswig Holstein die Verfahren in der Regel bei bis zu 15 – 30 Gramm eingestellt werden, werden in Bayern und Baden-Württemberg manchmal selbst „Anhaftungen“ und kleine Restmengen unter einem Gramm bestraft.
Wie stehen Sie zu Bemühungen, eine bundeseinheitliche Regelung für die Geringe Menge festzulegen?
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner sogenannten Cannabis-Entscheidung vom 9. März 1994 ausgeführt, dass die Länder die Pflicht treffe, für eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen. 13 Bundesländer ziehen die Grenze bei sechs Gramm. Rheinland-Pfalz, Berlin und Nordrhein-Westfalen haben den Grenzwert vor einiger Zeit auf zehn Gramm erhöht. CDU und CSU sind der Ansicht, dass die geforderte einheitliche Einstellungspraxis trotz der Mengenunterschiede im Wesentlichen gewahrt ist. Vielmehr ist es an den Organen der Strafverfolgung, diese Frage durch die Praxis zu konkretisieren.
Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, die Verfahren bei geringen Mengen konsequenter einzustellen oder die Strafbarkeit des Besitzes geringer Eigenverbrauchsmengen gänzlich abzuschaffen?
Wir lehnen es ab, Verfahren bei geringen Mengen generell einzustellen oder die Strafbarkeit des Besitzes geringer Eigenverbrauchsmengen gänzlich abzuschaffen.
4. Mehrere Länder in der EU sind bereits Wege gegangen, Drogenkonsumenten zu entkriminalisieren und Möglichkeiten für den legalen Erwerb von Cannabisprodukte zu schaffen. In Spanien ist der Anbau von wenigen Cannabispflanzen für den Eigenbedarf erlaubt und auf dieser Grundlage existieren Cannabis Social Clubs, um den kollektiven Anbau für den Eigenbedarf zu organisieren. Das Bundesland Bremen versucht, den Eigenanbau von wenigen Cannabispflanzen über die Geringe Menge Verordnung zu entkriminalisieren.
Wollen Sie den Eigenanbau von wenigen Cannabispflanzen für Patienten und für den Eigenbedarf bei Freizeitkonsumenten erlauben?
Wir wollen den Eigenanbau von Cannabispflanzen für Patienten und für den Eigenbedarf bei Freizeitkonsumenten nicht erlauben. CDU und CSU haben aber einen sehr wichtigen Schritt in der Versorgung Schwerstkranker gemacht: Wir haben die gesetzliche Grundlage für Cannabis als Medizin und für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geschaffen. Dies hilft den Betroffenen unmittelbar.
5. Diverse deutsche Kommunen haben nach § 3 Abs. 2 BtMG Ausnahmegenehmigungen für wissenschaftliche Modellprojekte zur legalen Veräußerung von Cannabis beantragt oder planen solche Anträge. Bisher wurden diese Anträge aber abgelehnt. Eine Bundesratsinitiative von Bremen und Thüringen ist kürzlich im Bundesrat gescheitert, mit der die Genehmigungsfähigkeit solcher Modellprojekte geklärt werden sollte.
Wollen Sie die Möglichkeit für solche Modellprojekte auf kommunaler und/oder Landesebene gesetzlich verankern?
Wir lehnen Modellprojekte zum legalen Verkauf von Cannabis ab.
6. Welche Strategie schlagen Sie für die Bewältigung der Probleme an bekannten Drogenumschlagplätzen vor?
Den Fahndungsdruck wollen wir in der Drogen- und Straßenkriminalität weiter erhöhen: durch verdeckte operative Maßnahmen, regelmäßige Kontrollen, offene Polizeipräsenz, beschleunigte Abschiebung von Drogenhändlern mit ausländischer Staatsangehörigkeit, gezielte Aufenthaltsverbote und deren konsequente Durchsetzung mit Zwangsgeld. Nur so können wir auch an städtischen Brennpunkten (Bahnhöfe, Fußgängerzonen etc.) mehr Sicherheit für die Menschen schaffen.
7. Ein regulierter legaler Markt bietet die Möglichkeit von Qualitätskontrollen bei Cannabisprodukten. Auf dem heutigen Schwarzmarkt sind der Wirkstoffgehalt sowie mögliche Verunreinigungen und Beimengungen des Cannabis für den Konsumenten nicht ersichtlich. Unter dem Aspekt der Schadensminimierung wäre die Möglichkeit für anonyme Substanzanalysen ein drogenpolitisches Instrument, das auch jetzt genutzt werden könnte.
Wie stehen Sie zur Qualitätskontrolle (Drug-Checking) von illegalen Substanzen wie Cannabis?
Die Erkenntnisse aus den seit Ende der 90er-Jahre von der Bundesregierung geförderten Expertengesprächen und Fachtagungen zu den Möglichkeiten der Gesundheitsförderung und Prävention im Bereich der Freizeit- und Partydrogen haben dazu geführt, dass ein sogenanntes Drug-Checking von CDU und CSU nicht als Maßnahme der Drogenprävention gesehen wird und deshalb nicht unterstützt werden kann. Wir warnen unverändert vor dem Konsum illegaler psychoaktiver Substanzen und lehnen deshalb insbesondere Maßnahmen mit dem Potenzial zur unmittelbaren und aktiven Förderung bzw. indirekten Verharmlosung des illegalen Konsums von Drogen ab.
