Wenn die KI bei der Content-Moderation durchdreht

DHV-Geschäftsführer Georg Wurth sprach mit Markus Beckedahl von netzpolitik.org über die aktuelle YouTube-Situation.

Ein besonders drastisches Beispiel habe ich beim Deutschen Hanfverband (DHV) gefunden. Dieser setzt sich als Bürgerrechtsorganisation für die Legalisierung von Cannabis und die Entkriminalisierung von Konsument:innen ein. Dazu zählen auch eine starke Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit. Ein zentrales Element ist die wöchentliche Nachrichtensendung DHV-News auf Youtube, die pro Folge regelmäßig zehntausende Zuschauende hat. Mit 163.000 Abonnenten ist der Hanfverband eine der erfolgreichsten politischen NGOs im deutschsprachigen Raum auf Youtube.

Aber aktuell ist der Kanal fast leer und die Schuld sieht der DHV-Geschäftsführer Georg Wurth bei Youtube und seinen automatisierten Content-Moderationen. Ich habe mit ihm dazu ein Interview geführt, was Ihr Euch hier anhören könnt: „Wir merken, wie die KI übernimmt.“

Das war lästig und führte dazu, dass viele potenziell Zuschauende die News nicht mehr sehen konnten, bis sich jemand bei Youtube das angeschaut und bewertet hat: „Das kostete uns schnell zehntausende Zuschauer.“ In den vergangenen Wochen wurden die Probleme automatisierter und es wurden Links in den Videobeschreibungen gelöscht, wo in der Regel auf journalistische Quellen und die eigene Webseite des DHV samt Fördermitgliedsformularen und Merchandising-Shop verlinkt wird. Begründet wurden die Roboter-Löschungen mit Verweis auf einen Verstoß gegen die Youtube-Richtlinien „zum Verkauf von Gütern, die gesetzlichen Beschränkungen unterliegen“.

Dabei handelt es sich hier um politische Meinungsäußerungen und nicht um den Verkauf von Cannabis. Der Hanfverband sieht gerade im Oktober massive Probleme in Verbindung mit Verschärfungen der Youtube-Regeln im September und macht verstärkte, unkontrolliert wütende KI-Systeme dafür verantwortlich. Es gibt auch keine menschliche Reaktionen bei Youtube mehr: „Dann kann im Prinzip eine KI einen ganzen Kanal killen/löschen, der komplette Kanal ist dann erst mal weg, bis Menschen sich das irgendwann angucken, vollautomatisch“, so erzählte es mir Wurth am Telefon.