8. Cannabiskonsumenten werden bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten benachteiligt. Selbst ohne eine berauschte Teilnahme am Straßenverkehr kann Menschen, die Cannabis konsumieren, der Führerschein über das Verwaltungsrecht gänzlich entzogen werden. Der Entzug der Fahrerlaubnis kann gravierende Folgen, wie Arbeitsplatzverlust und sozialer Isolation zur Folge haben.
Was schlagen Sie vor, um diese Ungerechtigkeit und Unverhältnismäßigkeit zu beseitigen?
Mit dieser Frage hat sich auch das internationale Projekt DRUID befasst. Während es bei der Bekämpfung von Alkohol im Straßenverkehr allein um den Wirkstoff „Ethanol“ geht, dessen Wirkungsweise weitgehend erforscht und bekannt ist, handelt es sich bei Drogen um eine Vielzahl von Mitteln und Substanzen mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Fahrleistungen. Diese Auswirkungen werden von einer Vielzahl von Faktoren, wie zum Beispiel Konsumgewohnheiten und Konsumform, beeinflusst und hängen nicht allein von der festgestellten Substanzmenge im Blut ab. Vor diesem Hintergrund wurde mit § 24a Absatz 2 StVG ein umfassendes bußgeldbewehrtes Drogenverbot in das Straßenverkehrsgesetz eingeführt, das auf die Bestimmung von Gefahrengrenzwerten, wie sie beim Alkohol mit der 0,5-Promille-Regelung besteht, verzichtet. Diese Bestimmung ist vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 21. Dezember 2004, 1 BvR 2652/03) auch jedenfalls für THC-Konzentrationen für verfassungsgemäß erklärt worden, die es als möglich erscheinen lassen, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Damit ist eine THC-Konzentration deutlich oberhalb des Nullwerts vorausgesetzt, erst recht für Maßnahmen der dauerhaften Führerscheinentziehung. Diese verhältnismäßige Konzeption hat sich aus unserer Sicht bewährt. Deshalb können wir eine unangemessene Benachteiligung von Cannabiskonsumenten bei der Überprüfung der Fahreignung gegenüber Alkoholkonsumenten nicht erkennen.
9. Welche drogenpolitischen Initiativen gab es von Ihrer Partei und Fraktion in der aktuellen Legislaturperiode?
Wie bereits ausgeführt, haben CDU und CSU einen sehr wichtigen Schritt in der Versorgung Schwerstkranker gemacht: Seit März dieses Jahres können schwerkranke Menschen nach ärztlicher Verschreibung in der Apotheke qualitätsgeprüftes und standardisiertes Cannabis erhalten, mit Kostenerstattung der Krankenkassen. Dies hilft den Betroffenen unmittelbar.
Ziel des von CDU und CSU unterstützten Gesetzes zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe ist es, die Verbreitung von neuen psychoaktiven Stoffen (NPS, auch als „Legal Highs“ oder „synthetische Kräutermischungen“ bekannt) zu bekämpfen und so ihre Verfügbarkeit als Konsum- und Rauschmittel einzuschränken. Es sieht ein weitreichendes Verbot vor allem des Handeltreibens mit und Inverkehrbringens von NPS vor. Dabei bezieht sich das Verbot auf ganze Stoffgruppen, womit auch neue Rauschmischungen effektiv bekämpft werden können. Damit soll die Gesundheit der Bevölkerung und des Einzelnen, insbesondere von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, vor den häufig unkalkulierbaren und schwerwiegenden Gefahren, die mit dem Konsum von NPS verbunden sind, geschützt werden.
Im Mai 2017 wurde mit der Zustimmung des Bundesrats auch eine grundlegende Überarbeitung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung abgeschlossen.
10. Welche drogenpolitischen Initiativen plant Ihre Partei und Fraktion für die kommende Legislaturperiode?
Wir werden den in dieser Legislaturperiode eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen.
11. Es werden derzeit unterschiedliche Modelle für die Legalisierung weltweit diskutiert und teilweise erprobt. Die öffentliche Zustimmung für eine Legalisierung steigt. Die Frage ist nicht mehr so sehr, ob wir legalisieren, sondern wie wir regulieren.
Wie sollte Ihrer Meinung nach ein regulierter Markt für Cannabisprodukte aussehen?
Wie bereits ausgeführt, halten CDU und CSU konsequent am Ziel eines suchtfreien Lebens fest. Forderungen nach Drogenfreigabe sind daher keine verantwortliche Alternative zur Suchthilfe. Wir sind gegen Verharmlosung, Liberalisierung und Legalisierung illegaler Drogen, weil der erleichterte Zugang zu Drogen erst recht zum Konsum verleitet. Einen regulierten Markt für Cannabisprodukte lehnen wir ab. Wir haben aber die gesetzliche Grundlage für Cannabis als Medizin und für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen geschaffen. Dies hilft den Betroffenen unmittelbar.